FPG 157 – Mitarbeitergespräch führen: One-on-Ones
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Erst kürzlich habe ich in einem Führungshandbuch gelesen:
„Mitarbeitergespräche sollen ein-bis zweimal im Jahr geführt werden.“
Wie bitte? Nur ein oder zweimal im Jahr? Mitarbeitergespräche führen dient doch dem persönlichen Austausch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter.
Es geht um Feedback, Ziele, Vorhaben, Erwartungen, Erfahrungen, Verständnis füreinander und Verständnis für die Belange des Unternehmen, aber auch um Aufbau von Vertrauen, Anerkennung, Wertschätzung und Aufbau einer guten Beziehung.
Im Mitarbeitergespräch geht es darum ein vertrauensvolles Arbeitsverhältnis aufzubauen.
Mitarbeitergespräch führen nur einmal im Jahr?
Und das alles soll in einem Gespräch erfolgen, was nur ein oder zweimal im Jahr geführt wird? Das kann es doch wohl nicht sein, oder?
Unter dem Begriff Mitarbeitergespräche wird leider von vielen nur das Jahresgespräch verstanden, in dem meist dann fälschlicherweise auch noch das Gehalt verhandelt wird.
Über diese Unsitte habe ich bereits in Podcastfolge 116 gesprochen. Hören Sie da gerne nochmal rein.
Viele sagen mir:
„Ja, das darf man nicht so eng sehen. Natürlich rede ich auch mit meinem Mitarbeiter außerhalb von Jahresgesprächen.“
Das mag sein, aber meist drehen sich diese Gespräche doch dann nur um das operative Tagesgeschäft. Es geht um kurzfristige Entscheidungen und Austausch zu dringlichen Aufgaben.
Gespräche zwischen Tür und Angel?
Solche Gespräche werden meist in der tägliche Hektik zwischen Tür und Angel geführt. Sie als Führungskraft sind ja unter Zeitdruck. Termine, Termine, Termine. Über Langfristiges, über Ziele und über Ihre Erwartungen wie auch die Erwartungen Ihres Mitarbeiters werden da nicht gesprochen. Dafür ist keine Zeit.
Eine gute Beziehung braucht aber den regelmäßigen Austausch auch außerhalb der operativen Hektik. Das gilt im privaten genauso wie im beruflichen.
Es geht um Vertrauen!
Ein vertrauensvolles Arbeitsverhältnis zwischen Mitarbeiter und Führungskraft baut sich erst mit der Zeit auf. Beide Parteien müssen miteinander sprechen, um den anderen kennen zu lernen. Durch Mitarbeitergespräche will ich Antworten auf Fragen bekommen oder diskutieren wie:
Was sind die aktuellen Herausforderungen meines Mitarbeiters?
- Habe ich als Führungskraft meine Erwartungen an ihn klar formuliert und die auch rübergebracht?
- Wie tickt eigentlich mein Mitarbeiter?
- Was erwartet mein Mitarbeiter von mir?
- Kennt er die Ziele und Visionen, die wir als Unternehmen verfolgen? Wie steht er dazu
- Welche Ziele und Visionen hat er?
- Wo geht unsere gemeinsame Reise hin?
- Was ist mir und was ist meinem Mitarbeiter wichtig?
- Welche Herausforderungen und Probleme hat mein Mitarbeiter? Beruflich wie auch privat
- Welche Hilfe braucht er von mir? Welche Hilfe kann ich ihm anbieten?
Dieser intensive Austausch gelingt selten im Tagesgeschäft. Deshalb ist es günstig, regelmäßige Gesprächstermine mit seinen Mitarbeitern zu vereinbaren.
In diesen Gesprächen geht es dann nicht um Status-Berichte und Operatives. Es geht um Beziehungsaufbau, Unterstützung zur Weiterentwicklung und es geht um Wertschätzung.
Zeit für Wichtiges
Denn als Führungskraft ist es Ihre Aufgabe zu führen. Führung bedeutet, sich Zeit für das Wichtige zu nehmen – und eine ganz wichtige Aufgabe als Führungskraft ist es, sich Zeit für Mitarbeiter zu nehmen und sie zu verstehen und zu unterstützen.
Mein Podcastkollege Olaf Kapinski hat das in der Folge 80 seines Podcasts Leben-Führen anschaulich erläutert: 80 – One-on-One
One-on-Ones
Er geht davon aus, dass eine gute Führungskraft mit jedem direkt unterstellten Mitarbeiter einmal pro Woche ein 30 min Gespräch unter 4 Augen führen sollte – ein sogenanntes One-on-One.
Ich zitiere:
„Wie im richtigen Leben auch, bedarf der Aufbau von Vertrauen Zeit und wertvolle Interaktion. One on Ones sollen Vertrauen aufbauen, sowas dauert etwas. Mit jedem Ihrer Mitarbeiter eine halbe Stunde pro Woche ist gut investierte Zeit. Wichtig: Mit jedem Ihrer Mitarbeiter!“
Die Zeit habe ich nicht…
Vielleicht denken Sie jetzt:
„Was mit jedem meiner direkten Mitarbeiter? Ich habe 7 davon? Das sind ja 7 x 30 min = 210 min also 3,5 Stunden pro Woche!“
Bitte bedenken Sie: Wenn Sie 40 Stunden in der Woche arbeiten – und ich weiß als Chef arbeiten Sie wahrscheinlich sogar mehr – aber selbst bei 40 Wochenstunden sind das nicht mal 10 % ihrer Arbeitszeit.
10 %? Das sollten Ihnen Ihre Mitarbeiter doch wert sein, oder?
Vorteile der One-on-Ones
Langfristig bringen diese Gespräche einen unglaublichen Return on Investment. Sie sparen Ihnen massiv Geld und Zeit.
Wenn Sie es richtig machen, erhalten Sie nämlich motivierte, mitdenkende Mitarbeiter, die mit Ihnen an einem Strang ziehen.
Da Sie Ihre Mitarbeiter durch diese One-on-Ones gut kennen, können Sie Aufgaben auch viel besser vertrauensvoll delegieren und bekommen so Zeit zurück.
Wenn Sie solche regelmäßigen Gespräche mit Ihren Mitarbeitern führen, können Sie viel besser einschätzen, wie es um Ihren Mitarbeiter steht.
Wenn Sie sich Zeit nehmen für solche Gespräche, bringen Sie dadurch dem Mitarbeiter Wertschätzung entgegen. Das schafft Vertrauen.
Haben Sie ein vertrauensvolles Miteinander, wird Ihnen beispielsweise Ihr Mitarbeiter zu verstehen geben, wenn er Probleme hat oder wenn er unzufrieden in seinem Job ist.
Immer wieder begegne ich Führungskräften und Geschäftsführern, die vollkommen überrascht sind, wenn einer ihrer besten Mitarbeiter auf einmal kündigt.
„Das habe ich gar nicht kommen sehen!“
Tja, schade. Dabei deutet sich eine Kündigung fast immer vorher an. Diese Anzeichen bekommen Sie aber nur mit, wenn Sie sich regelmäßig mit Ihren Mitarbeitern austauschen.
Muss es denn jede Woche sein?
Müssen Sie unbedingt jede Woche 30 min mit jedem Ihrer Mitarbeiter ein One-on-One machen?
Nicht unbedingt. Das Entscheidende bei diesen Gesprächen ist, dass Sie regelmäßig stattfinden.
Wenn Sie sie noch nicht machen, dann sollten Sie die One-on-Ones zu einer Gewohnheit werden lassen.
Wenn Sie gerade erst damit anfangen, halte ich es deshalb für sinnvoll die One-on-Ones wöchentlich zu machen. Vereinbaren Sie mit jedem Ihrer Mitarbeiter einen festen Termin in der Woche, blocken Sie diese Zeit und schreiben Sie ihn in Ihren Kalender z.B.
–> Donnerstags von 8:00 bis 8:30 Uhr: One-on-One mit Mitarbeiter A.
Ziehen Sie diese wöchentlichen One-on-One Mitarbeitergespräche mindestens 2 Monate durch. Danach können Sie sich überlegen, ob Sie das weiter so machen oder ob vielleicht auch ein 14 tägiger Rhythmus ausreicht.
Machen Sie One-on-Ones zu einer Gewohnheit!
So vorzugehen ist ähnlich wie, wenn Sie sich entschieden haben regelmäßig Sport zu machen. Sie müssen eine Gewohnheit etablieren und dazu ist es günstig, sich auf Termine festzulegen und diese dann auch für eine bestimmte Zeit durch zu ziehen.
Übrigens: Was Sie nicht machen dürfen – und zwar keinesfalls – ist: Den One-on-One ausfallen zu lassen. Es kann mal vorkommen, dass ein wichtiger und dringender Termin dazwischen kommt. Das passiert aber selten und wenn es passiert, dann verschieben Sie das One-on-One. Sie lassen es aber nicht ausfallen!
One-on-Ones sind 4 Augengespräche!
Wenn möglich sollten sie in einer ruhigen, relaxten Umgebung stattfinden. Das kann, muss aber nicht das Büro sein. Sie können ein solches Gespräch auch gut mit einem gemeinsamen Spaziergang verbinden.
Wichtig dabei ist nur, dass Sie fokussiert bei der Sache sind und sich nur auf Ihren Mitarbeiter konzentrieren. Keine Ablenkung – und dass Störungen möglichst vermieden werden sollten und dass Ihr Smart Phone ausgeschaltet ist, das muss ich hier nicht extra betonen, oder?
One-on-One ist ein Mitarbeitergespräch!
Es heißt so, weil der Mitarbeiter mehr spricht als der Chef.
Bitte achten Sie darauf: Es ist Gesprächszeit des Mitarbeiters mit seiner Führungskraft, nicht umgekehrt. Sonst hieß es ja Chefgespräch und nicht Mitarbeitergespräch, gell?
Wie ist der Ablauf eines One-on-Ones?
Jedes dieser Gespräche verläuft unterschiedlich. Speziell, wenn Sie die One-on-Ones offiziell einführen, ist es günstig, einen groben Rahmen vorzugeben. Zum Beispiel können Sie die 30 min in je 3 mal 10 min unterteilen, beispielsweise:
- Reine Mitarbeiterzeit
für Themen des Mitarbeiters - Die Führungskraft spricht Themen an,
z.B. sie gibt Feedback, informiert kurz über Ziele, über Entwicklungen oder über organisatorische Veränderungen und holt sich die Meinung des Mitarbeiters darüber ein. - Zukunft:
Was steht für die nächsten Tage an und eine kurze Zusammenfassung von im Gespräch vereinbarten ToDo’s
Wie gesagt, dass ist nur ein grober Rahmen, eine Art Richtschnur.
Wie starten?
Viele haben Schwierigkeiten solche One-on-Ones zu beginnen. Sie fühlen sich unwohl.
Was soll ich denn sagen, um das Gespräch zu eröffnen?
Sie können ein solches Gespräch ganz einfach eröffnen, indem Sie offene Fragen stellen, beispielsweise:
„Herr Müller, Wie geht’s so bei Ihnen?“
oder
„Was ist momentan Ihre größte Herausforderung?“
oder
„Gibt es etwas, wo ich Sie momentan unterstützen kann?“
Wenn da nichts kommt, können Sie auch bezüglich einer aktuellen Entwicklung im Unternehmen nachfragen, z.B.
„Herr Müller, was halten Sie eigentlich von unserer vor Kurzem erfolgten Organisationsänderung? Was hat sich da für Sie verändert?“
All die Fragen dienen dazu, das Eis zu brechen und ins Gespräch zu kommen. Lassen Sie sich drauf ein und fragen Sie nach. Den Anfang mit einer solchen offenen Frage zu machen, das ist Ihre Aufgabe. Danach hören Sie aktiv zu.
Was heißt aktiv zuhören?
Aktiv zuhören bedeutet: Sie wollen verstehen: Ihren Mitarbeiter, seine Sichtweise, seine Herausforderungen und Probleme.
Fragen Sie nach, aber denken Sie immer daran: Sie bieten Ihrem Mitarbeiter ein Forum, sich mit Ihnen auszutauschen. Er will auch Ihre Meinung hören, aber besonders geht es darum, dass er sich Ihnen mitteilen kann.
Beim One-on-One geht nicht um Sie, es geht um Ihren Mitarbeiter. Seien Sie wirklich interessiert an Ihm, an seiner Arbeit und an seiner Person.
Ich verspreche Ihnen, die One-on-One Mitarbeitergespräche zahlen sich langfristig für alle Beteiligten aus.
Das inspirierende Zitat
„Gespräch ist gegenseitige distanzierte Berührung.“
Maria Freifrau von Ebner-Eschenbach
Alle Links
- So geht Aktiv zuhören!
- Mitarbeitergespräche
- Jahresgespräche: Darauf sollten Sie achten!
- Podcastfolge 80 von Olaf Kapinski: One-on-One
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