FPG130 – Fristlose Kündigung – Was Sie aus rechtlicher Sicht unbedingt beachten sollten!
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Die Kündigung eines Mitarbeiters ist für fast jede Führungskraft eine schwierige Situation. Was kann man da im Kündigungsgespräch nicht alles falsch machen.
Deshalb hatte ich in Folge 118 sieben der typischen Fehler angesprochen, die Sie tunlichst vermeiden sollten. In den letzten beiden Podcastfolgen 128 und 129 hatte ich auch mit Dr. Laurenz Andrzejewski darüber gesprochen, wie man eine Kündigung fair und wertschätzend vornehmen kann.
Eine schwierige Situation ist auch immer die fristlose Kündigung. Hier gilt es insbesondere rechtlich sicher zu agieren.
Susanne Meyer
Deshalb habe ich heute die Rechtsanwältin Susanne Meyer im Interview.
Wir sprechen über Mitarbeiterkündigung und hier speziell über die rechtlichen Aspekte und die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung.
Susanne Meyer ist Fachanwältin für Arbeitsrecht.
Sie ist Partnerin der Sozietät Sina Maassen in Aachen und unter Anderem spezialisiert auf Individual- und Kollektivarbeitsrecht.
Mein transkribierte Interview mit Susanne Meyer
Geropp:
Frau Meyer, was muss sich denn ein Mitarbeiter zuschulden kommen lassen, damit eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist?
Meyer:
Ein Arbeitgeber kann eine fristlose Kündigung dann aussprechen, wenn ein sogenannter wichtiger Grund gegeben ist. Das bedeutet, es müssen Tatsachen vorliegen, die so gravierend sind, dass es dem Arbeitgeber unzumutbar ist, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf einer ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zum Ablauf eines vereinbarten Beendigungstermins fortzusetzen.
Geropp:
Also zum Beispiel, wenn er etwas stiehlt.
Meyer:
Genau. Wenn er etwa stiehlt. Man muss nur darauf achten: Es gibt nicht die absoluten, wichtigen Gründe, also Gründe, die in jedem Fall immer zu einer fristlosen Kündigung führen müssen, sondern entscheidend sind immer auch die Umstände des Einzelfalles und es muss auch immer eine Interessenabwägung vorgenommen werden.
Das heißt also, irgendein vertragswidriges Verhalten, was möglicherweise bei einem Arbeitnehmer zu einer fristlosen Kündigung führen kann, reicht für einen anderen Arbeitnehmer, der möglicherweise andere soziale Daten hat, Alter, Betriebszugehörigkeit, das reicht dann bei dem gegebenenfalls eben nicht aus zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung.
Das heißt, wir Juristen prüfen nicht, liegt ein wichtiger Grund vor und der ist es, sondern wir schauen immer, liegen Tatsachen vor, die an sich geeignet sind einen fristlosen Grund, einen wichtigen Grund darzustellen. Und dann in einem nächsten Schritt nehmen wir diese Interessenabwägung und die Bewertung der Einzelumstände vor.
Geropp:
Jetzt ist das für mich, sagen wir mal, als Geschäftsführer natürlich dann schwierig.
Meyer:
Genau. Das ist auch schwierig, weil man eben nicht einfach nur, wie in einem Katalog gucken kann und schauen kann, finde ich da meinen Grund, der hier vorliegt und kann ich dann eine fristlose Kündigung aussprechen, sondern der Geschäftsführer – also der Arbeitgeber – ist immer gezwungen, eine Abwägung vorzunehmen und das macht das Ganze natürlich auch schwierig.
Geropp:
Gut, wenn ich jetzt Geschäftsführer bin, aber keinen juristischen Background habe, bin ich ja dann eigentlich gezwungen, wenn ich das Gefühl habe, ich müsste jemanden fristlos kündigen, weil der hat goldene Löffel gestohlen oder sonst was gemacht, ich müsste dann also immer eigentlich schnell ans Telefon und mit meinem Rechtsbeistand da drüber sprechen oder wie müsste das ablaufen?
Meyer:
Ja. Also ich habe eben gesagt, es gibt keine Kataloge absoluter Kündigungsgründe, aber es gibt natürlich schon Fallgruppen, die schon mal einen ersten Anhaltspunkt auch geben.
Geropp:
Können Sie da ein Beispiel nennen?
Meyer:
Ja. Sie haben eben schon gesagt, die Straftaten. Wenn ein Arbeitnehmer seinen Vorgesetzten in gravierender Weise beleidigt oder wenn er die silbernen Löffel klaut, in die Kasse greift, ja, dann sind das natürlich so schwerwiegende Verfehlungen, da kann man in der Regel davon ausgehen, das reicht aus, um sich hier zu trennen.
Aber schwieriger wird es beispielsweise, wenn einer regelmäßig unpünktlich zur Arbeit erscheint. Wann reicht das aus? Wann reicht es gerade für eine fristlose Kündigung aus? Man muss ja auch immer prüfen, gibt es mildere Maßnahmen. Die fristlose Kündigung ist ja Ultima Ratio, das ist das größte Schwert, was der Arbeitgeber hier hat.
Geropp:
Sagen wir, wenn jemand jetzt zu spät käme, dann würde man es ja eher so machen, dass man sagt, //also das nächste Mal da gibt es eine Abmahnung.
Meyer:
Genau.
Geropp:
Und wenn ich dann eine Abmahnung habe, dann habe ich noch was anderes an Möglichkeiten.
Meyer:
Genau. Also die Straftaten haben wir genannt, aber es gibt natürlich auch die beharrliche Arbeitsverweigerung. Wenn jemand sich strikt weigert, vertraglich geschuldete Arbeiten, die man ihm zuweist, auszuführen oder auch ein gravierender Verstoß ist es, wenn ein Arbeitnehmer, der in einem Arbeitsverhältnis steht, Wettbewerb macht. Es gibt ja ein vertragsimmanentes Wettbewerbsverbot und das heißt, ein Arbeitnehmer darf nicht während eines laufenden Arbeitsverhältnisses Kunden des Arbeitgebers ansprechen, um die für eigene Zwecke zu nutzen oder einem Dritten beim Aufbau eines Konkurrenz-Unternehmens helfen. Wichtige Informationen weitergeben. Das sind natürlich gravierende Verstöße.
Geropp:
Wenn ich jetzt als Führungskraft oder Geschäftsführer erkenne, dass das der Fall ist, wie lange Zeit habe ich denn, um eine solche fristlose Kündigung auszusprechen?
Meyer:
Also das ist ganz wichtig, was Sie ansprechen, weil es gibt eine sogenannte Zwei-Wochen-Frist. Das Gesetz sagt also, ab dem Zeitpunkt, ab dem der Arbeitgeber Kenntnis von den Umständen hat, die er nutzen will, um darauf eine fristlose Kündigung zu stützen, nur innerhalb dieser Zwei-Wochen-Frist hat er die Möglichkeit die Kündigung auszusprechen. Und das heißt, innerhalb dieser zwei Wochen muss die Kündigung beim Arbeitnehmer zugegangen sein.
Das heißt, für die jeweilige Führungskraft oder für den Arbeitgeber ist also eine gewisse Eile geboten. Man kann nicht einfach sagen, diesen Vorgang gucke ich mir in den nächsten Wochen mal genauer an, sondern ab dem Zeitpunkt, wo man erste Erkenntnisse gewonnen hat, dass da ein schwerwiegendes oder gravierendes, vertragswidriges Verhalten vorliegt, ab diesem Zeitpunkt muss man aktiv werden.
Und das heißt, man muss Beweise sichern. Man muss gegebenenfalls den Arbeitnehmer auch mal anhören, wenn man meint, dadurch hier mehr Aufschluss zu bekommen, was da wirklich vorgefallen ist.
Man muss innerhalb der Zwei-Wochen-Frist auch den Betriebsrat anhören, wenn man einen im Betrieb hat. Das heißt, man darf nicht erstmal 14 Tage eigene Fakten sammeln und dann erst in Richtung Betriebsrat tätig werden, sondern möglichst schnell auch den Betriebsrat mit ins Boot holen und jedenfalls spätestens am 10. Tag die Betriebsratsanhörung in die Wege leiten, weil der Betriebsrat bei fristlosen Kündigungen ja immer eine Drei-Tages-Frist hat, um auf so eine Sache auch reagieren zu können.
Geropp:
Würden Sie sagen, dass sind so die wichtigsten oder die typischen Fehler, die von so einem Unternehmer gemacht werden oder einer Führungskraft, also
- die 14 Tage muss ich einhalten.
- Ich muss mich schnell entscheiden
- und vor allem, ich muss rechtzeitig den Betriebsrat einschalten.
Was sind noch so typische Fehler, die von Seiten bei einer fristlosen Kündigung gemacht werden?
Meyer:
Die Punkte, die Sie angesprochen haben, sind alle richtig. Wichtig ist auch wirklich – das erlebe ich in meiner täglichen Praxis – Beweise gut zu sichern.
In solchen Fällen kommt es ja in der Regel irgendwann zu einem Kündigungsschutz-Prozess, wenn sich der Arbeitnehmer gegen diese Kündigung auch wehrt. Und solche arbeitsgerichtlichen Prozesse dauern ja manchmal nicht nur Monate, sondern gehen manchmal auch, dauern manchmal ein oder zwei Jahre oder gehen möglicherweise auch noch in eine zweite Instanz. Und irgendwann sagt vielleicht das Gericht,
„Ich möchte jetzt mal die Zeugen hören, die dazu etwas sagen können.“
Oder
„Wir möchten das mal sehen, haben Sie Dokumente, die Sie vorlegen können?“
Der Arbeitgeber muss die Gründe, die er hier behauptet, vor Gericht darlegen und beweisen können. Und das heißt, es macht schon Sinn – zum Beispiel – wenn man Mitarbeiter hat, die etwas bezeugen können, dass die sowas auch mal aufschreiben, damit die später vielleicht auch eine Erinnerung haben, an das, was da damals vorgefallen ist und nicht in zwei Jahren da sitzen und sagen,
„Ich weiß da gar nichts mehr zu, also das habe ich vergessen.“
Geropp:
Das kann ich mir gut vorstellen. Das heißt, es ist nicht nur wichtig, dass ich als derjenige, der die Entscheidung fällt, diese ganzen Sachen aufschreibe, sondern auch dann die Leute, die involviert sind, dass man denen mitgibt, denkt dran, vielleicht müsst ihr in zwei Jahren was aussagen dazu und da solltet ihr Unterlagen für euch haben.
Meyer:
Ja. Genau. Und was auch wichtig ist, was wir noch nicht angesprochen haben, für einige ist das vielleicht selbstverständlich, aber es ist immer wichtig es noch mal zu sagen, eine Kündigung muss schriftlich erfolgen.
Und gerade bei fristlosen Kündigungen erlebt man es immer wieder mal, dass es im Betrieb zu einer großen Auseinandersetzung kommt, man prallt aufeinander und der Arbeitgeber ruft nur noch,
„Raus! Ich will dich hier nicht mehr sehen, Sie kommen nicht wieder.“
Auch wenn man jetzt lacht oder so, aber oftmals, entstehen aus so emotionalen Situation, passiert ja so etwas. Und Kündigungen bedürfen der Schriftform.
Geropp:
Also ich darf durchaus sagen, „Jetzt hier raus!“ aber danach muss ich das schriftlich machen, ja?
Meyer:
Genau. Man muss noch was hinterherschicken. Das ist wichtig. Kündigung schriftlich und was eben wichtig ist, das haben wir eben ganz kurz so angesprochen, innerhalb der Zwei-Wochen-Frist muss die Kündigung auch zugegangen sein.
Das heißt, man muss als Arbeitgeber für einen ordnungsgemäßen Zugang des Kündigungsschreibens Sorge tragen. Das ist natürlich leicht, wenn der Arbeitnehmer noch im Betrieb ist. Dann kann man ihm die Kündigung möglichst in Anwesenheit von Zeugen übergeben oder sich den Empfang eines Kündigungsschreibens bestätigen lassen.
Manchmal ist es aber so, dass nach einer so krachenden Auseinandersetzung der Arbeitnehmer dann auch möglicherweise arbeitsunfähig wird oder so. Das heißt, man sitzt ihm nicht mehr gegenüber. In diesen Fällen empfiehlt es sich, nicht einfach ein Kündigungsschreiben per normaler Post zu schicken, sondern entweder man schickt einen Boten vorbei und überbringt das Kündigungsschreiben…
Geropp:
Also auch per Einschreiben reicht nicht?
Meyer:
Einwurf Einschreiben reicht auch, also so, dass man wirklich auch über die Post nachher einen Zugangsnachweis hat.
Geropp:
Okay. Na, das ist schon mal ganz wichtig zu wissen. Der Fall einer fristlosen Kündigung ist ja eigentlich eher der seltenere Fall, denke ich. Häufig ist eher so, dass man ja dem Mitarbeiter auch helfen möchte und auch eine Abmahnung ist erstmal noch eine Hilfe, weil man will sich ja noch nicht von ihm trennen.
Aber nachher, wenn man wirklich die Abmahnung braucht, um nachher wirklich kündigen zu können, worauf muss ich achten, dass es eine Abmahnung auch wirklich Hand und Fuß hat und rechtlich korrekt ist.
Meyer:
Also, wie Sie richtig sagen, die Abmahnung ist erstmal ein milderes Mittel. Deswegen muss man eben immer schon mal gucken, reicht das nicht vielleicht aus?
Die Abmahnung ist form frei möglich. Das heißt, die muss man eigentlich nicht schriftlich machen. Man kann also auch eine wirksame mündliche Abmahnung aussprechen, aber es empfiehlt sich natürlich auch hier, das Ganze schriftlich zu machen, um es zu dokumentieren und um in einem späteren Prozess auch möglicherweise darlegen zu können, bevor wir die fristlose Kündigung irgendwann ausgesprochen haben, hatten wir ein paar Monate vorher auch schon mal eine Abmahnung ausgesprochen. Dann kann man die gut vorlegen und man streitet nicht darüber, wann ist die eigentlich ausgesprochen worden.
Geropp:
Das heißt, theoretisch wäre es aber durchaus möglich, ich sage, „Ich mahne Sie ab.“ und das reicht?
Meyer:
Genau. So reicht es nicht, aber man könnte es grundsätzlich mündlich machen. Wichtig für die Abmahnung ist immer, die Abmahnung hat ja zwei Funktionen.
Einmal hat sie eine Rügefunktion und sie hat eine Warnfunktion. Das heißt, sie besteht aus zwei Teilen. Man muss dem Arbeitnehmer genau sagen, womit man nicht einverstanden ist, also das konkrete Fehlverhalten aufzeigen und die Warnung ist eben,
„Wenn du dich nicht veränderst, wenn du dein Verhalten nicht umstellst, musst du im Wiederholungsfalle mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechnen“.
Also es ist immer wichtig sich zu merken, Rüge und Warnung, dann weiß man schon, was inhaltlich immer in so einer Abmahnung reingehört.
Geropp:
Ist quasi die Eskalation die man demjenigen sagt, also wenn es sich nicht bessert, dann/
Meyer:
Richtig. Genau. Es ist der Zeigefinger.
Geropp:
Okay. Ja.
Meyer:
Den wir zwar hier nicht sehen, aber/
Geropp:
Wir beide momentan oben hatten.
Meyer:
Genau. Der Zeigefinger ist es. Insoweit vielleicht so noch ein Tipp. Weil – das sehe ich ganz oft auch bei Abmahnungen – oftmals wird in so eine Abmahnung unheimlich viel reingeschrieben und dadurch wird aber das Ganze nicht besser und konkreter, sondern oftmals wird es dadurch sehr schwammig.
Meine Empfehlung ist, das Fehlverhalten sehr knapp, aber sehr klar und konkret aufzuzeigen. Am besten auch mit Datum und gegebenenfalls sogar mit Uhrzeit.
„Sie haben am soundso vielten, dies und jenes gemacht oder eben nicht gemacht“.
Und man sollte versuchen, so Schlagworte und so unbestimmte Begriffe, wie „Sie haben ja besonders schlecht gearbeitet.“ Da weiß keiner, was heißt denn besonders schlecht hier oder so.
Geropp:
Also das muss sehr konkret sein.
Meyer:
Richtig. Versuchen, wirklich ganz nüchtern zu sagen, was ist nicht vertragsgemäß hier gelaufen. Und das ist schon wichtig, damit nachher auch ein Arbeitsgericht nicht sagt, diese Abmahnung war viel zu unbestimmt, der Arbeitnehmer wusste gar nicht, was er denn zukünftig anders machen musste. Er wusste nicht, inwiefern er sein Verhalten überhaupt ändern sollte oder musste.
Geropp:
Muss denn oben drüber, sagen wir mal, wenn man es schriftlich macht, steht da dann auch groß Abmahnung drüber? Ist das wichtig, dass das Wort benutzt wird?
Meyer:
Nein, es ist nicht wichtig, aber ich finde, es macht Sinn, weil der Arbeitnehmer weiß dann, woran er ist und man muss nachher nicht darüber diskutieren, war das wirklich als Abmahnung gemeint oder nicht. Deswegen, es ist eine Abmahnung und deswegen sollte man auch Abmahnung drüber schreiben.
Geropp:
Ich kann ja auch mehrere Abmahnungen geben oder?
Meyer:
Richtig. Also ich höre oft von Mandanten, „Ich muss doch dreimal abmahnen, bevor ich erst eine Kündigung aussprechen kann“. Das stimmt nicht.
Wir haben das Thema fristlose Kündigung. Manchmal gibt es eben einen so schwerwiegendes, gravierendes Fehlverhalten, da sagt man, da ist die Abmahnung auch entbehrlich, weil jeder Arbeitnehmer wusste, so etwas wird der Arbeitgeber nie hinnehmen. Sowas tut man nicht und sowas wird der Arbeitgeber auch nie hinnehmen und es ist klar, dass man da nicht noch mal vorher abgemahnt werden muss.
Deswegen, Abmahnungen sind natürlich immer dann Thema, wenn es eben um ein nicht so gravierendes Fehlverhalten geht und man eben auch das Gefühl hat durch eine Abmahnung bewegt man den Arbeitnehmer vielleicht auch zu einem anderen Verhalten.
Geropp:
Wenn ich einen Betriebsrat habe, ab wann muss ich den einschalten, wenn ich abmahne? Wann muss er da gehört werden? Muss er dabei sein oder wie ist das rechtlich?
Meyer:
Für die Abmahnung brauche ich den Betriebsrat nicht. Ich brauche den Betriebsrat eben erst für den Ausspruch von Kündigung. Also wenn ich mich entscheide, eine Kündigung auszusprechen, egal jetzt, ob die ordentliche fristgemäße Kündigung oder die außerordentliche fristlose Kündigung, dann muss ich den Betriebsrat eben anhören. Das ist wichtig.
Geropp:
Gut. Also wenn ich es richtig verstehe, ist es zu mindestens günstig, ich muss es rechtlich nicht, aber wahrscheinlich ist es günstig, wenn ich Schwierigkeiten mit einem Mitarbeiter habe. /
Meyer:
Ja, den Betriebsrat schon mal zu informieren. Damit der vielleicht auch so den Sachverhalt nachher kennt und weiß. Aber es ist nicht zwingend erforderlich. Also das Gesetz schreibt es nicht vor.
Geropp:
Jetzt gibt es ja auch noch den anderen Fall, dass die fristlose Kündigung vom Mitarbeiter ausgesprochen wird. Dass der sagt,
„Ich habe die Schnauze voll, da mache ich nicht mehr mit.“
und dass er dann alles hinschmeißt. Was muss der Mitarbeiter da drauf achten und wann ist das überhaupt gültig und wie weit funktioniert das von der Seite aus?
Meyer:
Ja. Also es gibt genau die umgekehrte Kündigungsmöglichkeit. Auch ein Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen, wenn eben so Tatsachen vorliegen, die es für ihn es nicht mehr zumutbar machen, das Arbeitsverhältnis…
Geropp:
Gut. Er hat nicht die Möglichkeit der Abmahnung, oder?
Meyer:
Genau. Er hat nicht die Möglichkeit der Abmahnung. Er kann sich höchstens vorher mal beschwert haben. Und es ist vielleicht nicht ganz richtig. Er hat natürlich nicht so die arbeitsrechtliche Maßnahme Abmahnung, aber natürlich kann er auch rügen, beispielsweise wenn der Lohn nie pünktlich gezahlt wird. Auch hier kann er natürlich rügen und sagen, das akzeptiere ich nicht mehr. Es ist jetzt, was weiß ich nicht, drei oder vier Monate immer zu spät gekommen, das werde ich in Zukunft nicht mehr hinnehmen. Ich fordere jetzt auf wirklich den Lohn mal pünktlich zu zahlen.
Deshalb: So etwas, wie eine Abmahnung gibt es auch im umgekehrten Fall. Vielleicht nicht so formalistisch, wie wir es eben besprochen haben.
Und es ist richtig, auch für den Arbeitnehmer gibt es Umstände, wo man sagt, hier ist ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar. Jetzt Zahlungsrückstände ist das eine, aber umgekehrt kann man sich zum Beispiel auch vorstellen, eine Ehrverletzung von Seiten des Arbeitgebers.
Auch ständige Beleidigungen, ein Schlechtmachen, ein Bloßstellen in einer Art und Weise, wo man sagt, das ist hier wirklich ehrverletzend, ich will jetzt nicht das Wort Mobbing oder so nehmen, aber so ehrverletzende Beleidigungen, so etwas gibt es auch und dann kann natürlich sich der Mitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis fristlos lösen.
Die Folge davon ist – weil er steht dann plötzlich ohne Arbeitsverhältnis da, was ja erstmal für ihn der größte Nachteil ist – er hat natürlich Schadensersatzansprüche. Er verliert seine Vergütungsansprüche. Er verliert Ansprüche auf irgendwelche Nebenleistungen, die ihm vertraglich eingeräumt wurden und das ist ein Schaden, den der Arbeitgeber zu ersetzen hat.
Das geht natürlich nicht nahtlos bis zur Rente, dass man sagt, jetzt bin ich draußen und jetzt muss er mir das jahrelang zahlen, sondern er ist natürlich gezwungen, schnellst möglich auch ein anderes Arbeitsverhältnis zu suchen oder einen neuen Job zu suchen. Und wir reden dann eben über diese Übergangszeit, die hier überbrückt werden muss.
Geropp:
Egal, ob jetzt der eine Fall ist, wo ich als Mitarbeiter kündige oder vor allem jetzt auch als Unternehmer, wann würden Sie denn sagen, ist es wichtig, wenn ich so ein 20-Mann-Laden habe und ich habe Probleme mit einem Mitarbeiter. Wann würden Sie sagen, sollte ich juristischen Beistand mir zuziehen und einen Rechtsanwalt zu Rate ziehen?
Meyer:
Ich denke, es ist schon so zum Ausdruck gekommen, gleich von Anfang an unseres Gespräches, dass die Materie nicht ganz einfach ist, ja, weil wir gerade hier eben immer auch so dieses Thema Abwägung haben und es eben nicht nur schwarz oder weiß hier gibt. Das heißt, wenn der Arbeitgeber sich eben nicht unsicher ist, dass hier etwas ganz, ganz schwerwiegendes vorliegt, wo es auf der Hand liegt, dass das nicht so weitergehen kann, dann empfiehlt es sich schon Rat bei einem Anwalt zu suchen und auch besser vorher, also bevor das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.
Weil man muss folgendes sehen: Wird eine rechtsunwirksame Kündigung ausgesprochen, dann kommt es zu einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht und wie ich eben gesagt habe, nach Monaten oder vielleicht nach Jahren stellt dann das Arbeitsgericht fest, die Kündigung war unwirksam.
Und das heißt folgendes. Es heißt, das Arbeitsverhältnis besteht unverändert fort. Das heißt, der Arbeitnehmer sitzt am nächsten Tag wieder im Betrieb. Der Arbeitgeber ist verpflichtet für diesen Übergangszeitraum, ab dem Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung und nachher dem Zeitpunkt, wo das Urteil verkündet wird, den Lohn unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges nachzuzahlen. Das heißt also, man zahlt Monate für Monate den Lohn nach mit Sozialversicherungsabgaben, ohne dass man eben eine Leistung dafür erhalten hat.
Geropp:
Das kann ganz schön heftig sein.
Meyer:
Genau. Man hat darüber hinaus natürlich auch die Gerichtskosten, die man tragen muss und was eben auch, was ich eigentlich das Schwierigste an der Sache finde und gerade bei eben Unternehmen mittlerer Größe, man hat wieder jemanden im Betrieb sitzen, mit dem man eigentlich nicht mehr zusammenarbeiten möchte. Das Arbeitsverhältnis ist enorm belastet.
Ich habe mehrere Fälle in meiner Praxis, wo dann eben jemand wieder zurück musste und eigentlich schon ein paar Monate später es wieder knallte, weil, es läuft nicht mehr. Dieses Wiederzusammenkommen: In großen Unternehmen geht das möglicherweise. Den kann man in eine andere Abteilung möglicherweise setzen. Man sieht sich auch nicht unbedingt jeden Tag wieder. Aber in kleinen Betrieben stoßen die Leute wieder alle aufeinander und das ist wirklich ein Worst-Case.
Geropp:
Das kann ich mir gut vorstellen.
Meyer:
Deswegen macht es manchmal Sinn vielleicht wirklich frühzeitig mal um Rat zu fragen, um die ganze Sache aufs richtige Gleis zu setzen. Und wenn ein Arbeitsrechtler sagt,
„Sprechen Sie hier lieber mal eine Abmahnung aus, greifen Sie zu einem milderen Mittel.“
dann ist das vielleicht manchmal ein ganz guter Rat und wo man mal ein bisschen die Emotionen wieder runterfährt und überlegt.
Geropp:
Sie haben es vorhin so schön gesagt: Der Unternehmer, wenn er eigentlich ganz sicher ist, da würde ich auch innerlich sagen, nein, da muss ich vorsichtig sein, weil der ist ja involviert, ne. Also würde ich wahrscheinlich eher hingehen und sagen lieber einmal zu viel angerufen und nachgefragt, als zu wenig.
Meyer:
Ja. Genau. Es kann kostengünstiger, zeitgünstiger werden und man hat nachher nicht so einen unglücklichen Fall.
Geropp:
Frau Meyer. Ich darf mich herzlichst bedanken. Ich habe doch wieder einige neue Eindrücke bekommen über unser Rechtssystem und es hat mir viel Spaß gemacht. Vielen, vielen Dank.
Meyer:
Ja. Ich danke auch.
Das inspirierende Zitat
„Wenn Du im Recht bist, kannst Du Dir leisten, die Ruhe zu bewahren; und wenn Du im Unrecht bist, kannst Du Dir nicht leisten, sie zu verlieren.“
Mahatma Gandhi
Weiterführende Links
- Webseite der Sozietät Sina Maassen in Aachen
- Interviews mit Laurenz Andrzejewski zum Thema Mitarbeiter kündigen
- Tipps für Kündigungsgespräche
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