fpg229 – Unternehmertum: Klein bleiben und trotzdem wachsen? Interview mit Oliver Gorus
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Heute spreche ich mit dem Unternehmer Oliver Gorus über Unternehmertum und Entrepreneurship.
Er hat einen Weg gefunden, wie ein Unternehmen wachsen kann ohne dabei die anfängliche Startup-Kultur aufzugeben und ohne Management Strukturen aufzubauen.
Oliver Gorus
Zwei Jahre nachdem ich mich als Führungstrainer selbstständig gemacht hatte, wollte ich ein Buch über Führung schreiben. Ich hatte da so meine Ideen, wollte mich aber von einem Buchexperten lenken und unterstützen lassen.
Deshalb nahm ich 2011 Kontakt mit Oliver Gorus auf. Sein Team und er haben mir bei meiner Positionierung als Geschäftsführercoach und Führungstrainer wie auch bei meinem Buch: „Ist die Katze aus dem Haus – So arbeiten Ihre Mitarbeiter eigenverantwortlich und selbstständig“ maßgeblich geholfen.
Das Buch ist ein LongSeller geworden. Es ist nun schon in der 5. Auflage erschienen und verkauft sich immer noch recht gut. Ich kann eindeutig sagen: Ich verdanke den Erfolg meines Buches zu einem großen Teil der hervorragenden Expertise und Zusammenarbeit mit Oliver Gorus und seinem Team.
Unternehmertum
In er heutigen Podcastepisode unterhalte ich mich mit dem Unternehmer Oliver Gorus nicht über Bucherstellung sondern über das Unternehmertum.
Er konnte nämlich in den letzten Jahren mit seinem Unternehmen expandieren. Daraus ergaben sich aber auch Wachstumsschmerzen in seinem Unternehmen.
Wachstumsschmerzen
Je größter seine Agentur rund um Strategie, Positionierung und Bucherstellung wurde, desto weniger Spaß machte es ihm und desto weniger profitabel war sein Unternehmen.
Die ursprüngliche Startup Mentalität, der Spirit von den ersten 10 Jahren, der war nicht mehr da. Er und sein Team haben sich immer mehr mit internen Prozessen und Strukturen beschäftigt statt sich auf die eigentliche Wertschöpfung und den Kunden zu konzentrieren.
Gesund schrumpfen oder Managementstrukturen?
In dieser kritischen Situation wurde ihm geraten, entweder sein Unternehmen gesund zu schrumpfen und so wieder zu der Startup-Mentalität zu kommen.
Oder aber – wenn er weiter wachsen wolle – tja dann müsste er sich darauf ein lassen, typische Strukturen und Managementorganisationen professionell einzuführen. So wie es eben auch die größeren Unternehmen tun.
Beides wollte er nicht. Er wollte für sich und sein Unternehmen einen Weg finden, weiter zu wachsen und trotzdem auf Managementstrukturen zu verzichten. Und er hat es geschafft.
Freuen Sie sich mit mir auf ein spannendes Gespräch mit Oliver Gorus rund um das Thema wachsen und trotzdem klein bleiben.
Weiterführende Links
Transkribiertes Interview mit Oliver Gorus über Unternehmertum
Geropp:
Oliver, du hast mehrere Unternehmen rund um deine Personenmarke, Oliver Gorus, aufgebaut. Beschreibe doch bitte mal kurz, wofür du stehst, also deine Positionierung und für welche Kunden du da bist mit deinem Unternehmen.
Gorus:
Gern, ich fang da hinten an. Die Kunden, für die meine Unternehmen da sind, das sind Menschen, die was zu sagen haben und wir sorgen dafür, dass sie gehört, gesehen und gelesen werden.
Und was sind das für Leute? Das sind dann, ich habe hier eine kleine Liste, das sind dann Trainer, Berater, Unternehmer, Coaches, Redner, Professoren, Autoren, Manager, Politiker, Schauspieler, Sportler, Ärzte, Psychologen, Forscher, Journalisten, Winzer, Fotografen, Künstler, Therapeuten, aber alles irgendwie Leute/
Geropp:
Quer Beet.
Gorus:
Quer Beet. Genau. Aber Leute, die interessant sind auch in irgendeiner Art und Weise und die deshalb auch ein Publikum haben.
Also bei uns ist doch dieses Kriterium, ist es jemand, der Publikum hat oder ist es jemand, der Publikum ist? In unserer Gesellschaft gibt es eben einige Leute, die Publikum haben, weil sie interessant sind und was interessantes zu sagen haben. Das sind unsere Klienten.
Geropp:
Also ich erinnere mich, dass ich, als mein Buch raus kam, das mit eurer Hilfe gemacht habe und das war für mich ein Augenöffner mit euch damals zusammenzuarbeiten.
Ich wollte 2011 so ein Buch, hatte da auch schon was und du hast mir sehr schön mit so einem Workshop den Kopf gewaschen. Da ging es um meine Positionierung. Das war schon mal extrem hilfreich, um dann nachher wirklich ein gutes Buch mit euch gemeinsam auf den Markt zu bringen.
Und damals in der Zeit, da war das auch schon diese Positionierung, dass ihr gesagt habt, die Leute, die was zu sagen haben, ne? Das hat sich durchgezogen.
Gorus:
Das hat sich durchgezogen. Das hat sich relativ schnell, also die Agentur, die ist ja 2002 gegründet worden und diese Fokussierung so, wie ich sie jetzt genannt hatte, auf Leute, die was zu sagen haben, die war schon relativ früh da.
Nach drei, vier Jahren hatte die sich schon so herausgebildet. Aber dass es dann so konkret und auch so breit geworden ist, das hat sich im Lauf der Zeit eben entwickelt. Ich möchte noch kurz eingehen auf den Anfang deiner Frage, wo du gesagt hast, ich hätte die Unternehmung rund um die Personenmarke Oliver Gorus aufgebaut.
Sehe ich natürlich gar nicht so, weil Gorus eigentlich gar keine Personenmarke ist, es ist die Unternehmensmarke und ich auch glaube, dass es Personenmarken überhaupt gar nicht gibt.
Geropp:
Das ist ja spannend. Okay. Da höre ich jetzt gerne mal zu. Das ist ganz anders, als ich meine Überlegungen habe, ja?
Gorus:
Du willst eine Begründung hören. Zu Recht auch, ja? Also Oliver Gorus ist einfach mein Name und dein Name ist Bernd Geropp. Das heißt, also wenn man Marke auf eine bestimmte Art und Weise versteht, hat jeder Mensch auf der Welt eine Marke, nämlich ab der Taufe. So.
Das heißt einfach die Bezeichnung eines Menschen, damit man die Leute auseinanderhalten kann. Aber eine Marke im Sinne des Marketings oder des Brandings, die gibt es, meiner Ansicht nach, für Unternehmen und für Produkte. Aber Mensch ist keine Produkt.
Ein Mensch ist auch kein Unternehmen. Ein Mensch ist viel komplexer und entwickelt sich viel stärker, hat viel, viel mehr zu sagen als jede Produktmarke. Und die Mechanismen des Brandings oder des Marketings mit Marken, die sind viel zu schlicht und viel zu simpel, um sie auf Menschen anzuwenden. Vieles, was für das Branding oder für Markenkommunikation für Produkte in Unternehmen gilt, wird falsch, wenn man es auf Menschen anwendet.
Geropp:
Ja, da bin ich bei dir. Das passt schon.
Gorus:
Deswegen halte ich auch so eine begriffliche Trennung eigentlich für gut, dass man sagt, okay, Marken, das ist was für Produkte und für Unternehmen und Menschen, das sind Persönlichkeiten.
Die als Marke abzustempeln, das würde dem ja nicht gerecht werden. Das ist viel zu eng. Eine Marke steht für viel zu wenig. Ein Mensch steht für viel mehr. Also nur ein Beispiel: Wenn du Markenkommunikation machst, dann musst du ja immer wieder die gleichen Inhalte transportieren, damit die Marke damit verbunden wird. Das sind einige wenige Inhalte, so BMW Freude am Fahren.
Wenn ein Mensch nur so wenig zu sagen hätte und das ständig tun würde, dann wäre es erstens furchtbar langweilig, es würde überhaupt niemand interessieren. Und die einzige Nische, wo man dann überhaupt noch zu Potte käme, wäre wahrscheinlich irgendwie die Politik im Bierzelt oder so.
Geropp:
Okay. Ich verstehe. Nichtsdestotrotz heißt deine Übermarke von deinem Unternehmen jetzt ist vielleicht der Begriff falsch „Oliver Gorus.“ Das heißt, man verbindet, denn man hat im Marketing ja durchaus einen Vorteil, wenn man das Unternehmen mit einer Person verbindet oder?
Gorus:
Ja, also weil man dann halt so einen gewissen Gründungsmythos auch hat. Also Daimler heißt halt Daimler, da gab es den Gottlieb mal. Aber ansonsten ist es einfach nur der Nachname, der dann dafür steht.
Klar, da gibt es dann wieder auch Leute, die einem raten, hey, mach das bloß nicht, sonst kannst du das später mal nicht verkaufen das Unternehmen. Aber erstens steht das irgendwie so gar nicht zur Debatte und zum anderen, warum denn nicht? Warum sollte man das dann auch nicht verkaufen können, wenn das den Personennamen hat?
Geropp:
Das sehe ich auch so. Ja. Ja. Also ich sehe es eher als einfacher an, weil es zumindest am Anfang einfacher ist in den Markt zu kommen mit einer Person, als mit einer Produktmarke oder ähnlichem?
Gorus:
Ja. Also eigentlich ist das auch so historisch gewachsen und irgendwann mal hatte ich mir diese Frage gestellt. Also bei der ersten Zellteilung, als aus einem Unternehmen dann mehrere geworden sind. Und damals habe ich mir den Gedanken auch gemacht.
Das war ja eine Chance, um die ganzen neuen Unternehmen neu zu benennen und ich bin dann dabei geblieben meinen Nachnamen also Gorus jeweils dann mit davor zu setzen, um die Kontinuität drin zu haben und auch sozusagen den Qualitätsmaßstab, den viele mit mir dann verbinden, dann auch zu übertragen.
Geropp:
Genau. Ja. Ja. Das kann ich gut nachvollziehen. Jetzt sagtest du ja, in den ersten Jahren ist dein Unternehmen als Agentur gewachsen. Das war ein Verbund. Und irgendwann aber ist was passiert.
Irgendwann hast du bemerkt, dass es irgendwie nicht mehr so schön ging, wie am Anfang. Also dieses typische Startup-Feeling, das ist dann nicht mehr da gewesen. Die Prozesse wurden anscheinend schwieriger, komplexer alles. Wie hat sich das für dich gezeigt? Welche Auswirkungen hat das? Und wie hast du das wahrgenommen?
Gorus:
Ja. Ja, das war, sage ich mal so, nach zehn Jahren ungefähr, da waren es dann irgendwie deutlich über zehn Mitarbeiter, es waren 12, 13 Mitarbeiter ungefähr damals. Da war noch nicht so eine richtige Struktur drin, sondern die ist so Startup mäßig gewachsen.
Und das Geschäftsfeld wurde aber komplexer. Die Kunden haben an uns gezogen. Die wollten mehr von uns als einfach irgendwie dass wir an ihren Buchmanuskripten arbeiten, sondern da sind sehr viel mehr Anforderungen des Marktes auf uns zugekommen, dass wir auch, insbesondere ich, ich wollte das machen, und das Leistungsangebot ist komplexer geworden und es sind mehr Mitarbeiter geworden. Und dann ist was passiert, was ich vorher nicht für möglich gehalten hatte. Nämlich, dass plötzlich die Arbeit keinen Spaß mehr gemacht hat.
Geropp:
Dir keinen Spaß mehr gemacht hat oder auch den Mitarbeitern?
Gorus:
Beides. Ich habe mich dann gefragt, was ist denn eigentlich los? Und was ich gemerkt habe, die Leute, also meine Mitarbeiter, die wollten plötzlich gemanagt werden. Also haben Management eingefordert im Sinne von plötzlich gab es ganz viele Meetings.
Plötzlich wurde ein Berichtswesen eingefordert. Das gab Übergaben und Übergaben-Protokolle. Es wurden Zielgespräche gewollt von den Mitarbeitern. Und es kam lauter so Management-Zeugs, das man aus größeren Unternehmen kennt. Letztlich aber gar nicht von mir, sondern von den Mitarbeitern. Und der Kern, und ich habe mich natürlich viel mit den Leuten unterhalten damals, aber der Kern dessen war eigentlich, dass sie bewusst oder unbewusst Verantwortung abgeben wollten.
Also der Laden wurde größer und damit auch ist es praktisch über ihren Kopf hinausgewachsen gewesen. Die wollten nicht mehr die Verantwortung für das Ganze übernehmen, wollten irgendwie so einen Teil, einen überschaubaren, weniger komplexen Teilabschnitt, wo sie dann bereit waren Verantwortung zu übernehmen, aber alles andere ist ihnen zu groß geworden.
Und jetzt stand ich vor der Wahl. Ich habe das akzeptiert und ich habe das auch jetzt nicht als Kritik, ich habe meine Mitarbeiter nicht kritisiert, sondern ich habe das als einen natürlich Prozess verstanden, der halt so kommt automatisch. Und ich stand vor der Wahl zu sagen, ja gut, du hast jetzt zwei Möglichkeiten. Und ich habe auch mit Unternehmern darüber gesprochen, die mir das auch bestätigt haben.
Du hast zwei Möglichkeiten als Unternehmer. Entweder du entscheidest dich jetzt dafür klein zu bleiben, dich von ein paar Leuten zu trennen, wieder sich gesund zu schrumpfen und auch wieder profitabler zu werden, weil, es war eine Zeit, wo so viel geredet wurde über die Arbeit, dass wenig gearbeitet wurde. Also es war nicht profitabel auch.
Ich habe in der Zeit wirklich kein Geld verdient. Und der Rat war, schrumpf dich wieder kleiner. Als du noch kleiner warst, hat es besser funktioniert. Arbeite an der Qualität. Werde besser. Du kannst dann die Preise erhöhen. Das Ganze wird wieder profitabler und wird dann wieder mehr Spaß machen.
Die anderen haben gesagt,
„Hey, wenn der Markt so an dir zieht, wenn deine Leistung so gut angenommen wird, dann musst du wachsen. Das heißt aber, du musst dich jetzt professionalisieren. Du musst jetzt Managementstrukturen einführen. Du musst jetzt eine neue Ebene unter dir einziehen von Managern, die die Teams leiten. Du brauchst Leiter. Du brauchst Steuerungsmechanismen. Du brauchst die ganzen Zielgespräche jetzt und es muss professionalisiert werden.“
Und was weiß ich noch alles. Also praktisch diese ganzen Instrumente aus größeren Unternehmen, was man halt so macht, sollte ich dann eben auch nach und nach einführen. Das war der Rat der anderen Seite.
Ich habe mir beides angehört, habe mir beides durchdacht. Habe auch beides ein Stück weit ausprobiert eine Zeitlang so vor sechs, sieben Jahren. Und ich war mit beidem nicht zufrieden. Ich habe zu beidem nein gesagt. Ich habe zu beiden gesagt,
„Ich will weder das eine, noch das andere. Verflucht noch mal, ich will nicht klein bleiben, ich will wachsen, weil warum soll ich irgendjemand diese Leistungen, wenn sie denn gut sind vorenthalten und auf der anderen Seite, ich will dieses ganze Management-Gedöns nicht, weil sonst kreisen wir nur noch um uns selbst und beschäftigen uns mit uns selbst und dann hat 50 Prozent der Arbeit gar nichts mehr mit dem Kunden zu tun und ist eigentlich gar keine Arbeit, sondern ist irgendwie Beschäftigung mit sich selbst. Habe ich auch überhaupt keine Lust zu. Und dieses viele reden geht mir sowieso auf den Geist. Zu fünft um den Tisch rumsitzen und die Zeit verplempern, eine Stunde sind fünf Mann-Stunden, wie teuer, wie wahnsinnig. Und das muss alles der Kunde bezahlen. Das ist auch nicht fair.“
Ich habe mir gesagt, wenn ich für meine Klienten auch in Zukunft eine Leistung anbieten will, muss ich klein bleiben. Ich will aber auch wachsen. Wie kriege ich das? Wie kriege ich das? Wie kriege ich das? Klein bleiben und wachsen gleichzeitig?
Ja und dann irgendwann hatte ich die Idee. Die kam auch nicht aus heiterem Himmel und ich habe sie auch nicht erfunden. Ich habe ja, da wir uns sehr viel mit Management-Autoren beschäftigt haben, weil wir die beraten haben, weil wir denen geholfen haben beim Publizieren und bei der Selbstvermarktung, habe ich natürlich ein sehr engen Draht gehabt zu vielen avantgardistischen Autoren, die sehr interessante Sachen beobachtet haben und zu sagen haben. Und mit denen konnte man sehr, sehr niveauvolle Gespräche führen über diese Frage.
Und ich bin drauf gekommen, die Lösung wäre immer dann, wenn ein Team zu groß wird, dann teile ich es und mache zwei Teams draus. Aber mehr noch. Ich könnte ja auch einfach solche Abteilungen bilden oder mehrere Teams bilden, mehr noch, ich mache jedes Team zu einer eigenen Firma.
Geropp:
Da würden dir die normalen Leute ja sagen, „ja, aber dann fehlen ja die Synergie-Effekte, gell?“
Gorus:
Nein, die sind noch genauso da. Also es kommt drauf an, wie man es teilt. Es kommt drauf an, wie man es teilt.
Also es ist wichtig, ist es meine Lösung, ist das in jeder Firma, die sich da bildet, die so nach so einer Zellteilung dann autark und eigenständig bilanziert, die also nicht jetzt irgendwie innerhalb eines Konzerns oder so, sondern die wirklich autark nur für sich steht, sich komplett selbst refinanzieren muss, selber komplett profitabel sein muss, das geht nur, wenn vollständige Wertschöpfungskreisläufe drin sind.
Wenn also das Team von A bis Z leisten kann, ohne angewiesen zu sein auf irgendjemand anderes. Anders als Abteilungen in Unternehmen, wo jede Abteilung für sich gar nichts kann, immer die anderen dazu braucht.
Also man muss drauf achten, wie man es teilt. Und dann habe ich aber den Vorteil, dass jedes Unternehmen wieder ein Startup ist. Bedeutet, dass jeder Mitarbeiter alles weiß, alles kennt, alles kann innerhalb dieses weniger komplexen Unternehmens und komplett identifiziert ist, also voll dahinter steht und nicht diese Distanzierung da ist, dass man sagt,
„Ich übernehme nicht mehr für das Ganze die Verantwortung, das ist mir zu groß, das ist mir komplex. Ich will meine Abteilung haben und ich will gemanagt werden.“
Das habe ich dann nicht mehr, sondern die Mitarbeiter, die sagen sich,
„Wir wollen jetzt gemeinsam erfolgreich sein und wir wollen diesen kleinen Laden, den wollen wir zum Wachsen bringen und den wollen wir erfolgreich machen. Und wenn es dann irgendwann wieder mal eine Zellteilung gibt, weil wir wieder irgendwie acht, neun, zehn, elf, zwölf Mitarbeiter sind und es nicht mehr geht, ja wie cool ist das denn, dann kriegen wir ein neues Geschäftsfeld und kriegen neue Aufgaben, haben die Chance irgendwo hin zu wechseln vielleicht und es bleibt immer in Bewegung, bleibt immer interessant und wir können jeweils immer unser Bestes geben und haben auch diese Erfolgserlebnisse.“
Geropp:
Ja. Ja. Was ist genau deine Rolle dann bei diesen jetzt. Ich meine, wenn man sich das mal anschaut, du hast jetzt vier oder fünf, glaube ich, was ist deine Rolle in diesen
Gorus:
Ich sehe mich also erstmal so ganz natürlich als der Inhaber.
Geropp:
Ja. Gut.
Gorus:
Mir gehört der Laden. Und als der Unternehmer, das heißt, als derjenige, der dafür Sorge zu tragen hat, dass ein Umfeld geschaffen wird, in dem dieses Unternehmen wachsen und gedeihen kann.
Dazu gehört insbesondere die Zusammenstellung der Teams. Also ich wirke auch mit, wenn es drum geht neue Produkte zu kreieren, also neue Leistungen sich auszudenken, neue Prozesse zu bauen.
Da werde ich dann hinzu gezogen vom Team, wenn die eine Idee haben oder ich habe selber Ideen und gebe die rein und entwickle die dann gemeinsam mit dem Team, mit dem jeweiligen.
Das heißt, dieses am Unternehmen arbeiten statt im Unternehmen arbeiten, das ist wirklich Realität geworden seitdem ich das mache. Ich bin nicht mehr der Chef. Ich verstehe mich auch überhaupt nicht als Chef. Der Chef ist irgendwie der Leiter einer operativen Einheit.
Das heißt, ich stehe dem vor oder bin im Operativen drin und alle fragen mich und lassen mich die Entscheidungen treffen. Das mache ich nicht. Bei uns ist es so, dass jeder Mitarbeiter alle operativen Entscheidungen treffen darf und das auch tut.
Geropp:
Wie ist das? Das sind ja GmbHs. Übernimmt dann einer die Geschäftsführer-Rolle oder wie habt ihr das geregelt?
Gorus:
Im Moment ist es so, dass die normale Geschäftsführer-Rolle, das heißt, die auch die strategischen Entscheidungen und die nicht operativen Entscheidungen bei einigen dieser GmbHs bin ich der Geschäftsführer. Ich ziehe mir aber jetzt auch so nach und nach aus dem Team die fitten Leute raus und ziehe sie hoch und teile mir mit denen die Geschäftsführung. Und gebe dann auch immer mehr ab, was das angeht.
Im Operativen bin ich aber gar nicht mehr drin. Also ich habe keine Ahnung, wann die welche Termine haben, wann die Urlaub nehmen, wann dann bei welchen Klienten, wo sind und so weiter.
Das interessiert mich auch gar nicht so sehr. Wenn die eine Frage haben, wo ich helfen kann, dann fragen die mich. Wir nennen das konsultieren. Und dann kommen die auf mich zu und dann versuchen die eben mein Know-How oder auch meine Erfahrung irgendwie da mit einzubeziehen. Aber die sind sehr stolz drauf, auch selber dann zu entscheiden oder Entscheidungen zu treffen.
Geropp:
Das glaube ich.
Gorus:
Und die treffen teilweise echt harte Entscheidungen auch.
Geropp:
Mich würde mal interessieren, wenn du, das funktioniert ja alles super, wenn das Ding profitabel ist. Was machst du, wenn es nicht profitabel ist? Also jetzt habt ihr was ausgeklinkt.
Jetzt sagst du dem Team, hier zwei Jahre lang, wenn es nicht so läuft, wir wollen das ja aufbauen, ist okay. Aber irgendwann muss das Ding ja dann auch profitabel sein. Was machst du, wenn es nicht profitabel ist?
Gorus:
Das kommt auch vor. Ich habe die Erfahrung jetzt gerade gemacht. Wenn es nicht profitabel ist, dann versuche ich erst mal gemeinsam mit dem Team rauszufinden woran es liegt, um es profitabel zu kriegen. Manchmal sind es Personalentscheidungen. Also manchmal muss man überlegen, ob es die richtigen Leute sind.
Geropp:
Ganz kurz, entscheidest du das oder entscheidet das Team?
Gorus:
Also da ja meine Aufgabe ist für die Bedingungen zu sorgen, dass die leisten können, verstehe ich das so, dass ich das letzte Wort habe, mit welchen Leuten ich zusammenarbeiten will. Da ich der Inhaber bin, da sage ich einfach, ich entscheide letztendlich mit wem ich Lust habe zusammenzuarbeiten und mit wem nicht.
Und ich arbeite nur mit Leuten zusammen, die ich mag. Wichtigstes Kriterium. Neben dem Können und so weiter, ein wichtiges Kriterium, wenn ich jemanden nicht mag, also persönliche Sympathie, dann werde ich ihn nicht einstellen. Warum sollte ich das tun.
Geropp:
Ja. Ja. Ich verstehe. Ich verstehe. Aber du hast ihn ja jetzt nun schon eingestellt. Vielleicht hast du dich vertan. Was machst du dann? Also wenn ich dich richtig verstehe, du sagst, Bernd, wenn ich zwei Jahre das sehe und ich habe mich vertan bei der Einschätzung oder es passt nicht, dann ist es meine Aufgabe als der Unternehmer dann dafür zu sorgen, dass ich sage, pass auf, du passt leider nicht in das Team. So verstehe ich das.
Gorus:
Also wenn es nur wäre, dass jemand wirklich nicht passt, dann würde ich das so machen. Dann würde ich mich mit ihm zusammensetzen und irgendeine Lösung finden, weil, der wird dann sicherlich nicht sehr glücklich sein bei uns.
Aber ich habe jetzt so eine ganz interessante Situation gehabt, dass ein Unternehmen nicht gut gelaufen ist und nicht profitabel war und da der Wurm drin war, ich aber alle Leute, die da arbeiten eigentlich gut finde.
Geropp:
Okay.
Gorus:
Was da nicht funktioniert hat, die konnten nicht zusammenarbeiten. Also die Konstellation war echt so, dass die miteinander nicht konnten und die sind sich so dermaßen selber im Weg gestanden und haben sich so blockiert gegenseitig, dass die nicht richtig geleistet haben.
Da bin ich jetzt so verfahren: Also ich habe diesen Laden wirklich dicht gemacht. Ich habe also die Firma komplett geschlossen. Ich habe die abgemeldet und ich habe aber die Mitarbeiter auf verschiedene neue Aufgaben in anderen Unternehmen verteilt, weil jetzt fiel auch gerade eine Zellteilung an.
Das heißt, es sind jetzt auch neue Gesellschaften angemeldet worden und ich habe dieses nicht funktionierende Team auseinander genommen und verteilt und habe die Leute an anderer Stelle eingesetzt, wo sie, meiner Ansicht nach
Geropp:
Wo es besser funktioniert.
Gorus:
besser leisten können.
Geropp:
Okay. Ja.
Gorus:
Aber ich habe das auch nicht einfach so nach Gutsherren-Art gemacht, sondern das ist ein Prozess gewesen über ein halbes Jahr. Also ich habe intensiv mit allen gesprochen und die machen das alle freiwillig und die finden das gut. Und die freuen sich auch, dass es weitergeht.
Geropp:
Du sagst, du teilst, wenn es was zu groß wird ein Unternehmen. Mir ist noch ein bisschen unklar, wann passiert das und was ist dein Entscheidungskriterium wann du diese Trennung machst? Und wie bereitest du das vor?
Gorus:
Also ich habe da so nach und nach im Lauf der Jahre so eine Sensorik entwickelt. Mir ist das Kriterium, wenn ich merke, dass Management Einzug hält, also dass Management-Techniken oder Tools gefordert werden vom Team. Das ist für mich so das Kriterium. Also wir arbeiten normalerweise komplett ohne Meetings. Es gibt keine Meetings bei uns.
Und wenn die ersten Meetings so kommen, so ein Jour Fix oder irgendwas plötzlich da ist oder wenn der erste irgendwelche Dokumente entwirft, so Templates, um irgendwelche Berichte vorzubereiten oder sowas. Also es schleicht sich ja so ein. Wenn sowas passiert, dann klingeln bei mir die Alarmglocken und dann setze ich mich mit den Leuten zusammen und sage,
„Okay, mein Vorschlag, wir teilen es. Wo teilen wir es? Wie machen wir es?“
Geropp:
Und wo würdest du die Sachen dann teilen? Also nehmen wir mal an, wir haben da jetzt so einen Bereich mit zehn Leuten. Du merkst, jetzt wollen sie da Meetings haben und das. Woran machst du das dann fest? Sind das dann zwei Geschäftsmodelle, weshalb man das braucht oder wo ist das?
Gorus:
Also ich kenne da keine Regel. Es ist nur so, ich kann mir gut vorstellen, dass irgendjemand auf die Idee kommt und sagt, man schaut nach den Kunden und macht eine regionale Teilung, wie Aldi Nord oder Aldi Süd oder irgendwas, oder verschiedene Kundensegmente oder was auch immer.
In meiner Denke oder für unser Unternehmen ist es, dass wir nach den Leistungen schauen. Also welche Leistungen erbringen wir für wen und welche Tätigkeiten innerhalb der Leistungen passen denn gut zusammen?
Also der Gedankengang ist folgender: Ich will, wenn so ein Unternehmen gewachsen ist und dann nicht mehr so gut funktioniert in dieser Selbstorganisation, dann möchte ich, dass wir wieder besser werden in unseren Leistungen für die Klienten. Wie werden wir besser?
Wenn jeder Mitarbeiter über alles informiert ist und alles im Griff hat und das Arbeitsfeld nicht so komplex ist, sondern einfach genug ist, damit es in diesem kleinen Team funktioniert.
Damit es klein genug ist und damit die Arbeit nicht so komplex ist, muss ich schauen, dass die Tätigkeiten ähnlich sind innerhalb des Teams. Und um das zu tun, schaue ich, welche unserer Leistungen passen zusammen? Also welche Cluster gibt es denn da im Tagesablauf? Und dann ergibt sich so natürlich so eine Teilung. Ich kann ein Beispiel geben.
Wir haben ja gerade so eine Zellteilung gemacht. Wir hatten aus einem Team hatten wir, da hatten sich im Lauf der Zeit mehrere Leistungen so angelagert, weil sie einfach von den Kunden gefordert worden sind. Darunter waren auch so Leistungen, wie Buchproduktion, also Autoren, die selbst verlegen, deren Bücher richtig professionell zu produzieren und nicht so am Küchentisch so mit BoD, sondern richtig schöne Bücher zu machen. Dann Website-Produktion, dann Audio-Produktion für Hörbücher, dann E-Book-Produktion.
Also alle diese Produktionssachen, die haben alle einen relativ ähnlichen Ablauf, also einen relativ ähnlichen Prozess. Die Tätigkeiten sind relativ ähnlich, auch wenn es total andere Gewerke sind jeweils. Während das Publicity-Management, das heißt, die Vermarktung unserer Klienten an Redaktionen, Managen der Social Media Kanäle, die Blogs, also das am Laufen halten der Blogs und füllen mit Inhalten und diese Dinge und auch so diese strategischen Beratungssachen, die funktionieren anders.
Und da hat sich dann ganz natürlich so eine Vertiefung gebildet. Wenn man da ein bisschen weiter gräbt, hat man sofort zwei unabhängig voneinander funktionierende Wertschöpfungs-Kreisläufe. Das eine sind die ganzen Produktionen und das andere ist das Publicity-Management.
Und gibt es jetzt nach dieser aktuellen Zellteilung am 1.1. gibt es jetzt die Gorus Media GmbH und die die Gorus Publicity GmbH. Das Team hat sich aufgeteilt und die Leute sind freiwillig entweder in die eine oder die andere. Und nach kurzer Zeit ist das relativ schnell so stand es fest, wie wir das machen.
Geropp:
Das verstehe ich. Wie machst du es mit dem Vertrieb? Ich meine, die Kunden sind ja die gleiche Kundengruppe. Da wird es Kunden geben, die kaufen vielleicht beides, sondern welche, die nur das eine oder das andere oder?
Gorus:
Ja, es gibt eine Schnittmenge. Also es gibt gemeinsame Klienten. Da wirft man sich halt gegenseitig den Ball zu und ist miteinander auch in Kontakt und tauscht sich aus. Das sind so Schwester-Firmen sozusagen befreundete Firmen, kann man sagen, wobei es da auch keine festen Meetings oder feste Kanäle oder so, sondern es sind einfach befreundete Firmen, wo man miteinander über den Klienten redet, um mit dem möglichst gut klarzukommen und man schickt sich den auch gegenseitig hin und her. Aber es gibt auch einen großen Teil von Klienten, die nur das eine oder nur das andere machen.
Geropp:
Okay. Das heißt, jedes Unternehmen hat und muss auch seine eigene Vertriebsstrategie haben, damit sie an ihre Kunden kommen?
Gorus:
Ganz genau. Und das entwickelt sich dann auch. Also die, wie gesagt, es müssen komplette Wertschöpfungskreisläufe sein. Das Unternehmen kann sich nicht drauf verlassen, dass man sich einfach nur aus dem Pool unserer Unternehmensgruppe sich bedient mit Klienten, sondern man muss sich überlegen, das was wir da anbieten, das ist doch auch noch für ganz andere Kunden interessant. Also zum Beispiel das, was die Gorus Publicity leistet, ist für Einzelpersönlichkeiten interessant, nicht für Firmen, sondern Einzelpersönlichkeiten.
Was aber die Gorus Media mit der Medienproduktion anbietet, das ist für Firmen auch interessant. Hoppla. Das ist was ganz neues. Das Team macht sich jetzt Gedanken, wie kommen wir denn an die Firmenkunden ran. Es ist was neues. Also wie machen wir das denn?
Geropp:
Ich verstehe jetzt, was der Reiz ausmacht. Das ist wirklich, wie du schon schön sagst, dieser Startup-Charakter.
Gorus:
Ja. Genau.
Geropp:
Und das kann ich mir auch gut vorstellen, das funktioniert noch mit dieser für mich immer magischen Zahl sieben. Sieben plus, minus so ein bisschen. Das geht auch noch mit neun vielleicht. Irgendwann, sobald es zweistellig wird, ist es bei der Führung, wie auch bei Teams an sich, irgendwann zerfallen die. Und dann kommt dieses ganze Management-Zeug rein.
Gorus:
Ganz genau.
Geropp:
Und wenn ich dich richtig verstehe, sagst du, und hake ich dann rein, dass wir sagen, das müssen wir aufbauen, weil ich möchte, dass diese Unternehmensgruppen immer schön Startup mäßig unterwegs sind. Da haben die auch am meisten Spaß.
Das bedeutet aber, du musst auch immer darauf achten, dass du die richtigen Mitarbeiter hast, die sich da in diesem Umfeld auch wohl fühlen. Da würde ich gerne noch mal von dir wissen, worauf achtest du bei der Mitarbeiter-Einstellung und überhaupt, welche Mitarbeiter passen in dein Konstrukt rein am besten?
Gorus:
Ja. Das gibt es eine ganz interessante Geschichte dazu. Als ich die erste Zellteilung gemacht habe im Jahr 2013, glaube ich, war das, vor sechs Jahren ungefähr, ja? Sind mir bis auf eine Mitarbeiterin alle abhandengekommen.
Geropp:
Okay. Das ist aber heftig.
Gorus:
Ja. Nach und nach, es ist praktisch einmal komplett durchgewechselt. Und ein anderer Typus ist gekommen. Es gab nämlich Leute, die dann erstens wahrscheinlich gedacht haben, jetzt spinnt der total der Alte. Jetzt dreht er total durch. Dem vertrauen wir nicht mehr, dass der irgendwie das hinkriegt. Da gehen wir mal lieber bevor es irgendwie zusammenknallt.
Das waren sicherlich ein paar. Und dann gab es aber auch welche, die dann die Felle davon schwimmen gesehen haben, weil die dachten, die können bei mir nicht mehr Karriere machen, die können der Manager sein und der neue Teamleiter und so weiter. Nachdem klar war, in den neuen Unternehmen gibt es überhaupt gar keine Teamleiter, sondern sie sind alle hierarchisch auf einer Ebene, es gibt nur die informelle Hierarchie, die in Menschengruppen immer da ist, aber es gibt keine formelle Hierarchie.
Nachdem das klar war, dachten die sich, na ja, dann gehe ich woanders hin, weil, ich will eine Führungskraft sein. Dann gab es noch eine Gruppe von Mitarbeitern, die gemerkt haben, jetzt kann ich mich nicht mehr verstecken. Jetzt muss auch ich leisten. Jetzt kann ich mich nicht mehr hinter dem Leistungsträger verstecken. Jetzt kann ich keine Verantwortung mehr abgeben. Das war nicht mehr möglich. Und diese Typen habe ich alle verloren in der Zeit oder habe mich auch ganz bewusst von denen getrennt.
Was neu gekommen ist und beim Einstellungsprozess sind wir jetzt eigentlich immer besser geworden in der letzten Zeit, ich habe jetzt in der letzten Zeit nur noch Leute dazu bekommen, die auf das, was wir da machen, diesen Startup-Charakter total Bock haben, total Lust drauf haben auf diese permanente Veränderung, dass man nie irgendwo ankommt und nie irgendwo ein Ziel definiert und dann da angekommen ist und dann da bleibt und dann immer das gleiche macht, sondern dass es sich immer weiter entwickelt, immer weiter verändert, die genau das toll finden.
Das sind aber auch Leute, die sehr bereitwillig Verantwortung übernehmen und die ganz große Ohren bekommen, wenn man sagt, bei uns entscheidet operativ jeder Mitarbeiter alles. Immer. Und jeder Mitarbeiter weiß auch immer alles. Also alle Daten sind transparent und offen bis hin zu den Kollegen, alles. Man weiß alles.
Und jede Entscheidung, selbst wann man arbeitet, wo man arbeitet, wann man Urlaub nimmt und so weiter, alle Entscheidungen trifft man selbst. Da gibt es keinen Entscheider, der dann was absegnet. Es gibt niemand, der etwas frei gibt. Es gibt niemand, der etwas genehmigt. All diese Prozesse gibt es nicht, sondern jeder Mitarbeiter muss selber für sich und im Sinne des Unternehmens schauen, was die beste Lösung im jeweiligen Moment ist.
Geropp:
Das finde ich also/ Ganz kurz, muss ich mal kurz rein.
Gorus:
Bitte.
Geropp:
Das finde ich faszinierend auch von deiner Rolle her, weil nach wie vor, wir haben es ja am Anfang gehabt, steht ja Oliver Gorus oder zu mindestens Gorus drüber.
Gorus:
Ja.
Geropp:
Das heißt, wenn da was schief geht, ja/
Gorus:
Wenn was schief geht, hänge ich voll drin.
Geropp:
Da hast du ja sicher auch für dich eine, ja, Entwicklung mitgemacht oder? War das von Anfang an für dich einfach oder wie hast du diese Entwicklung empfunden? Du musst ja abgeben. Das ist ja schwer.
Gorus:
Ja. Ja. Ich gebe voll ab, aber halte voll den Kopf hin. Genau. Aber das gilt in dieser Konstruktion für jeden Mitarbeiter. Jeder Mitarbeiter hält auch voll den Kopf hin, weil die Teams sind so klein, da ist es unter den Kollegen zum Beispiel wenn mal einer in einer Phase, wo es eng ist und wo alle ranmüssen, da gibt es Deadlines und wir wissen, wir müssen am Freitag muss das alles über die Bühne sein für den Klienten, dann hält man eigentlich zusammen, wie ein gutes Fußballteam.
Das passt ja auch von der Größe ungefähr. Da müssen alle kämpfen miteinander und die Situation meistern. Wenn dann einer dabei ist, der das nicht macht, der dann sagt, es ist Freitagmittag, es ist schön hier am See, ich gehe jetzt baden. Da muss ich nichts mehr machen. Das macht das Team.
Geropp:
Ja. Okay. Verstehe.
Gorus:
Das machen die Kollegen, weil, das ist einfach dann unfair und es kommt dann einfach raus. Es ist wie in einer guten Familie mit mehreren Kindern. Irgendwann erziehen sich die Kinder auch gegenseitig selbst.
Geropp:
Ja. Ja. Ja. Ja.
Gorus:
Aber meine Rolle ist damit klar zukommen, dass das Ganze nur funktionieren kann, wenn ich meinen Mitarbeitern 100 prozentig vertraue, dass die das hinkriegen. Und das auch noch weiterhin aufrecht zu erhalten, auch wenn ich mal enttäuscht werde. Und das war mein Learning. Am Anfang hatte ich damit echt Probleme. Ich stand auch so in der Pflicht gegenüber den Klienten, dass ich immer eingesprungen bin und immer die Feuerwehr gespielt habe, wenn etwas gedroht hat schief zu gehen. Dann war es natürlich sofort so, dass die Mitarbeiter dann auch sofort losgelassen haben und die Verantwortung an mich abgegeben haben.
Geropp:
Papa macht das.
Gorus:
Papa macht das. Genau. Und aus der Rolle bin ich echt komplett raus. Das mache ich nicht mehr.
Geropp:
Vielleicht so als Tipp für Leute, die in dieser Situation sind, wie hast du das hingekriegt? Du hast ja gesagt, am Anfang bin ich da immer reingesprungen. Was hat für dich dazu geführt, dass du diesen Sprung gemacht hast oder innerlich für dich machen konntest?
Gorus:
Das waren Prozesse. Das ist sicher auch ein persönlicher Reifeprozess gewesen. Ich habe da wirklich hart an mir gearbeitet. Das ist das eine. Ich sage mal, um vertrauen zu können, braucht man Selbstvertrauen.
Und wenn dir selbst vertrauen nicht da ist oder nicht groß genug ist, dann fällt es schwer X Leuten zu vertrauen. Und da muss man mal anfangen. Also man muss erst mal bei sich selber anfangen, so habe ich das gesehen als persönlicher Reifeprozess und da habe ich mir auch echt Hilfe geholt auch dafür.
Dann ist es aber auch so, dass durch die Unternehmensentwicklung, in dem Moment, wo die Zellteilungen stattgefunden haben, war es einfacher für mich aus den operative Teams rauszugehen. Weil, es war dann automatisch so, es war klar, ich habe mehrere Unternehmen im Kopf.
Der Mitarbeiter war klar, ja, der kann ja jetzt nicht immer bei uns sein. Der ist ja nicht mehr drin. Und dann habe ich auch kommuniziert, ich habe eben immer gesagt, ich bin nicht Teil des Teams. Wenn ein Mitarbeiter mich so automatisch so mich einspannen wollte, ganz unbewusst und ungewollt, dann habe ich immer gesagt,
„Ja schon, aber ich bin ja gar nicht Teil des Teams. Wie soll denn das gehen.“
Dann ein weiterer Schritt, der es einfacher gemacht hat, ich habe mich räumlich rausgezogen. Das heißt, ich sitze woanders. Also die Teams haben eigene Standorte. Im Übrigen hat jedes Unternehmen einen eigenen Standort, also nicht in einem Gebäude oder so, sondern ich habe die absichtlich auseinander.
Geropp:
Ja. Ja. Das ist ein guter/ Das ist eine gute Herangehensweise, glaube ich. Ja. Das kann ich mir gut vorstellen.
Gorus:
Das ist hilfreich. Und dann, was auch noch es ermöglicht hat so zu vertrauen, ist, ich habe begonnen die volle Verantwortung zu übernehmen, welche Menschen ich einstelle. Weg davon von Qualifikationen, das als Hauptkriterium zu nehmen, sondern ich habe dann irgendwann gesagt, mag ich diesen Menschen?
Hätte ich richtig Lust drauf mit dem zusammenzuarbeiten? Würde der mir Freude machen, wenn wir zusammenarbeiten würden oder er in meinem Unternehmen wäre? Ist es eine Type, wo ich sage, dem wünsche ich eigentlich, dass er erfolgreicher wird und dass er das bei uns wird. Also ich muss so Lust haben auf die Leute.
Nachdem so eine Weile das so lief und damit auch die Qualität des Teams in diesem Sinne immer besser geworden ist, ist es mir einfacher gefallen zu vertrauen, weil ich wusste, ich kann mich auf die Leute verlassen.
Geropp:
Ja, das kann ich nachvollziehen.
Gorus:
Vorher war ich nicht sicher einfach.
Geropp:
Wenn du Leute einstellst, das heißt, die bewerben sich bei dir. Du hast ein Gespräch mit denen und stellst die dann dem Team vor oder macht das erst das Team und stellt es dann dir vor? Wie macht ihr das?
Gorus:
Ja, wenn eine Bewerbung reinkommt, gucke ich die Bewerbung überhaupt nicht an. Ich telefoniere auch nicht. Es gibt kein Gespräch. Nichts. Ich leite das sofort an das Team weiter.
Geropp:
Okay.
Gorus:
Und die haben sich im Lauf der Zeit einen Prozess zurecht gelegt, wie sie damit arbeiten. Wir haben viele Bewerbungen. Wir kriegen auch Initiativ-Bewerbungen. Wir haben im letzten Jahr über 100 Bewerbungen gesichtet und ausgewertet und so weiter.
Das Team geht dann so schrittweise vor. Erst ein Telefonat. Und dabei wird dann gesiebt. Also wenn das Telefonat schlecht war, das geht bei uns schon gar nicht, dann können wir nicht weitermachen, egal was da noch kommt. Das ist ein no go, ein schlechtes Telefonat.
Wenn es danach weitergeht, dann werden sie sagen, okay, Bewerbung ist interessant, Telefonat war gut. Dann wird eine Probearbeit rausgegeben. Also schon so früh wird dann eine kleine Hausaufgabe rausgegeben. Die wird dann vom Team bewertet.
Wenn diese Hausaufgabe gut gelaufen ist und man merkt, da ist Talent, da ist auch was Besonderes oder irgendein Pfiff, nicht so abgearbeitet, sondern der hat sich Mühe gegeben oder da ist irgendwas Besonderes drin, das ist immer was, worauf wir anspringen. Dann laden wir den Kandidaten ein zum Probearbeiten.
Der kommt dann so ins Büro und arbeitet einen kompletten Tag mit dem Team mit und zwar an lebenden Beispielen. Also an dem, was gerade ansteht. Das Team bereitet das sehr gut vor und macht sich am Tag vorher genau Gedanken drüber, welche Aufgaben das dann sein werden.
Und dann schaut das Team genau hin, macht es Spaß mit dem zu arbeiten? Verstärkt der uns oder schwächt der uns? Kostet der Energie oder bringt der Energie? Ist der geistig so schnell, dass man im Ping Pong arbeiten kann, dass man also sein kann miteinander? Ist der auch nett einfach?
Also wenn man mittags mit dem zusammensitzt, sitzt man dann voreinander und stiert sich an oder hat man ein lebendiges Gespräch? Und so weiter und so weiter. Ganz, ganz viele Kriterien. Und am Ende des Tages entscheidet das Team völlig ohne dass ich da irgendwie mitgemacht habe, wollen wir diesen Menschen haben zur Verstärkung oder wollen wir es nicht. Und das sind relativ harte Diskussionen, die die da führen. Ich kriege das mit. Die erzählen mir davon. Manchmal höre ich zu.
Das sind harte Diskussionen und manchmal denke ich, die sind viel härter als ich. Genau. So. Und dann entscheiden die, ob sie mir irgendjemand schicken wollen oder nicht.
Geropp:
Okay.
Gorus:
Und dann gibt es noch mal ein extra Gespräch bei mir im Büro, auch relativ lange und intensiv. Da schaue ich überhaupt nicht mehr so nach den Qualifikationen, weil, das hat alles das Team gecheckt, sondern ich gucke dann nur noch eigentlich auf den Punkt, wenn ich zwei, drei Stunden mit dem verbringe, würde ich danach sagen, ich will unbedingt, dass der zu uns kommt oder bin ich mir nicht so sicher. Wenn ich mir nicht so sicher bin, sage ich ab.
Geropp:
Okay. Das ist eine sehr interessante Herangehensweise, macht aber, ist für mich absolut schlüssig so, wie du das erzählt hast. Klasse.
Gorus:
Aber auch das, das hat sich so im Lauf der Zeit entwickelt einfach.
Geropp:
Ja. Ja. Abschließende Frage von mir. Du hast deinen Weg gefunden für die Art für deine Geschäftsmodelle, für dein Unternehmen oder deine Unternehmensgruppe. Für welche Organisation oder Unternehmen und auch Unternehmer würdest du sagen, ist dein Vorgehen sinnvoll? Und bei welchen Geschäftsmodellen, Unternehmen oder Unternehmern würdest du sagen, lasst die Finger davon, macht das anders?
Gorus:
Ich würde sagen, wenn du sagst, mein Vorgehen und du meinst exakt mein Vorgehen so, wie ich das mache, da würde ich dann so frech sein und sagen das ist für niemanden sonst, weil jedes Unternehmen anders ist und kein Unternehmen ist so, wie unseres.
Deswegen kann es auch das, genau dieses Vorgehen, wie ich es mache, kann unmöglich woanders hinpassen. Das lässt sich nicht kopieren. Wenn du aber mein Vorgehen so sagst, okay, welche Prinzipien stecken denn da so dahinter?
Geropp:
So meine ich das. Ja.
Gorus:
Und welche Inspirationen kann sich jemand da raus ziehen, dann wäre ich dann auch wieder so frech zusagen, eigentlich für jedes Unternehmen. Also jedes Unternehmen kann sich Gedanken drüber machen über die Fragen. Das sind ja so Grundfragen immer, die da angesprochen werden oder die ich versuche zu lösen, die in jedem Unternehmen da sind.
Geropp:
Nun gut, ich würde da schon einen Unterschied machen. Ich glaube, allein von der Größe her, wenn ein Unternehmen jetzt zehn Mann und ist genau jetzt in dieser Phase, dann kann ich mir vorstellen, das ist eine gute Herangehensweise. Wenn ich aber jetzt ein Unternehmen schon habe mit 100 Mitarbeitern und da wird es doch dann ein bisschen schwierig, weil da müsste ich ja ein Verfahren angehen, dass ich erst mal wieder ganz klein werde, alles zerschlage, du hast es ja vorhin erzählt, dass du sehr viele Mitarbeiter verloren hast und dann erst wieder wie der Phönix aus der Asche hochkommst. Da wird es schon schwerer das so anzuwenden oder?
Gorus:
Nein, man kann das ja nach und nach machen. Also ich stelle mir jetzt ein größeres Unternehmen vor. Voraussetzung ist natürlich, dass ganz oben in diesem hierarchischen, klassisch hierarchisch organisierten Unternehmen ein Unternehmer sitzt, der sagt, ich will das oder ich will mehr in diese Richtung gehen.
Ich will mir da was abgucken, weil diese Effizienz interessiert mich und auch dieses Wachstum. Also es ist echt so, in dem Moment, wo wir die Zellteilung gemacht haben, ab dem Moment sind wir schlagartig deutlich schneller gewachsen. Und wenn jetzt so ein Unternehmer sagt, okay, dieses Wachstum interessiert mich rein aus wirtschaftlichen Gründen, also sei es einfach, das ist einfach eine praktikable Methode zu sagen, ich brauche diese kleinen, autarken voll verantwortlichen Einheiten, wie kann ich das denn bei mir machen? Dann muss er sich eine Lösung überlegen.
Und er kann ja mal irgendwo anfangen. Er kann ja mal an einer Stelle anfangen und sagen, gibt es da vielleicht einen Wertschöpfungskreislauf, den man ausgründen kann, der dann auch noch andere Kunden, der also nicht nur innerhalb des Teams, IT-Abteilungen zum Beispiel hat man ja auch immer wieder ausgegründet und so weiter.
Aber das kann man auch mit ganz anderen Dingen machen. Wir haben zum Beispiel unseren Büro-Betrieb ausgegründet. Also eines der Unternehmen in unserem Verbund ist die Orgshop GmbH, die macht Bürokram. Und zwar alle. Das komplette Büro und hat dann auch Kunden außerhalb unserer Unternehmensgruppe gewonnen für die sie Büro machen.
Also man kann eigentlich alles irgendwie fassen und überlegen, gibt es dafür einen Markt für diese Leistung außerhalb des Unternehmens. Wenn das so ist, dass es einen Markt gibt und dieses Unternehmen künftig sowohl für die eigene Unternehmensgruppe als auch für andere leisten könnte, dann können wir es ausgründen.
Geropp:
Wenn ich dich aber richtig verstehe, dass ein Kernprinzip ist, dass das Unternehmen nur so groß werden kann bis es halt ja, eigentlich darf keine Zwischenschicht mehr oder Management oder irgendwas in diese reinkommen.
Das heißt, es ist begrenzt und es muss sich eigentlich immer eine Zellteilung stattfinden, sagen wir mal, in der Größenordnung, wenn es Phi mal Daumen zweistellige Mitarbeiter werden, größenordnungsmäßig, weil dann in der Regel es irgendwie zu solchen Prozessen kommt?
Gorus:
Ja. Also ich kann mir vorstellen, dass diese Größe, ab der das irgendwie notwendig ist, wenn man so die reine Selbstorganisation haben will so wie wir, wenn man jetzt sagt, okay, ich will außerdem, dass ich irgendwie kleine autarke Einheiten habe, will ich das auch noch so, dass die alle auch noch wirklich komplett selbst organisiert sind und wir kein Management drin haben, dann bin ich mittlerweile der Überzeugung, dann müssen es kleine Einheiten sein. Wie groß, das hängt wieder vom Business ab.
Also bei uns ist es ungefähr die Größe einer Fußball-Mannschaft. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass es in anderen Branchen kleinere Einheiten sogar noch sein müssen, vielleicht nur vier oder fünf. Oder in anderen kann ich mir vorstellen, vielleicht geht es da auch mit 15 oder 20. Aber sicherlich nicht mit 100. Glaube ich nicht.
Geropp:
Ja, würde ich auch sagen.
Gorus:
Sonst würden sich sofort wieder Sub-Strukturen bilden und da hätten wir sofort wieder Management durch die Hintertür. Aber wenn einer das will, dann kann er sich ja überlegen, wie kann ich das machen? Und dann kann ich ja auch anfangen. Ich bastle einfach mal. Ich fange mit dem ersten Team an und dann das Zweite.
Vielleicht mal drei auf einmal oder so. Aber ich kann auch größere Unternehmen mit 300 Mitarbeitern kann ich auch nach und nach auseinandernehmen und in kleine, autarke Einheiten machen. Und ob jetzt, ob man so radikal ist, wie ich jetzt, dass man sagt, das sind alles eigene Firmen oder ob man das mit Business-Units macht oder wie auch immer, das ist ja auch wiederum eine Geschmacksfrage. Deswegen, ich glaube nicht so an die reine Lehre.
Ich glaube aber, dass man sich von den Prinzipien, die dahinterstehen, wirklich inspirieren lassen kann und dass das für die/ Gilt selbst für eine Behörde. Selbst ein Amt kann sich da Gedanken drüber machen, wie man sich besser organisieren kann.
Geropp:
Ja. Ja. Oliver, ich möchte mich herzlichst bei dir bedanken. Das war für mich auch eine ganz spannende Herangehensweise, dass mal mehr im Detail von dir zu hören, wie du das entwickelt hast für dich und welche Früchte das trägt. Das fand ich ganz toll. Vielen, vielen Dank.
Gorus:
Danke, Bernd. Gerne.
Das inspirierende Zitat
„Die Frage, die Du Dir stellen solltest, lautet nicht: WAS WILL ICH? oder WAS SIND MEINE ZIELE?, sondern WAS WÜRDE MICH BEGEISTERN?“
Tim Ferries
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