FPG121 – Homeoffice: Ist das was für Ihr Unternehmen?
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Der Begriff Homeoffice, oder Telearbeit, so wie ich ihn hier nutze, bedeutet, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Aufgaben von zu Hause oder unterwegs erledigen.
Dabei kann zwar die Homeoffice Tätigkeit Vollzeit erfolgen, aber meist arbeitet der Beschäftige teilweise im Büro und teilweise von zu Hause oder von unterwegs.
Viele Mitarbeiter aus Vertrieb, Marketing, Entwicklung und Projektmanagement arbeiten heute schon zeitweise im heimischen Büro, im Cafe vor Ort, in Hotellobbies oder auf dem Flughafen. Immer mehr Tätigkeiten können außerhalb des Firmenbüros erledigt werden dank Laptop, Handy und Wifi – Anbindung.
In vielen Unternehmen gibt es flexible Arbeitszeit. Aber erst in wenigen Firmen besteht für Angestellte die Möglichkeit, auch zumindest teilweise ortsunabhängig zu arbeiten.
Homeoffice in deutschen Unternehmen
Immerhin hat sich die Zahl der Unternehmen, die Homeoffice Möglichkeiten in Deutschland anbieten, von 2003 auf 2013 verdreifacht.
In über 20 % der Unternehmen gibt es heute abhängig Beschäftigte, die vollständig oder teilweise von zuhause oder von unterwegs arbeiten. Allerdings scheint sich die Zahl seit 2013 nicht zu erhöhen. Woran liegt das?
Denn eigentlich gilt doch für immer mehr Tätigkeiten: Es ist nicht wichtig, wo die Arbeit erledigt wird. Das Ergebnis zählt. Oder zumindest sollte es so sein.
Tätigkeiten im Homeoffice
Welche Tätigkeiten lassen sich denn sinnvollerweise aus dem Homeoffice erledigen? Klar, bei der Verkäuferin an der Kasse vom Supermarkt oder beim Techniker, der die Werkzeugmaschine bedient, gibt es wenig oder keine Möglichkeiten von zu Hause aus zu arbeiten.
Aber immer mehr Fließbandarbeiten und ähnliche einfache Tätigkeiten werden automatisiert. Die Zahl der Jobs, die eine permanente Anwesenheit in einem Betrieb erfordern, nimmt immer mehr ab.
Warum also, sollten Beschäftigte nicht die Freiheit haben, ihre Arbeit flexibel zu erledigen – also mit nicht nur zeitlicher sondern auch örtlicher Flexibilität?
Einwände gegen Homeoffice
Ehrlich gesagt, mein Eindruck hier ist, dass viele Einwände gegen das Homeoffice Konzept vorgeschoben sind. Was hört man da nicht alles:
„Wissen Sie, unsere Angestellten, die müssen sehr viel miteinander reden und sich austauschen. Wenn da eine Mitarbeiterin eine Frage hat, ist es ja wichtig, dass die schnell eine Antwort von der Kollegin bekommt. Da kann die nicht einfach 1 Tag warten. Das ist nicht produktiv. Deswegen arbeiten unsere Teams örtlich und zeitlich sehr eng zusammen. Da kann nicht eine einfach von zu Hause tätig werden.“
Tatsächlich? Ist es da nicht erstaunlich, dass viele größere Softwareprojekte durchaus erfolgreich von Teams bearbeitet werden, die weltweit an verschiedenen Standorten zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten.
Und die bekommen es doch auch hin, sich abzustimmen, obwohl da ja auch noch kulturelle Schwierigkeiten häufig mitspielen, wenn beispielsweise das Team aus Deutschen, Chinesen, Ungarn und Brasilianern besteht.
„Ja, ja, aber unsere Mitarbeiter können das nicht. Die müssten sich ja in ihren Teams selbstständig koordinieren, wer wann da ist und wer wie verantwortlich ist. Also das haben wir mal ausprobiert. Das ging gar nicht. Das können die nicht.“
Da glaube ich sogar. Die können das nicht. Sie können es noch nicht. Wie auch. Wer 20 Jahre lang autoritär geführt wurde, alles vorgekaut bekommen hat und dem jeder Handgriff vorgegeben wurde, der verlernt mit der Zeit selbstständig zu agieren – zumindest im Beruflichen.
Der oder diejenige traut sich das dann gar nicht mehr zu. Das ist erlernte Hilflosigkeit. Sich zu koordinieren und eigenverantwortlich zu arbeiten das muss so jemand dann erst wieder lernen. Diese nötige Lernzeit muss ich dem Mitarbeiter aber geben.
Das Hauptproblem sind nicht die Mitarbeiter!
Aber häufig scheint es mir so zu sein, dass das Problem gar nicht die Mitarbeiter sind. Die Führungskräfte selbst müssen erst mal selbst lernen, sich zu führen, sich zu organisieren und sich vernünftig ihre Zeit einzuteilen.
Schauen wir uns nur die in vielen Firmen vorherrschende katastrophale Meetingkultur an, oder der ausufernde E-Mail-Wahnsinn oder die Unfähigkeit vieler Chefs Aufgaben richtig zu delegieren und Wichtiges von Dringendem zu unterscheiden. Die Grundlagen der Führung beherrschen viele nicht!
Aber wenn die Führungskräfte schon nicht hinbekommen, sich vernünftig zu organisieren, wieso sollte man dann annehmen, dass es die Mitarbeiter einfach so auf Anhieb können?
Vertrauen und Kontrolle
Aber die größte Schwierigkeit beim Homeoffice besteht beim Thema Vertrauen und Kontrolle.
Ich kenne leider viele Unternehmen, in denen die Anwesenheit der Mitarbeiter belohnt wird und nicht der Nutzen, den sie für das Unternehmen erbringen.
Führungskräfte in solchen Unternehmen mikromanagen den Weg und den Prozess anstatt mit einem konsequenten kooperativen Führungsstil vernünftige Ziele zu vereinbaren und die dann zu kontrollieren.
Diese Manager kontrollieren Arbeitszeit anstatt Ergebnissen. Sie geben den Weg im Detail vor, anstatt über das Ziel zu sprechen und dem Mitarbeiter so die Freiheit zu lassen, zu entscheiden, wie er das Ziel erreichen möchte.
In einem solchen Umfeld hat es das Konzept Homeoffice schwer. Manager ziehen da alle möglichen Ausredens-Register, um ja nicht die Kontrolle über die Mitarbeiter zu verlieren – die Kontrolle über das „Wie“, anstatt sich Gedanken über das Warum, Wozu und Wohin zu machen.
Führen aus dem Homeoffice
Motivation der Mitarbeiter
In solchen Unternehmen gibt es keine richtige Unternehmensvision. Es gibt keine Antwort auf die Frage:
„Warum tun wir was wir tun?“
Es gibt keine großen Ziele, an die sich Führungskraft und Mitarbeiter orientieren könnten. Die Führungskräfte haben keine wirklichen Ziele, die über Zahlen, Daten, Fakten hinausgehen.
Wenn aber das „Warum“ fehlt und keine wirklichen großen Ziele da sind, dann arbeiten Mitarbeiter nicht für die Sache sondern hauptsächlich fürs Geld. Sie sind hauptsächlich extrinsisch und nicht intrinsisch motiviert.
Ausnutzen des Homeoffices?
Ich kenne Unternehmen, da kann jeder, der will und dessen Tätigkeit es zulässt, einen Tag in der Woche von zu Hause arbeiten.
Wird das ausgenutzt? Nun, bei den Unternehmen, bei denen die Mitarbeiter aus sich heraus motiviert sind und die wissen, warum und wofür sie arbeiten, da arbeitet der Mitarbeiter im Homeoffice meist mehr als wenn er einen Tag im Betrieb ist. Er ist zu Hause sogar produktiver.
Anders sieht es aus bei Mitarbeitern, die rein extrinsisch motiviert sind oder die langfristig demotiviert und frustriert sind Da wird der Homeoffice Tag häufig scheinbar ausgenutzt.
Dieser Tag in der Woche wird quasi fast wie ein freier Tag angesehen. Die Anwesenheit wird ja nicht kontrolliert. Ob man am Arbeitsplatz sitzt oder nicht, ist egal. Wenn es doch Systeme oder Vereinbarungen gibt für Kontrollen im Homeoffice, dann findet ein solcher Mitarbeiter auch Wege diese Kontrolle auszuhebeln.
Produktiv ist er nicht im Home Office. Aber, hängt das wirklich daran, dass er zu Hause arbeitet? Nein. Diese Mitarbeiter sind auch nicht mehr produktiv, wenn Sie im Betrieb sind. Dort wird zwar deren Anwesenheit kontrolliert. Das ist ja so schön einfach mit Stechuhr oder einfachem Beobachten. Das bedeutet aber keineswegs, dass der Mitarbeiter im Betrieb deswegen produktiv wäre.
Was hat das Unternehmen vom Homeoffice?
Wie profitiert ein Unternehmen von Mitarbeitern, die sich einen oder mehrere Tage aus dem Betrieb rausziehen dürfen und von zu Hause oder von irgendwo sonst arbeiten dürfen?
Als Erstes wäre da zu nennen: Mitarbeiter können Familie und Beruf besser vereinbaren. Das ist für den Mitarbeiter befreiend, motivierend. Dadurch ist er auch meist produktiver für das Unternehmen. Das Homeoffice Konzept kann ein Motivationsfaktor sein und kann somit als Wettbewerbsvorteil dienen, um hervorragende Mitarbeiter anzuziehen oder an sich zu binden.
Voraussetzung auf Seiten des Mitarbeiters
Voraussetzung dafür ist, dass der Mitarbeiter mit der zeitlichen und örtlichen Flexibilität umgehen kann oder lernt damit umzugehen.
Jochen Mai von der KarriereBibel hat hierzu einen schönen Blogartikel geschrieben: „So arbeiten Sie produktiver zu Hause.“ In dem Artikel gibt er 50 Tipps, wie man als Angestellter oder auch als Selbstständiger lernt mit der Flexibilität um zugehen und wie man im Home Office die häusslichen Ablenkungen und Versuchungen in Einklang mit den beruflichen Anforderungen bekommt.
Mein Kollege Olaf Kapinski hat in seinem Podcast leben-fuehren in der Folge 68 ein Interview mit Claudia Kauscheder ebenfalls zum Thema Home Office und wie man damit als Mitarbeiter umgeht. Hören Sie da auch mal rein. Einfach hier klicken!
Vorteile des Homeoffices
Ein weiterer Vorteil des Homeoffices besteht für viele allein schon darin, dass Sie sich den Weg zur Arbeit sparen und so viel Stress vermeiden, weil Sie so dem täglichen Stau entfliehen.
Ein aus meiner Sicht häufig unterschätzter Vorteil des Homeoffice Konzepts besteht darin, dass man ausserhalb der Büroräume ungestörter an einer Sache arbeiten kann und meist auch kreativer ist. OK – sofern man keine schreienden kleinen Kinder um sich herum hat.
Selbst wenn Sie kein Homeoffice vereinbart haben kann ich jeder Führungskraft nur empfehlen: Kontrollieren Sie nicht die Anwesenheit sondern die Ergebnisse.
Erlauben Sie Ihren Mitarbeitern sich zurück zu ziehen. Ja auch beispielsweise mal sich in ein Cafe oder auf eine Parkbank zu setzen und dort ihn für sie angenehmer Atmosphäre 2 Stunden lang ungestört an einer Präsentation oder einem Bericht arbeiten.
Diese Ungestörtheit halte ich für einen unschätzbaren Vorteil, insbesondere wenn man sonst in einem Büro mit mehreren Kollegen sitzt oder gar in einem Großraumbüro. Versuchen Sie da mal 2 Stunden ungestört an einer Sache zu arbeiten. Das bekommen Sie vielleicht hin am Sonntag oder in der Nacht, sonst aber nicht!
7 Tipps für ein erfolgreiches Homeoffice Konzept:
Ich möchte Ihnen im Folgenden 7 Tipps geben für eine erfolgreiche Umsetzung des Home Office Prinzips in einem Unternehmen:
1. Haben Sie eine Antwort auf die Frage nach dem Warum!
Warum gibt es Ihr Unternehmen? Was ist Ihre Unternehmensvision? Sollten Sie darauf keine Antwort haben, dann kümmern Sie sich mal als Erstes darum.
Wie wollen Sie sonst Ihre Mitarbeiter mit Zielen führen – egal ob im Betrieb oder im Homeoffice – wenn Sie nicht wissen, wohin die Reise geht?
2. Führen Sie mit Zielen!
Vereinbaren Sie klare Ziele mit Ihren Mitarbeitern.
Besonders zu Beginn kann es sein, dass es Mitarbeiter gibt, die sich von der Freiheit überfordert fühlen. Denen ist vielleicht unklar, wie viel und woran Sie zu Hause arbeiten können. Helfen Sie dann indem Sie gemeinsam die ToDo’s erarbeiten, kontrollieren Sie aber danach nur das Ergebnis.
3. Klären Sie die Erwartungen!
Welche Erwartungen hat die Unternehmensführung, welche Erwartungen haben die Mitarbeiter?
Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit das Homeoffice Konzept erfolgreich umgesetzt werden kann? Erarbeiten Sie eine Art Leitlinie, in der Sie die Erwartungen und die Voraussetzungen klar beschreiben.
4. Treffen Sie klare Vereinbarungen!
Wenn Sie in Ihrer Abteilung oder in Ihrem Unternehmen Homeoffice Tage einführen, legen Sie mit Ihren Mitarbeitern fest, welche Aufgaben von wem erledigt werden.
Wie ist das mit der Organisation von Meetings? Wer kümmert sich wie um welche Anfragen und wie schnell? Gibt es Kernarbeitszeiten oder Kernarbeitstage?
Wie regeln Sie die Erreichbarkeit von Homeoffice Mitarbeitern? Ist es ausreichend, wenn der Mitarbeiter per E-Mail erreichbar ist und die E-Mails alle 4 Stunden liest oder muss eine telefonische Erreichbarkeit zu Kernzeiten unbedingt gegeben sein?
5. Nutzen Sie geeignete Systeme und Techniken!
Erhält jeder, der im Homeoffice arbeitet, beispielsweise einen Laptop? Ist dann Voraussetzung, dass derjenige einen Internetzugang zu Hause hat? Wie ist das mit der Datensicherheit?
Welche Möglichkeiten und Systeme lassen sich außer Telefon noch für die Kommunikation nutzen? Sind beispielsweise Videokonferenzen mit Webinarsoftware, Skype oder Google Hangout oder Projektsoftware wie Slack einsetzbar und IT-sicherheitsttechnisch möglich?
6. Coachen Sie Ihre Mitarbeiter bei der Selbstorganisation!
Homeoffice erfordert von den Mitarbeitern ein höheres Maß an Selbstorganisation. Sie müssen ihre Anwesenheitszeiten, Termine und Projektziele im Team sehr genau absprechen, damit Projekte sauber geplant und Termine eingehalten werden.
Deshalb kann es bei der Homeoffice Einführung zu Anlaufschwierigkeiten kommen. Manche Mitarbeiter arbeiten bereits selbstständiger als andere und der Einzelne wie auch das Team müsseb erst mal lernen, sich selbst zu organisieren.
Als Führungskraft können Sie dabei helfen. Gerade das passende Zeitmanagement kann man lernen. Bei Bedarf: Helfen Sie Ihren Mitarbeitern besonders am Anfang sich geeignet zu organisieren.
7. Haben Sie Vertrauen!
Gehen Sie in Vorleistung. Haben Sie Vertrauen in Ihre Mitarbeiter, dass die das Homeoffice nicht ausnutzen. Wenn Sie sich richtig verhalten und nur Ergebnisse und nicht den Weg dahin kontrollieren, dann werden Ihre Mitarbeiter Ihr Vertrauen nicht enttäuschen.
Wenn Sie Homeoffice einführen, wird anfangs Wahrscheinlich einiges schief gehen. Das ist normal. Ihr Team muss sich erst mal passend organisieren – und sie wahrscheinlich auch.
Sie haben nicht mehr kurzfristig Zugriff auf Ihren Mitarbeiter, um mal schnell etwas erledigt zu bekommen oder nachzufragen. Und wissen Sie was: Das ist auch gut so. Denn das zwingt Sie als Führungskraft dazu, richtig zu planen und zu delegieren.
Das inspirierende Zitat
„Vertrauen ist für alle Unternehmungen das große Betriebskapital, ohne welches kein nützliches Werk auskommen kann. Es schafft auf allen Gebieten die Bedingungen gedeihlichen Geschehens.“
Albert Schweitzer
Alle Links
- Online-Leadership-Platform
- Meine Zitateseite: Zitate zum Thema Führung
- Online-Magazin von Opel
- Richtig Delegieren
- Podcastfolge 68 von führen-leben: Interview mit Claudia Kauscheder
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