fpg222 – Personalsuche: Recruiting als Killerkompetenz für Führungskräfte – Interview mit Christopher Funk
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Viele Unternehmen suchen zur Zeit verzweifelt Fachkräfte.
Die Personalsuche ist schwierig geworden, speziell für Firmen, die Mitarbeiter in der IT oder im Vertrieb suchen. Der Markt scheint wie leer gefegt.
Von vielen Geschäftsführern höre ich:
„Wir stecken viel Zeit und Geld ins Recruiting, aber wir finden einfach keine guten Mitarbeiter. Es ist zum Verzweifeln.“
Warum ist die Personalsuche so schwierig geworden?
Einiges hat sich in den letzten Jahren wirklich geändert: Momentan haben wir praktisch Vollbeschäftigung. Das war früher sicher nicht so. Es war deshalb einfacher beim Recruiting auch gute Mitarbeiter zu finden.
Früher kamen auf eine ausgeschriebene Stelle hunderte von Bewerbungen. Heute sind viele Unternehmen schon froh, wenn sich gerade mal 5 oder 6 Leute bewerben – und die passen dann häufig nicht mal auf die Stelle.
Gute Mitarbeiter finden – Wie soll das gehen?
Auf der anderen Seite gab es früher auch die Tendenz, dass viele Mitarbeiter vom Berufseinstieg bis zur Rente in ein und demselben Unternehmen gearbeitet haben.
Das ist heute ganz anders. Gute Mitarbeiter wechseln auch nach einigen Jahren den Job. Es gibt sie also durchaus: die guten Mitarbeiter, die bereit sind zu wechseln.
Nur als Unternehmen muss ich meine Personalsuche verändern, wenn ich gute Mitarbeiter finden will.
So wie man das früher gemacht hat: einfach eine Stellenausschreibung in der Zeitung oder auf Social Media raushauen und dann warten, dass sich Leute bewerben, das funktioniert nicht mehr.
Christopher Funk
Deshalb habe ich den Headhunter, Podcastkollegen und Geschäftsführer von XENAGOS zum INterview eingeladen: Christopher Funk.
Er ist mit seinem Unternehmen spezialisiert auf die Personalsuche im Vertrieb. Xenagos sucht Mitarbeiter und besetzt Vertriebsstellen für Kunden aus allen Branchen – vom Global Player bis zum erfolgreichen mittelständischen Unternehmen und zwar egal ob es Key-Account Manager, Product Manager, Vertriebsingenieure oder Vertriebsleiter sind.
Sehenswert ist auch Christophers Youtube Video über die 3 Grundstrategien, wie man heutzutage gute Mitarbeiter findet:
Von Christopher Funk möchte ich im Podcastinterview wissen, wie man die richtigen Mitarbeiter findet.
- Wie sollte in der jetzigen Zeit ein erfolgreicher Recruitingprozess in Unternehmen aussehen?
- Worauf sollte man achten?
- Was sind die größten Fehler, die Unternehmen bei der Personalsuche machen?
Darüber sprechen wir im heutigen Interview.
Sehr spannend dabei finde ich seine klare Aussage:
„Recruiting ist die die Kernkompetzenz, ja sogar die Killerkompetenz für Führungskräfte.“
Weiterführende Links
- Webseite von XENAGOS
- Webseite von Christopher Funk
- Podcast von Christopher Funk:
VertriebsFunk: den Podcast für Recruiting, Vertrieb und Karriere - Mitarbeitersuche: 13 Wege und Ideen passende Mitarbeiter zu finden.
- Jobsuche Tipps
- Karriere machen So geht’s!
Das inspirierende Zitat
„Man kann Mitarbeitern das Lächeln nicht beibringen. Sie müssen lächeln bevor man sie einstellt.“
Arte Nathan
Das transkribierte Gespräch mit Chris Funk
Geropp:
Chris, viele Unternehmen tun sich schwer damit wirklich die richtigen Mitarbeiter zu finden und zwar nicht nur im Vertrieb, überall, in allen Bereichen. Aus deiner Sicht, woran liegt das heutzutage?
Funk:
Also ich glaube, dass das ein grundsätzlicher Paradigmen-Shift ist. Also die Situation hat sich halt grundlegend geändert.
Du und ich, wir kennen das noch. Früher hat man Stellenanzeigen in der Zeitung geschaltet. Das Hauptmedium war die FAZ, also Frankfurter Allgemeine. Eine Anzeige musste auch einigermaßen groß sein. Irgendwas zwischen zwanzig und Hunderttausend Euro. Die kam dann samstags raus.
Und dann musste man sich die Zeitung am Kiosk kaufen, das durchblättern. Dann konnte man sich schriftlich bewerben und die Unternehmen haben dann halt gewartet. Ja. Dann kamen halt, was weiß ich, 50, 100, 200 Bewerbungen. Dann haben die die hin und her sortiert und dann irgendjemand eingeladen und dann auch irgendjemand eingestellt. Und zu den Hochzeiten hatte die FAZ 250 Seiten Stellenanzeigen.
Geropp:
Das muss man sich mal überlegen. Das ist noch gar nicht so lange her?
Funk:
Das war irgendwie im Jahr 2000 oder so. Gut. Für manche Leute ist es schon lange her. Für uns ist es noch nicht so lange.
Und heute, wenn du heute Samstag, es ist immer die Samstagsausgabe, wenn du FAZ kaufst, hat die noch zwei Seiten Stellenanzeigen. Und das zeigt erst mal, dass das Geschäftsmodell der Zeitung ein echtes Problem hat, weil die quasi auch ja über die ganzen Anzeigen, die Redaktion und alles bezahlt haben. Jetzt ist das alles ins Internet gegangen.
Also ich war früher auch bei Jobpilot. Das ist der Vorgänger von Monster. Wir waren ja die ersten Job Ports auch im Internet, die das vorangetrieben haben. Es gibt jetzt viel, viel mehr Stellenanzeigen. Das heißt, wenn du eine Stellenanzeige schaltest, dann verteilt sich das ja schon auf weniger Bewerber. Du hast viel mehr Stellenanzeigen und weniger Bewerber. Das heißt, du kannst damit rechnen, dass einfach weniger Leute bei dir ankommen. Und viele Unternehmen haben das noch nicht verstanden und benehmen sich noch genauso als hätten wir noch 1990.
Geropp:
Okay.
Funk:
Das heißt, sie schalten eine Stellenanzeige, warten dann, was reinkommt und filtern das dann noch ein bisschen. Und dann laden sie irgendwelche Leute ein. Und dann quälen sie die ein bisschen mit Tests und fiesen Interviewfragen und was man sich in Büchern so aufgeschnappt hat, was man an schlauen Sachen so fragen kann.
Oder irgendwelche blöden Rechenaufgaben. Und derjenige, der sich dann am längsten quälen lässt, den stellen sie dann ein. Ja. Das Problem ist nur, das ist ganz oft, da bleibt gar keiner mehr übrig.
Nach drei Wochen fangen die an Leute einzuladen. Und dann sind die plötzlich alle schon in anderen Jobs oder sagen,
„Eh Leute, wenn ihr drei Wochen braucht, um mir auf meine Bewerbung zu antworten, wie soll denn das dann laufen, wenn ich bei euch im Vertrieb arbeite? Braucht ihr dann auch drei Wochen, wenn ich irgendwie ein Angebot genehmigt haben will?“
Die Zeiten haben sich einfach geändert. Also es gibt weniger Leute da draußen. Und ich glaube, die Leute sind auch weitaus weniger tolerant, weil wir jetzt in Zeiten von Amazon und WhatsApp leben, wo du eigentlich darauf wartest, also ich will es morgen geliefert haben und ich will eigentlich in den nächsten zehn Minuten eine Antwort haben und ich meine, wenn dir irgendjemand drei Wochen nicht antwortet, denkst du, der ist tot.
Geropp:
Das heißt, wenn ich dich richtig verstehe, Chris, ist es zum einen, dass es ein Bewerbermarkt ist?
Funk:
Ja.
Geropp:
Und zum Zweiten, dass alles durch die Technik viel schneller ist. Da hat sich extrem viel verändert und viele Unternehmen haben das noch nicht umgesetzt.
Funk:
Ja. Ich glaube, dass wir uns auch im Kopf verändert haben. Wir warten halt auch nicht mehr. Also wir sind nicht mehr so Wartens bereit, also wie das zu Zeiten der Post noch war. Also ich habe, als ich meinen ersten Job gesucht habe, ich habe noch Mappen verschickt per Post.
Geropp:
Ja. Ja. Kenne ich auch noch.
Funk:
Und dann hast du halt drei Monate bis das so alles hin und her geschickt worden ist und so weiter. Heute schicken die Leute mir eine Bewerbung und am nächsten Tag melden die sich über Facebook-Messenger und sagen, „ich habe euch eine Bewerbung geschickt. Wieso habe ich noch nichts von euch gehört?“
Geropp:
Das heißt, die ganzen Prozesse auch bei den Unternehmen, HR, Recruiting-Prozess, der muss eigentlich ganz anders funktionieren? Der muss darauf eingestellt sein? Sonst wird es schwierig? Verstehe ich dich richtig?
Funk:
Ja. Ich sage eigentlich immer zu meinen Klienten, es gibt ein neues Mantra. Und das Mantra ist
„Kandidaten sind Kunden.“
Kunden sind wie Kandidaten. Kandidaten, wie Kunden. Und wenn du dann so rum anfängst zu denken, nach dem Motto, wenn ein Kunde dir eine Anfrage reinschickt, der will bei dir was kaufen, da wirst du ja auch nicht sagen,
„Na ja, ich warte mal, wie viel Kunden so reinkommen und dann sortiere ich die mal, welche am interessantesten für mich ist.“
Und so nach drei Wochen, dann rufen wir die mal an oder schreiben die mal an, dass sie doch mal genau sagen wollen, was sie wollen.
Nein, du rufst den sofort an. Oder du antwortest so schnell wie möglich. Es gibt eine Studie aus USA, dass derjenige, der auf so ein Inbound als erstes reagiert, weil der Kunde schickt das ja nicht nur an einen Anbieter, sondern an mehrere, und der, der als erstes reagiert, hat eine 50 Prozent höhere Chance auf den Abschluss.
Geropp:
Das leuchtet mir ein.
Funk:
Das leuchtet ein.
Geropp:
Das ist bei den Bewerbern sehr ähnlich. Stimmt.
Funk:
Genau.
Geropp:
Stimmt.
Funk:
Du siehst jetzt schon, also wir haben Unternehmen, die zum Beispiel im Pflegemarkt unterwegs sind, die sagen,
„Weißt du, was am besten funktioniert? WhatsApp.“
Wir schreiben rein, bewirb dich per WhatsApp. Da steht eine Handynummer in der Anzeige drin. Die Leute bewerben sich per WhatsApp und gehen sofort in den Dialog rein.
Es gibt viele Unternehmen, die haben dann mittlerweile eine Chat-Funktion auf der Seite, wo du dich als Kunde halt Anfragen stellen kannst.
Geropp:
Okay. Okay.
Funk:
Das ist ja im Prinzip das Pendant dazu. Die wollen sofort mit dir interagieren. Und die meisten Unternehmensprozesse sind aber noch genauso, ja Kunden sind Kunden und Kandidaten, das ist halt irgendwie so eine Viehherde, die ich vor mir hertreiben kann und wo ich mir halt den Stärksten raussuchen kann. Und das ist halt nicht mehr so.
Geropp:
Jetzt, wenn wir mal allgemein, nicht nur im Vertrieb uns anschauen, ein Unternehmen braucht neue Mitarbeiter. Mich würde interessieren, ab wann sind die Führungskräfte da, sollten da mit einbezogen werden.
Also meist übernimmt ja HR oder jemand, wie du als Headhunter, die Aufgabe, neue Mitarbeiter zu rekrutieren so ganz am Anfang. Die Fachabteilung, wo dann nachher der Mitarbeiter eigentlich drin arbeitet, egal, ob das jetzt Vertrieb, ob das Produktion, ob das Entwicklung ist, diese Fachabteilungen werden ja häufig erst relativ spät in den Recruiting-Prozess involviert.
Was denkst du, in welchem Stadium sollten sich Führungskräfte in diesen Recruiting-Prozess einschalten, also aktiv, dass sie auch wirklich mit dem zukünftigen Mitarbeiter, mit dem Bewerber sprechen?
Funk:
Also das ist das Thema Ownership, also im Prinzip neue Mitarbeiter finden, ist ja eine Killerkompetenz für eine Führungskraft. Wenn du nicht die richtigen Leute hast, kannst du nicht performen.
Geropp:
Ja.
Funk:
So, das heißt, da das ja jetzt, wie wir ja gerade festgestellt haben, nicht mehr so einfach ist, wie früher, ist das eigentlich ein Prozess, wo du von Anfang an draufstehen musst. Du musst eigentlich schon von Anfang an bei der Definition dabei sein. Was suchen wir überhaupt? Dann hast du halt irgendeine Personalabteilung, die sucht halt irgend so eine Jobdeskription von vor fünf Jahren raus.
Kopiert irgendeine Stellenanzeige aus dem Internet zusammen und stellt die Online. Da weißt du schon, das kann nicht funktionieren. Das heißt, du musst von Anfang an, du musst sagen,
„Was brauchen wir überhaupt?“
Wir sprechen ja nachher noch mal über andere Ideen vielleicht, wen kennen wir denn aus unserem Netzwerk, der das machen könnte? Wen kennen denn meine Kollegen, wen kennen andere Abteilungen, der für diesen Job geeignet wäre? Also wen kann ich denn daraus rekrutieren?
Das wäre ja eigentlich der Schritt bevor du überhaupt eine Stellenanzeige lostrittst. Du musst als Führungskraft da drauf sein und du darfst es nicht der Personalabteilung und nicht einer Assistentin überlassen. Und das ist auch oft, das siehst du ja auch bei Selektion.
Also wenn es gut läuft, kriegst du ein paar Bewerbungen zurück und dann hast du irgendjemanden, der gar nicht genau weiß, worum es geht, der soll die jetzt vorsortieren. Ich habe da ein schönes Beispiel aus dem Vertrieb.
Du hast sehr oft in so einer Stellenanzeige drinstehen, finde ich auch immer interessant, Bitte bewerben Sie sich unter Angabe Ihrer Gehaltsvorstellungen.
Wenn du das machst, hast du ja eine schlechte Verhandlungsposition. Du kannst eigentlich nur falsch liegen. Also entweder du gibst dein Gehalt zu hoch an, dann fliegst du raus aus dem Prozess. Oder du gehst zu niedrig, dann verdienst du nicht so viel, wie du verdienen könntest.
Also ist es eigentlich dämlich das anzugeben. Und ein guter Verkäufer weiß das. Das ist ja genauso, als würdest du zum Kundentermin fahren und der Kunde ruft vorher an und sagt,
„Hören Sie mal, schicken Sie mir vorher bitte mal die Preisliste und die Rabattstaffel. Dann wird das Gespräch ein bisschen einfacher.“
Das machst du als guter Verkäufer nicht. So. Was macht jetzt die Assistentin der Personalabteilung?
Die guckt durch und sagt, alle die das nicht angegeben haben, da ist die Bewerbung ja unvollständig, die sortieren wir aus.
Geropp:
Hast du Recht. Stimmt.
Funk:
So. Und damit hast du die guten Verkäufer ganz am Anfang schon aus dem Prozess raus gekickt.
Geropp:
Stimmt. Stimmt. Aber da sieht man sehr schön, was wir vom Anfang besprochen haben. Früher war das selbstverständlich, dass du dich so oder mit deinem Gehaltswunsch oder deinem bisherigen Gehalt oder sowas.
Aber du hast vollkommen Recht. Warum solltest du das machen, wenn du in einer guten Position als Bewerber bist. Das funktioniert so nicht. Stimmt.
Funk:
Du musst halt als Führungskraft, dir diesen Prozess angucken. Weil oft, wenn hinten nichts rauskommt, stimmt irgendwas an diesem Prozess nicht.
Also wenn du da irgendwo so einen Gate-Keeper hast, der Leute rauskickt, wo es halt auch zu lange dauert. Wenn es zu lange dauert, verlierst du natürlich auch die guten Leute, weil, die bewerben sich nicht nur bei dir. Die bewerben sich meistens dann noch bei zwei, drei, vier, fünf anderen. Die sind ja auch nicht doof. So.
Und derjenige, der am schnellsten reagiert, das ist wie bei dem anderen Thema, Kandidat gleich Kunde, der ist natürlich auch schneller am Drücker. So. Und wenn du drei Wochen brauchst, dann wirst du automatisch die Guten verlieren.
Geropp:
Ja. Also ich verstehe, über Empfehlungen, dass die Führungskraft versucht Leute zu bekommen. Aber inwieweit sollte sie auch selbst, sagen wir mal, auf Social-Media-Kanälen aktiv sein und so den Recruiting-Prozess unterstützen und aktiv angehen?
Was tun, wenn ich als Führungskraft zum Beispiel auch eigentlich das gar nicht so, jetzt bin ich nicht Vertriebler, sondern ich bin eher Entwickler, wenn ich da nicht so sonderlich Social Media affin bin?
Funk:
Also die Entwickler haben ja auch ihre eigenen Plattformen. Das ist Stakeoverflow und so weiter. Also ich kann es jetzt mal für XING sagen.
Wenn du da ein einigermaßen gut gepflegtes Netzwerk hast, was ich jedem grundsätzlich empfehlen würde, dass du halt da dein Netzwerk, also von, was weiß ich, Schulkameraden, Kommilitonen, Kollegen, Lieferanten, Kunden, also wenn man die ein bisschen pflegt, das ist sehr, sehr hilfreich.
Und es gibt da bei XING zum Beispiel diese Timeline, wo du einfach Nachrichten von dir rein posten kannst und alle deine Kontakte sehen das, (unv.). So und ich kenne viele Führungskräfte, die einfach in diese Timeline rein posten, „übrigens, wir suchen hier einen neuen Frontend-Entwickler und so weiter.
Wenn du jemanden kennst, für den das interessant ist, dann gib dem doch mal einen Tipp oder gib mir einen Tipp.“ So und damit hast du quasi schon mal die Information rausgegeben und das funktioniert teilweise sehr, sehr gut.
Geropp:
Okay.
Funk:
Sehr, sehr gut. Das ist eigentlich einfach. Du kannst natürlich auch dann noch einen Schritt weitergehen und kannst in deine Kontakte reingehen und überlegen, okay, wer könnte denn eigentlich jemanden kennen? Also du kennst jetzt jemand in einer anderen Firma, die vielleicht ähnliche Leute haben, sage ich,
„Hör mal, kennst du nicht jemanden, für den das interessant sein könnte aus deinem Umfeld?“
Du kannst die Leute ja auch direkt über XING anklicken. Oder halt muss ja nicht XING sein. Du kannst auch das Telefon in die Hand nehmen und Leute anrufen. Also das hilft. Das hilft. Also das kannst du auf jeden Fall machen.
Dann der dritte Schritt, wo du dann noch ein bisschen weiter aus deiner Komfort-Zone rausgehst, du kannst natürlich auch Leute anklicken, die du nicht kennst. Kannst du ja bei XING suchen, Frontend-Entwickler in Aachen. Wen gibt es denn da auf XING oder auf anderen Plattformen?
Und wenn du jemand findest, dann sagst du, hat ein echt interessantes Profil, dann schreibst du den halt einfach mal an und sagst,
„Hör mal, ich habe dein Profil gefunden. Du bist ja wahrscheinlich ja auch in der Szene gut vernetzt bei dem, was du da machst. Wir suchen hier gerade Leute. Wenn du jemanden kennst, gib doch mal einen Tipp oder gib dem doch mal einen Tipp.“
Also das funktioniert. Es ist natürlich Arbeit. Deshalb weiß ich schon, dass die meisten Führungskräfte sagen,
„Wann soll ich denn das noch machen?“
Die Erfahrung zeigt, wenn du das der HR-Abteilung überlässt, ist eigentlich auch logisch, nachdem was ich erzählt habe, weil die diese Kontakte auch nicht haben.
Geropp:
Ja, auch ich als Bewerber, ist was ganz anderes, wenn mich der Hauptabteilungsleiter von einer Firma so anspricht oder ob das irgendein Rekrutier ist oder?
Funk:
Ja. Wobei, ich meine, es gibt auch Unternehmen, die haben sogenannte Sourcing-Spezialisten, die halt den ganzen Tag nichts anderes machen als das. Also die suchen im Internet.
Teilweise bei Google mit abenteuerlichsten Searchstrings, die man da eingeben kann und so weiter und kontaktieren die ganze Zeit Leute. Aber das kann man ja auch clever machen, dass man erst mal Kontakt aufbaut. Das ist ja wie Verkaufen. Dass man nicht sofort mit der Tür ins Haus fallen, sondern mal Kontakt aufbauen, Gemeinsamkeiten finden und dann halt, wenn es darauf ankommt, dann auf die Leute wieder zurückgreifen. Also das, das funktioniert.
Aber wir kommen halt immer weiter weg von dem klassischen Pool. Du schaltest eine Stellenanzeige und wartest halt, was zurückkommt. Die Amerikaner sagen dazu post and pray.
Also eine Stellenanzeige schalten und dann beten, dass sich möglicherweise der Richtige bewirbt. Das ist halt sehr schwer voraussehbar, zu im Prinzip aktiv sourcen. Und die guten Recruiter, mit denen ich gesprochen habe, die sagen eigentlich alle ein guter Recruiter ist in erster Linie ein guter Verkäufer.
Geropp:
Macht absolut Sinn. Würde ich auch so sagen. Wie lange ist denn, aus deiner Sicht, sollte so ein effizienter Recruiting-Prozess dauern?
Funk:
Also so schnell wie möglich. Wir hatten ja gerade diese Antwortzeiten bei Kunden. In Amerika sind die Statistiken relativ valide. In Deutschland habe ich noch nicht so viele gefunden. Also die sagen, du brauchst 42 Tage brauchen die in Amerika bis zu einer Einstellung.
Geropp:
Okay.
Funk:
Also eineinhalb Monate. Und allein für die Interview-Phase brauchen die 23,8 Tage.
Geropp:
Okay.
Funk:
Es gibt aber auch eine andere Statistik, die sagt, dass 57 Prozent, also mehr als die Hälfte, nehmen ein Angebot nicht an oder wechseln gar nicht, weil ihnen der Prozess zu lange dauert. Und was ich auch total erschreckend fand, die Top 10 Prozent der Kandidaten, die am besten geeignet sind, sind nach zehn Tagen vom Markt.
Geropp:
Okay.
Funk:
Und das ist ja auch logisch. Also wir hatten ja vorhin gesagt, wir denken ja anders und so weiter. Die Leute bewerben sich nicht nur da. Das heißt, wenn irgendjemand eine gute Bewerbung reinbekommt und sagt, „boah cool“, nimmt den Hörer in die Hand und ruft den an. Abgefahrene Vorstellung, aber:
„Ihre Bewerbung ist total spannend. Hast du gerade mal Zeit zu sprechen?“
Du unterhältst dich mit dem. Sagst, passt alles und so weiter. Ja bist du hier in der Nähe? Komm doch morgen vorbei.
Und dann kommt der morgen vorbei und sagt, bevor du kommst, also du klärst so die Rahmenbedingungen. Passt alles und so weiter, schicke ich dir einen Vertragsentwurf.
Dann kannst du schon mal sehen so ganz grob, wie das aussieht. Vertragsentwurf kannst du dir schon mal angucken. Kann man die Fragen klären. Dann kommt der am nächsten Tag rein. Du machst ein Erst-Interview. Dann führst du den in die Abteilung. Stellst ein paar Kollegen vor.
Dann machst du ein Zweit-Interview. Guckst, okay, passt das noch alles? Und so weiter. Und am Ende dieses halben Tages, sagst du,
„Okay, du kannst den Vertrag unterschreiben.“
So, dann bist du bei weniger als 24 Stunden. Und wenn das jemand macht, kannst du dir ja vorstellen, für mich als Kandidat ist das super.
Was Kandidaten am meisten hassen am Bewerben, ist die Zeit zwischen dem Erst-Interview und der Reaktion. Du gehst zum Interview. Du hast ein gutes Gefühl. Du gehst wieder nach Hause, du erzählst deiner Freundin, „boah geiles Interview und so weiter. Super Job. Ich freue mich.“ So.
Und dann wartest du. Einen Tag, zwei Tage, eine Woche, zwei Wochen. Und dann denkst du so, haben die mich vergessen? Du guckst, ob dein Telefon noch funktioniert. Du schickst dir selber E-Mails und guckst, ob das überhaupt funktioniert. Drei Wochen.
Und nach vier Wochen, sagen dann, ja, wir haben uns jetzt entschlossen Sie zum zweiten/ Dann hast du schon keine Lust mehr, weil du denkst, was ist das für ein Laden? Was ist das für ein Laden? Was passiert denn, wenn ich mal irgendwas will?
Ich brauche einen neuen Rechner oder irgendwas, brauchen die dann auch vier Wochen um irgendwie sich zu rühren? Du fängst an, an der Agilität dieses Unternehmens zu zweifeln und wahrscheinlich zu Recht.
Geropp:
Ja. Ja. Das stimmt schon.
Funk:
Und deswegen ist Speed hier absolut entscheidend.
Geropp:
Was würdest du denn sagen, so im Schnitt, was ist da deine Erfahrung, wie viele Kandidatengespräche sind sinnvoll beziehungsweise notwendig? Kann man da was sagen?
Funk:
Meinst du jetzt mit einem Kandidaten? Mit einem?
Geropp:
Das zum einen, mit einem Kandidaten. Genau. Also wenn ich hingehe und sage okay, also quasi der Prozess, wie sieht der aus?
Funk:
Also erst mal, das ist auch interessant. Ich habe ja viele Kunden, ich bin ja Headhunter. Die sagen, ich brauche drei Kandidaten, um mich entscheiden zu können. Wo ich immer sage, ja kann ich verstehen, wir ticken so. Aber eigentlich ist es die falsche Herangehensweise.
Eigentlich musst du sagen, ich lege vorher die Kriterien fest. Was ist für mich ein passender Kandidat? Was muss der können fachlich und so weiter? Was für Erfahrungen muss der haben? Und wenn ich jemanden treffe, der diese Kriterien erfüllt, stelle ich den ein.
Das haben wir ganz oft, wenn wir Kunden haben, die sagen wir mal, die wollen zehn Leute einstellen und dann stellen wir drei Kandidaten vor und die stellen den besten von diesen drei ein. Und dann stellen wir wieder drei Kandidaten vor und die stellen von denen auch den besten ein, der ist aber schlechter, als die anderen beiden, die sie vorher abgesagt haben. Verstehst du?
Geropp:
Ja. Ja. Ich verstehe, was du meinst.
Funk:
Das heißt, eigentlich musst du dir vorher überlegen, okay, wen brauche ich? Und wenn ich den treffe, dann stelle ich den ein. Weil, dann bist du natürlich weitaus schneller, wenn der sagt, ich brauche noch einen Zweiten als Vergleich, weil, das ist ja willkürlich eigentlich.
Der Zweite ist irgendjemand, der zufällig deine Stellenanzeige gesehen hat oder sonst irgendwas oder den du irgendwo getroffen hast. Das ist ja komplett willkürlich, ob der jetzt besser oder schlechter ist.
Geropp:
Ja, du musst vorher ganz klar dir überlegen, was sind meine Kriterien?
Funk:
Genau. Genau. Also es wäre ja im Prinzip so, wenn du sagst, ich gehe auf ein Date und du triffst eine Frau und du sagst, „boah die Frau ist super “, und dann so, „ja aber ich gehe mit der jetzt nichts aufs zweite Date bevor ich nicht zwei andere Frauen getroffen habe, und mal gucken, ob die nicht besser sind?“
Das ist Schwachsinn. Das ist das eine.
Geropp:
Um bei dieser Sache zu bleiben, wie viel Dates brauchen wir denn bis wir den einstellen?
Funk:
Also meiner Meinung nach, wenn du das Date richtig planst, kannst du es an einem Date machen.
Geropp:
Okay.
Funk:
Und das ist natürlich auch besser, weil es für alle Seiten schneller geht. Also du hast dann wieder das Speed-Thema. Ich kann dir mal sagen, wie wir das jetzt hier gerade machen. Also es gibt ein ausführliches Telefon-Interview. Da fallen eigentlich 50 Prozent der Leute raus
Geropp:
Okay.
Funk:
aus irgendwelchen Gründen, dass die sagen,
„Nein, passt doch nicht. Habe ich mir anders vorgestellt und was weiß ich, Großraumbüro. Nein, ich wusste gar nicht, was Personalberatung ist.“
Dann erklären wir das.
„Nein, das finde ich jetzt doch nicht so spannend“,
und so weiter. Also da fallen die alle raus. Oder Gehaltsthemen und so weiter und so weiter und so weiter. So. Die anderen werden innerhalb von einer Woche eingeladen und bekommen wirklich dann schon bevor sie hierher kommen den Vertragsentwurf.
Geropp:
Okay.
Funk:
Dass die schon mal damit „on the page“ sind. Und dann planen wir quasi einen halben Tag mit denen. Also es gibt ein Erst-Interview, wo halt auch viele Fragen gestellt werden und man sich noch mal persönlich kennen lernt.
Dann geht der meistens an seinen Arbeitsplatz und macht mit seinen zukünftigen Kollegen irgendwas. Hört zu. Telefoniert vielleicht mal selber oder macht sonst irgendwas. Also bei uns ist ja viel übers Telefon.
Dann kommt der wieder zurück und hat noch mal ein anderes Gremium, die dann ein Zweit-Gespräch führen. Das ist ein bisschen anders zusammengesetzt meistens und dann wird halt noch mal abgefragt, okay, was hast du gelernt?
Was fandest du komisch? Wie ist das für dich? Und so weiter. Und am Ende dieses Gesprächs kriegt der eine Zu- oder Absage.
Geropp:
Okay. Wie viel Leute sind involviert von euch in die Entscheidung?
Funk:
Also wir haben jetzt im Sale zum Beispiel zwei Leute drauf trainiert diese Interviews zu führen.
Geropp:
Okay.
Funk:
Also wir haben ein Recruiting-Gremium gebildet. Profis, die das halt machen. Die das alles durchführen. Und dann sind natürlich die Leute aus der Abteilung involviert. Also plus den Dispatcher, der das Ganze managt, der die Termine macht und so weiter. Also drei bis vier Leute.
Geropp:
Okay. Wie macht ihr die Entscheidungsfindung? Muss jeder von den Leuten sagen, ja passt. Oder gibt es eine Mehrheitsentscheidung oder wie macht ihr es?
Funk:
Also wir machen es eigentlich so, dass wir einen Fragebogen entwickelt haben, wo wir so Kompetenzen oder Beurteilungsfelder abklären, wie vertriebliche Ausrichtung, Motivation, Planung und Organisation, culturell fit.
Und dann haben wir so eine Skala von eins bis vier entwickelt. Also eins bis vier, damit sie nicht in die Mitte gehen kannst. Und jeder muss im Prinzip seine Note vergeben und muss sie natürlich auch begründen, warum.
Anhand seiner Mitschrift und so weiter und so weiter, was er beobachtet hat. Und dann wird darüber diskutiert, sodass quasi am Ende eine gemeinsame Note rauskommt. Und alles was schlechter als zwei ist, stellen wir eigentlich nicht ein.
Das ist vielleicht auch noch mal ein wichtiger Punkt, weil wir halt einen Teil des Recruitings ins Onboarding verlagert haben. Wenn wir sagen, okay, wir haben eher Zweifel, aber es gibt Potenzial, dann würden wir sagen, wir stellen dich ein, aber es kann sein, dass während der ersten zwei Wochen wir feststellen, dass es nichts war.
Geropp:
Aber das sagt ihr dem Bewerber dann auch?
Funk:
Ja. Also wir sagen beim Onboarding, also das ist für beide. Also das Onboarding ist sehr, sehr knackig. Das ist ja der nächste Schritt eigentlich. Also das du ein sauberes Onboarding, also Einarbeitung und Einlesungsprogramm machst, das ist knackig.
Also wenn die Leute eigentlich am ersten Tag müssen die hier telefonieren. Teilweise auch schon Termine vereinbaren, damit die einfach sehen und wir auch sehen, okay, macht er es. Es kann richtig oder falsch sein, aber er muss es halt machen. Und dann sagen halt viele Leute am zweiten Tag, das ist ja total anstrengend bei euch. Das wollte ich nicht. Oder sonst irgendwas.
Oder ich habe mir das anders vorgestellt und so weiter. Alles gut. Super. Super, dass wir es am zweiten Tag rausgefunden haben oder am Ende der ersten Woche. Besser als nach sechs Monaten.
Geropp:
Chris, jetzt sind das ja bei euch hauptsächlich Vertriebsmitarbeiter also, die auch noch entsprechend am Telefon arbeiten. Was ist für dich denn entscheidende Unterschiede zwischen der Einstellung von solchen Leuten, wo ich dein Vorgehen den Prozess absolut verstehen kann, der ist absolut stimmig für mich und Mitarbeitern, jetzt sagen wir mal, aus der Entwicklung, wo ich ja sowas, also vom Einarbeitungsprozess würde der sicherlich anders aussehen.
Und da kann ich ja auch nicht so hingehen und sagen, okay, komm erst mal vorbei, vielleicht klappt es nicht nach zwei Wochen. Da wird der nicht kommen. Wie würdest du da vorgehen?
Funk:
Ich glaube, dass das dasselbe ist. Also es ist auch immer die Frage, wie du das verkaufst. Also wenn du jetzt einen Coder hast zum Beispiel, also das sind Programmierer, dann würde ich bei dem zum Beispiel auch relativ schnell rausfinden wollen, kann der überhaupt programmieren?
Geropp:
Ja. Stimmt.
Funk:
Kann er programmieren? Kann er dokumentieren? Hält er sich da an die, was weiß ich, an das Dokumentationssystem und so weiter, an das Framework und so weiter? Wie arbeitet er mit den Kollegen zusammen?
Weil, alleine geht da eh kaum noch was. Und im Endeffekt ist das ähnlich, wo du halt siehst, okay, passt er sich an? Wo gibt es noch Probleme? Kriegen wir den auf die Spur und das merkst du eigentlich.
Und im Interview hast du halt immer eine künstliche Situation. Also ich sage immer, wenn du da eine Trefferquote von mehr als 50 Prozent hast, bist du schon gut. Und den Rest kannst du eigentlich nur, und das ist ja auch statistisch erwiesen, dass du eigentlich, wenn jemand seinen Job macht und du beobachtest ihn dabei, dass wie er das tut, was sein Job ist, ist die Beurteilung natürlich viel besser als wenn du ihn darüber befragst.
Und deshalb ist es halt wichtig, bei vielen Unternehmen ist ja, der geht jetzt erst mal, macht er so eine Rundreise durch alle Abteilungen und so weiter, damit er alle kennen lernt und so weiter. Das kann man alles machen, aber du musst ihn halt relativ schnell dahin bringen, dass er das tut, was sein Job ist. Und dann kannst du halt da beobachten,
Geropp:
Ob es passt oder nicht.
Funk:
macht er es richtig. Und das gilt für Führungskräfte. Das gilt für Spezialisten. Das gilt für Entwickler. Das gilt eigentlich für jeden.
Geropp:
Das ist eine Art Probearbeit, wenn du so willst?
Funk:
Im Endeffekt ist das Onboarding ja eine Probearbeit. Aber ich sage den Leuten immer, also wir gehen da mal jetzt so zu 90 Prozent aus, dass das klappt, aber wir haben halt beide noch die Chance, deswegen gibt es ja diese Probezeit, deswegen heißt das ja auch so, zu sagen, und der Kandidat genauso.
Also du hast ja oft auch Kandidaten, also wir haben das letztens gehabt hier bei einem Kandidaten aus der Beratung, wo wir gemerkt haben, okay, es funktioniert nicht und wir haben es dann noch mal versucht. Und da hat er da noch mal Hilfe gekriegt und wir gesagt, okay, irgendwie wird es nicht besser. Und dann haben wir halt gesagt irgendwie nach sechs Wochen oder sowas,
„Hör mal, ich glaube, das wird hier nichts. Also wir entlassen dich jetzt.“
Und da hat der gesagt,
„Danke, danke, dass ihr mir die Entscheidung abgenommen habt, weil ich hätte mich selber nicht getraut diese Entscheidung zu treffen. Aber jetzt bin ich total erleichtert.“
Geropp:
Ja. Ja. Das kann ich gut nachvollziehen. Ja.
Funk:
Und wenn du dann bei anderen siehst, wie die Leute sich quälen. Alle quälen sich. Und wir/
Geropp:
Keiner traut sich die Entscheidung zu treffen.
Funk:
Keiner traut sich die Entscheidung zu treffen und die Erfahrung ist ja auch, es wird eigentlich nicht mehr.
Geropp:
Das wird nicht besser.
Funk:
Du hast es versucht und so weiter. Aber wenn du mal so drei, vier Monate überwunden hast und so am Ende der Probezeit bist, es wird nicht mehr besser.
Geropp:
Da kann ich dir nur zustimmen.
Funk:
Die alte Regel, wenn du ein totes Pferd reitest, steig ab. Reite nicht weiter. Es wird nicht mehr besser. Wir haben ganz viele Fälle, wo dann halt irgendwie nach acht Monaten der Vertriebsleiter dann sagt, „ja, ich muss den jetzt entlassen.“
Geropp:
Jetzt ist Schluss, es geht nicht mehr.
Funk:
Ja. Genau. Genau. Also deswegen, Onboarding halt auch ein Teil des Recruiting-Prozesses. Denn du musst das halt nutzen. Und das ist für die Führungskraft immer sehr bitter, weil in dem Moment, wo sie sagt,
„okay, ich muss den gehen lassen“,
muss sie ja einen Fehler eingestehen. Also ich habe den Falschen oder die Falsche ausgewählt. Und ich glaube, davon musst du dich halt frei machen, weil du halt sagst, okay, du kannst den Leuten nur vor den Kopf gucken, egal was du machst.
Und im Endeffekt musst du die Leute dabei beobachten, was sie tun, und dann musst du halt sagen, ja, das war die richtige Auswahl oder nicht. Und meistens sagen die Leute dann, „na ja, irgendwann wird es schon besser werden“, wird es aber nicht.
Geropp:
Ja. Das sehe ich auch so. Für die meisten Führungskräfte, was sind da so, aus deiner Sicht, die größten Fehler, die sie im Recruiting-Prozess machen können?
Funk:
Okay. Also die meisten Sachen, du musst Owner dieses Prozesses werden. Du darfst das nicht, also du kannst es schon delegieren, aber du musst halt schauen, das ist wie bei allen Sachen als Führungskraft, musst halt schauen, dass es dann auch funktioniert.
Das halt die Ergebnisse rauskommen und vielleicht vorher auch mal den Prozess mit den Leuten bearbeiten, das hört man ja, dass es so läuft, wie wir es jetzt gerade besprochen. Weil sonst hast du halt oft das Thema, dann wartest du irgendwie sechs Wochen oder drei Monate und es kommt kein Ergebnis raus und dann musst du halt in den Prozess reingehen und dann hast du halt ein halbes Jahr verloren.
Also wir haben dieses Selection-Thema, dass du Leute anhand von Kriterien im Lebenslauf ausschließt, die aber einfach überhaupt nicht entscheidend sind für den Job. Also Beispiel, „Ja, der hat ja gar keine Krawatte auf dem Foto an“, wo man dann sagen muss,
„Vielleicht hat der nicht gewusst, dass man eine Krawatte auf so einem Foto anziehen muss. Das heißt aber nicht, dass das ein guter Entwickler, Programmierer, Verkäufer, Servicetechniker oder sonst irgendwas ist. Es ist einfach nicht aussagekräftig.“
Selbst wenn es ein Urlaubsfoto ist, vielleicht, die Leute sind ja heute auch anders drauf. Oder der hat vielleicht ein Tattoo irgendwie, das unter Manschette rauskommt. Das haben irgendwie wahrscheinlich 50 Prozent der Generation.
Das heißt aber nicht, dass das keine guten Mitarbeiter sein müssen. Also wenn du Kriterien nimmst, die halt bei dir so ein Bias auslösen, also ich habe das auf diesen Ähnlichkeitsbias. So, ich habe für Kunden Kandidatengespräche mit Kunden und so, „der Kandidat war super.“ „Ja, warum denn?“ „Ja, der hat an derselben Uni studiert, wie ich.“ So. „Eh? What?“ „Ja, der kommt aus demselben Ort wie meine Frau.“ „Ach ja, das ist ein gutes Kriterium.“
Also, dass du da versuchst diesen Bias rauszunehmen, deswegen so mit Fragebögen oder mit Kriterien arbeiten, wo du dir auch wirklich überlegst, okay, es gibt eine Skala von eins bis vier. Was bedeutet denn eins und was bedeutet vier? Damit kannst du das so ein bisschen auf eine sachliche Ebene runterziehen. Das funktioniert sehr gut. Ist auch wissenschaftlich erwiesen, dass es funktioniert.
Weil, du hast halt bei vielen Führungskräften, die sagen dann,
„Ich erkenne Potenzial in fünf Sekunden. Ich bin ja die tolle Führungskraft. Ich sehe das. Ich brauche nicht mal mit dem reden. Ich gucke den an eine Minute, dann weiß ich, wie der drauf ist.“
Sage ich,
„Das ist super. Hättest du mal Arzt werden müssen. Kannst du alle Leute diagnostizieren nur durch angucken diagnostizieren. Das ist doch super.“
Geropp:
Das ist eine tolle Fähigkeit. Wer die hat, also ich kenne keinen.
Funk:
Also das ist auch nicht so. Also die Leute, die glauben das zwar, aber es ist nicht so. So und das ist natürlich ein Problem, also dieses Ähnlichkeitsthema hast du ganz viel, dass wir halt Leute sympathisch finden, die uns ähnlich sind.
Die so aussehen wie wir oder aus der gleichen sozialen Schicht kommen. Das bedeutet aber nicht, dass die halt dann auch genauso sind wie wir bei der Arbeit. Und das siehst du ja, wenn du dir so Teams anguckst. Du hast das mal gesagt. Ich liebe diesen Spruch. Ich glaube, jede Führungskraft hat das Team nach sechs Monaten, das Team, das es verdient.
Geropp:
Ja. Also im Vertrieb sind, glaube ich, sechs Monate. Bei den anderen dauert es ein bisschen länger, aber du hast vollkommen recht. Genau.
Funk:
Und das liegt natürlich auch daran, dass du dir irgendwelche Leute auswählst, wenn du nur Leute auswählst, die dir ähnlich sind, hast du, glaube ich, schon was falsch gemacht, weil, so ein Team muss halt auch divers sein. Also das hast du sicherlich. Das Thema Timing haben wir angesprochen.
Geropp:
Ganz kurz, eine Sache interessiert mich sehr. Wie wichtig siehst du das Anschreiben und den Lebenslauf?
Funk:
Jetzt aus Kandidaten-Sicht her oder aus Kunden-Sicht?
Geropp:
Also sagen wir mal für die Führung, wenn die Führungskraft eine Entscheidung trifft und damit ist es natürlich auch wichtig nachher für den Kandidaten, wie viel Wert sollte man auf das Anschreiben und Lebenslauf legen?
Funk:
Okay. Also da gibt es jetzt gerade noch eine aktuelle Diskussion, weil die Bahn, die ja irgendwie, glaub, tausend neue Mitarbeiter sucht oder sowas, die Anschreiben abgeschafft hat. Also die wollen keine Anschreiben mehr haben.
Gibt es auch eine riesen Diskussion hier bei Recruitern und so weiter. Also ich kann dir sagen, mich interessiert das Anschreiben überhaupt nicht.
Weil, klassischer Weise ist es so, die meisten Leute haben irgendwelche Anschreiben aus irgendwelchen Vorlagen zusammenkopiert. Da steht nichts drin. Die erzählen dir dann, warum dein Unternehmen das tollste der Welt ist.
Da weißt du, das ist Bullshit, weil die dich überhaupt nicht kennen. Ja, also die haben wahrscheinlich vor einer halben Stunde das erste Mal was von dir gehört und haben dann ein bisschen rumgegoogelt und dann haben sie deinen Namen eingesetzt in diese Freizeile. Manchmal auch nicht.
Das ist auch wieder lustig, wenn dann andere Firmen-Namen da noch drinstehen. Also das Anschreiben ist, meiner Meinung nach, nicht aussagekräftig. Und wenn es aussagekräftig ist, ist es eigentlich Perlen vor die Säue, weil die meisten Leute das halt überhaupt nicht lesen.
Ein klassischer Recruiter, also jemand, der das oft macht, der guckt das Anschreiben erst mal gar nicht an. Der geht sofort in den Lebenslauf rein. Guckt, okay, sind da die Punkte drin, die ich brauche? Also ist das jemand, der mein Problem lösen kann? So und dann gehst du vielleicht noch mal zurück ins Anschreiben, guckst, ob da noch irgendwelche zusätzlichen Informationen drin sind. Also übers Gehalt, Einstiegsdatum oder Wechselmotivation.
Manchmal steht ja irgendwas drin, was irgendwie relevant ist. Meistens aber nicht. Meistens aber nicht, ja? Das ist nur Blabla.
Ich empfehle immer, wenn du ein Anschreiben machst, mache Stichpunkte. Also schreibt man, hiermit bewerbe ich mich auf die Position A, B, C. Dann gehst du in die Stellenanzeige rein.
Da stehen ja eigentlich auch immer Stichpunkte, wo drinsteht, okay, wir suchen diesen und jenen. Also das sind deine Qualifikationen. Und das nimmst du auf und sagst, und ich bin richtig für die Stelle, weil A, ich habe fünf Jahre Erfahrung in X und dann nimmst du halt die Punkte aus der Stellenanzeige auf.
Und dann machst du A, B, C, D vielleicht. Ende. Bei uns ist ja eben mittlerweile die Regel, unter Promotion kümmern nicht mal um Rechtschreibfehler.
Geropp:
Okay. Das wird so ein paar ältere Herrschaften, wie mich, ich sag mal, erstaunen. Okay.
Funk:
Es gibt keine Bewerbung mehr, die fehlerfrei ist.
Geropp:
Okay.
Funk:
Gibt es nicht mehr. Also alles, was online kommt, ist nicht mehr fehlerfrei. Und Komma, seit der dritten Rechtschreibreform ist es eh alles so ein bisschen im Vagen verschwunden, wie man Kommas setzt und was man Groß und Klein schreibt und so weiter.
Und es ist ja auch für die meisten Jobs nicht relevant. Ich meine, warum soll ein Programmierer der Orthografie-Profi sein? Das kann mir niemand erklären. Das ist Schwachsinn.
Geropp:
Ja. Verstehe ich. Was sind denn, so abschließend gefragt, typische Fehler, die man als Kandidat, wir haben jetzt viel über die Führungskräfte, die einstellen gesprochen, sprechen wir mal über den Kandidat noch zum Schluss, wo man sagt, das solltest du möglichst vermeiden.
Also Rechtschreibfehler kann man vermeiden, ist nicht mehr so schlimm, wie früher, wenn ich dich richtig verstehe. Aber was ist denn so das, was man unbedingt vermeiden sollte?
Funk:
Also, wenn ich Kandidat bin und ich habe da eine Position, die mich wirklich interessiert, dann achte ich ja auch drauf, dass meine Bewerbung einwandfrei ist. Und das ist ja auch machbar.
Der Punkt ist halt nur, du hast dir so eine Aufrüstungsspirale, also du hast jede Menge Stellenanzeigen im Internet. Das heißt, es ist viel einfacher Bewerbungen wegzuschicken. Also du hast einmal deinen Lebenslauf. Dann klickst du da im Job Port an. Klickst hier bewerben. zack. Lebenslauf dran. Wupp. Weg. Ja?
Das kannst du zehn, zwanzig Mal machen. Das hast du wahrscheinlich in zehn Minuten hast du das hinter dir, wenn du es einigermaßen clever machst und dir das Anschreiben sparst.
Doch auf der anderen Seite hast du halt Unternehmen, die genauso mit diesem Trash umgehen, die sagen, eh, da kommen Bewerbungen rein, das hat überhaupt nichts mehr mit uns zu tun.
Es hat auch gar nichts mehr mit der Position zu tun. Und das führt auch dazu, dass die Unternehmen oft gar keine Absagen mehr verschicken oder viel zu spät oder irgendwelche total belanglosen Sachen.
Das heißt, die Bewerber sagen sich, im Endeffekt interessiert die das ja eh nicht, was ich da schicke oder nicht. Und in vielen Fällen ist das ja auch so.
Und deswegen musst du eigentlich auch als Führungskraft immer dahintergucken. Also selbst, wenn da eine komplett schlampige Bewerbung kommt. Also ich habe immer ein schönes Beispiel. Einer unserer besten Teamleiter im Consulting, der war vorher Filialleiter in einer Fastfood-Kette und hat vom Handy aus seine Bewerbung geschickt.
Also den Job gesehen auf dem Handy, weil, der hatte keine Zeit. Der hat Arbeitszeiten gehabt, die waren abartig, ja? Und hat dann vom Handy seine Bewerbung geschickt und hat vergessen seinen Lebenslauf dran zu hängen.
Wo man in alten Zeiten gesagt hätte, okay, der Typ ist ballaballa. Aber der hat es einfach nur vergessen, weil es nicht sein Fokus war. So, wenn du als Bewerber es alles richtig machen willst, dann gibst du dir natürlich mehr Mühe. Ich glaube, wichtig ist es, dass du am Anfang dir halt genau überlegst, wo du hinwillst.
Und wenn du dann quasi in die Interviewphase kommst, dass du dich dann halt, ich sag ja immer Bewerben ist eigentlich ja auch wie verkaufen, dass du dich dann halt auf deinen Kunden, also auf den Interviewer genauso gut vorbereitest, wie auf ein Kundengespräch. Dass du dir halt die Ansprechpartner anguckst, dass du dich über das Unternehmen informierst, dass du dir vorher Fragen überlegst.
Dass du dir auch mal Gedanken darüber machst, okay, was sind so die typischen Fragen, die so Leute im Interview stellen. So. Also ich sag mal, wenn jemand im Interview zu dir sagt, okay, was sind so Ihre Schwächen, ist eine Schwachsinnsfrage, ja, aber sie wird halt gestellt. Und wenn du dann anfängst rumzustottern und sagst, ich komme morgens schlecht aus dem Bett und so weiter, das ist halt blöd.
Also man muss sich auf die gängigen Fragen einstellen. So, was zeichnet Sie besonders aus? Und so weiter und so weiter. Da gibt es auch ein paar Podcast-Folgen zu. Kannst du auch im Internet nach Googlen. Also man kann sich darauf sehr, sehr gut vorbereiten. Und je besser du dich vorbereitest, wenn du mal eingeladen bist, umso höher ist deine Landing-Quote. Das ist einfach so.
Das ist im Vertrieb auch so. Wenn du einfach zu einem Kunden hinfährst und sagst, mal gucken, wer da so ist und was die so machen, wirst du schlechter verkaufen, als wenn du halt weißt, okay, ich habe mir den Ansprechpartner bei XING angeguckt. Ich weiß, was der für Hobbys hat.
Eventuell habe ich sogar eine persönliche Verbindung zu dem, ja, weil er irgendwie, was weiß ich, auch in Aachen studiert hat oder so. Also du kannst ja diese ganzen Fehler, die Führungskräfte machen, als Bewerber für dich nutzen. Wenn du weißt, dass wir uns gerne mit Menschen beschäftigen, die uns ähnlich sind, dann suchst du Ähnlichkeiten mit deinem Ansprechpartner und sagst,
„Bernd, du kommst doch aus Aachen? Das ist ja cool. Ich habe in Aachen studiert.“
Schon haben wir was gemeinsam.
Geropp:
Eigentlich muss man sich nur so die typischen Vertriebs-Podcasts dann anhören, um das zu übernehmen, was man als Verkäufer wissen sollte und die dann adaptieren für mich als Kandidaten, wie ich mich selbst verkaufe. Ja.
Funk:
Absolut.
Geropp:
Das stimmt.
Funk:
Absolut.
Geropp:
Mir ist eine Sache noch eingefallen. Ich habe da auch immer mir überlegt gehabt, was ist denn eine schöne Antwort auf diese blöde Frage mit was sind deine Stärken, Schwächen?
Was ist denn Ihre Schwäche? Habe ich mal irgendwo gelesen. Nuss-Nougat-Schokolade. Das fand ich cool.
Funk:
Zum Beispiel. Das ist lustig. Also du sagst ja eigentlich, du musst es immer drehen. Du musst deine Schwäche in eine Stärke drehen so nach dem Motto,
„Ich bin ein bisschen zu ehrgeizig und ich bin immer ein bisschen zu genau.“
oder so. Das du halt eine positive Sache so ein bisschen rüber ziehst. Ich meine, du hast da natürlich Leute, die dich dann wirklich drauf nageln, aber wie gesagt noch mal, diese Frage ist diagnostisch Schwachsinn.
Ich meine, was willst du damit rauskriegen, wenn jetzt jemand sagt irgendwie, „ich quäle gerne Katzen“ oder so. Das wird der ja eh nicht machen. Das wird der ja eh nicht machen. Oder ich komme immer zu spät. Ich meine, wenn er das dann sagt, dann wäre es ja irgendwie noch berechtigt. Aber niemand, der alles beisammen hat, würde sowas machen.
Geropp:
Ja. Richtig.
Funk:
Das wäre genauso, als würdest du sagen, okay, was wäre so der minimale Lohn, für den Sie bei uns arbeiten würden?“
Geropp:
Chris, es hat mir riesen Spaß gemacht mit dir. Da ist richtig viel tolle Information rübergekommen. Ich bedanke mich recht herzlich bei dir. Klasse.
Funk:
Sehr gerne.
Geropp:
Prima. Bis demnächst. Tschüss.
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