FPG128 – Mitarbeiter kündigen: Fair und wertschätzend! Wie soll das gehen?
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In Podcast Folge 118 habe ich das Thema Kündigungsgespräche behandelt. Ich bin da auf sieben grundsätzliche Fehler eingegangen, die Ihnen als Chef nicht passieren sollten, wenn Sie einen Mitarbeiter kündigen müssen.
Auf betriebsbedingte Kündigungen bin ich da gar nicht eingegangen, denn ich selbst habe in meiner Zeit als Geschäftsführer damit keine Erfahrung gemacht. Ich war glücklicherweise nie in der heiklen Situation, dass ich mich beispielsweise betriebsbedingt von der Hälfte meiner Mannschaft hätte trennen müssen.
Deshalb unterhalte ich mich heute mit dem Experten auf dem Gebiet der Mitarbeiterkündigung, Dr. Laurenz Andrzejewski über das Thema Mitarbeiter kündigen.
Laurenz Andrzejewski
Dr. Laurenz Andrzejewski gilt vielen als der deutsche „Trennungs-Papst“. Ich bin auf ihn aufmerksam geworden durch sein empfehlenswertes Buch
„Trennungskultur und Mitarbeiterbindung, Kündigung, Aufhebung, Versetzung fair und effizient gestalten.“
Er hat es mit seinem Kollegen, Dr. Herrmann Refisch, geschrieben. In diesem umfangreichen Handbuch geht er wirklich auf alle Aspekte des Trennungsprozesses ein.
Die beiden Autoren zeigen im Detail und mit vielen Praxisbeispielen, wie Trennungen professionell und effizient, aber vor allem auch menschlich und fair gestaltet werden.
Dr. Andrzejewski begleitet seit mehr als 25 Jahren Unternehmen, Personalverantwortliche und Führungskräfte in Veränderungs-, wie auch Trennungsprozessen und unterstützt Menschen bei deren beruflichen Neuorientierung.
In einer Vielzahl von Workshops und Coachings hat er Unternehmen und Führungskräften dabei geholfen, Trennungsgespräche so zu gestalten, dass sie fair und menschlich und gerade dadurch auch effizient und in der Regel ohne Komplikationen verlaufen.
Mitarbeiter kündigen ist nicht einfach!
Die Trennung von Mitarbeitern ist schließlich fast immer mit Emotionen verbunden und zwar nicht nur bei den Entlassenen, sondern auch bei den Verantwortlichen und den Verbleibenden. Mitarbeiterkündigung ist ein wirklich schwieriges und emotionsgeladenes Thema.
Deshalb habe ich mir auch viel Zeit genommen und mich kürzlich mit Dr. Andrzejewski in Frankfurt für ein ausführliches Gespräch getroffen. Daraus sind dann zwei Podcast-Episoden geworden.
Heute also die erste davon und zwar Mitarbeiter kündigen fair und wertschätzend, wie soll das gehen?
Die zweite Folge finden Sie hier!
Wir sprechen darüber, wie man sich als Vorgesetzter auf ein Kündigungsgespräch vorbereitet. Wir gehen aber auch der Frage nach, wie sich ein Unternehmen und die Geschäftsführung darauf vorbereiten sollte, wenn die Entscheidung gefällt wurde, Mitarbeitern betriebsbedingt zu kündigen.
Denn vielen ist gar nicht klar, dass der größte Risikofaktor in Trennungsprojekten das Verhalten des Top-Managements ist.
Das transkribierte Interview mit Laurenz Andrzejewski Teil I
Geropp:
Bei der Trennung von Mitarbeitern assoziiere ich meist betriebsbedingte Kündigungen. Aber da gibt es ja auch andere Arten. Vielleicht können Sie da erst mal etwas prinzipiell zur Trennung von Mitarbeitern sagen, bitte.
Andrzejewski:
Die Trennung ist Teil der Personalentwicklung in jedem Unternehmen, in kleinen Unternehmen wie auch in großen Unternehmen. Ein Bereich, der gerne tabuisiert wird, weil er unangenehm ist.
Es gibt einen öffentlichen Bereich, der auch durch die Presse geht. Man kann in dem Wirtschaftsteil der Zeitungen lesen, wenn ein Unternehmen ab- oder umbaut, aber es gibt im Grunde einen ständigen qualitativen Umbau in den Unternehmen, Personalentwicklung genannt.
Und zur Personalentwicklung und Organisationsentwicklung in einem Unternehmen gehört eben auch unter Umständen die Trennung, nämlich dann, wenn man mit einem Mitarbeiter trotz aller Fördermaßnahmen nicht mehr wirklich weiterkommt.
Es gibt einerseits die betriebsbedingte Kündigung, vielleicht mit Sozialplan und Interessensausgleich, Beteiligung der Arbeitnehmer, also Betriebsrat, Arbeitnehmervertretung, und es gibt einzelne Trennungen zum Beispiel weil die „Chemie“ nicht stimmt. Also der Vorgesetzte kann oder will nicht mehr mit dem Mitarbeiter arbeiten. Aber es gibt eben auch die Trennung wegen Minderleistung, die Trennung wegen Low-Performance. Und alle diese drei Formen haben unterschiedliche Vorgehensweisen.
Geropp:
Häufig geschieht die Trennung von Mitarbeitern nicht sehr professionall. Manchmal sogar auch nicht sehr fair. Sie beraten ja seit 27 Jahren Unternehmen. Was sind da so die größten Fehler, die begangen werden und vor allem, welche Folgen hat das?
Andrzejewski:
Ja. Ich habe selber über einige Jahre eine Management-Studie durchgeführt und immer wieder hinterfragt, was die Ursachen sind für Folgeschäden, auf die ich gleich zu sprechen komme. Und ich konnte dabei folgende Punkte einkreisen. Das gilt für nationale, internationale, kleine, große Unternehmen quer Beet.
Der erste Punkt ist, dass die Entscheider, die Geschäftsleitung zum Beispiel, sich nicht wirklich einig ist über die Art der Maßnahme und die Durchführung der Maßnahme. Das hat dann zur Folge, dass Punkt 2 sehr oft die eigentliche Projektplanung sehr schlecht ist.
Geropp:
Also wenn ich Sie da unterbreche, wenn ich Sie richtig verstehe, heißt das beispielsweise, die oberste Führung entscheidet, wir müssen uns von 500 Leuten trennen und das mittlere Management sagt,
„Nein, das sehen wir aber ganz anders. So geht es nicht.“
Andrzejewski:
Es steckt ja in aller Regel ein wirtschaftlicher Druck dahinter, der veranlasst, dass man sich von Menschen trennen will. Und da wird eine Entscheidung gefällt.
„Wir müssen 2 Millionen sparen, müssen 220 Köpfe abbauen“,
wie es dann heißt. Und dann heißt es oft, Hauruck, also das mittlere Management setzt das mal um, bitte idealerweise bis Freitag, da gibt es Fristen und Termine.
Und in dieser delikaten Angelegenheit geht das natürlich dann rein handwerklich nicht wirklich gut. Das heißt also, ein weiterer Grund ist also für Probleme und Fehler, die auftreten, ist dass die Akteure, das sind Personalverantwortliche oder die Personalreferenten im Unternehmen und die Führungskräfte, dass die nicht wirklich mental und handwerklich gut vorbereitet sind.
Das hat dann Auswirkungen in Form unklarer Kommunikation. Die Geschäftsleitung sagt was anderes als der Betriebsrat. Die Personalabteilung sagt was anderes als mein Chef. Das hat Auswirkungen zum Beispiel auch in das eigentliche Gespräch hinein. Zum Beispiel kommt nicht mal die Trennungs-Botschaft als solche klar beim betroffenen Mitarbeiter an und dass wenn man dann fragt,
„Ja warum macht ihr das Ganze denn eigentlich? Also, warum macht ihr diese Veränderung oder diesen Abbau?“
dann ist noch nicht mal die Zielsetzungen, also längerfristig die Strategie und Sinn und Zweck des ganzen Umbaus klar, sodass auch insbesondere die Bleibenden, die Teammitglieder, die selber nicht betroffen sind, stark verunsichert sind. Das ist eigentlich das, was man sich gar nicht leisten kann in einer solchen Situation, wenn Druck herrscht und man wirtschaftlich abbauen muss.
Geropp:
Jetzt stelle ich mir das ja gar nicht so einfach vor, wenn auf einmal die Situation kippt. Beispielsweise wie das war, als der Markt 2008 oder 2009 zusammenbricht. Jetzt bin ich als Vorstand gezwungen relativ schnell zu handeln: Verdammt, wir müssen uns trennen von so und so viel Leuten. Die ganze Organisation, also die Führungskräfte sind ja da gar nicht drauf vorbereitet. Es muss sehr schnell gehen. Ist das nicht zwangsläufig, dass es da zu Schwierigkeiten kommt?
Andrzejewski:
Das ist sehr wohl möglich. Aber auch eine professionelle Vorbereitung zu der Thematik kann sehr schnell und zügig durchgeführt werden.
Wenn man einmal die Konsequenzen, die Folgeschäden und die Folgekosten einer nicht professionellen Vorbereitung gesehen hat, ich nenne es dann auch Unkultur, dann muss man eigentlich schnell und sofort handeln.
Leider ist aber das Bewusstsein, vor allen auch in den Unternehmensleitungen, offensichtlich doch noch nicht so weit fortgeschritten, so weit gediehen, dass man sich wirklich kümmert.
Ich möchte Ihnen das kurz anhand der Ergebnisse dreier Studien aufzeigen, die auch im Buch detailliert dargestellt sind.
Eine Hamburger Studie sagt zum Beispiel, dass überhaupt das Bewusstsein schwach ausgeprägt sind. Nur 26 Prozent der befragten Unternehmungen sagten,
„Ja, wir kümmern uns um Trennungsmanagement.“
In einer zweiten Studie der deutschen Gesellschaft für Personalführung in Düsseldorf kommt heraus, dass 51 Prozent der Befragten sagten,
„Ja, das Ziel ist überwiegend erreicht worden.“
Aber nur in 17 Prozent der Fälle vollständig!
Aber jetzt kommt der Höhepunkt. In einer großen Münchener Studie wurde gezeigt, dass ein Drittel der befragten Unternehmen das eigentliche Ziel verfehlt haben, nämlich die Reduktion der Personalkosten.
Noch mal, die Ausgangssituation ist ja: Wir wollen sparen und wir müssen sparen, weil wir mit dem Rücken zur Wand stehen. Das war der eigentliche Auslöser und Anlass. Der wurde aber verfehlt. Das Ziel verfehlt. Und die Kostenreduktion hat überhaupt nur die Hälfte der befragten Unternehmen erreicht. Da liegt man ganz schön daneben.
In meinen Workshops frage ich gerne die Teilnehmerinnen und Teilnehmer,
„Was wünscht ihr euch, wenn ihr mit der Familie nach Lanzarote fliegt oder wenn ihr geschäftlich nach Hamburg fliegt?“
Dann höre ich natürlich sofort, dass ich pünktlich und sicher ankomme.
Dann sage ich,
„Okay, wenn wir jetzt diese Ergebnisse dieser Studien zum Trennungsmanagement übertragen auf die Fluggesellschaften, da wären wir natürlich nicht damit zufrieden, wenn es hieß, 17 Prozent sind sicher angekommen oder in 51 Prozent haben wir das Ziel, das wir gewünscht haben, erreicht, oder?“
Das ist ja nicht ohne, weil es massive Folgekosten und massive Kollateralschäden hat, wenn das Trennungsmanagement nicht anständig gemacht wird.
Also von daher: Man muss sich sofort vorbereiten. Alle anderen Themen, wie Einführung der IT, Einführung neuer Produkte und so weiter werden stets professionell vorbereitet. Nur hier heißt es,
„Wo gehobelt wird, fallen Späne. Macht mal!“
und das geht eben so nicht. Weil es immer um Menschen geht, ob nun ein Flieger runterfällt oder beim Trennungsmanagement geht es um Menschen immer wieder. 300 Menschen, 500 Menschen, 1.200 Menschen oder 4.000 Menschen, die, wenn es nicht gut läuft, Schaden nehmen.
Geropp:
Wenn eine betriebsbedingte Kündigung ansteht und jetzt sehr viele Leute gehen müssen, wie sollte sich denn ein Unternehmen darauf vorbereiten? Was gilt es vorab zu planen? Was gibt es zu bedenken vom Top-Management, aber auch vom mittleren Management? Wie geht diese Vorbereitung, beispielsweise in einem kleinen Unternehmen, wenn der Geschäftsführer sich sagt,
„Ich habe hier 50 Mann, ich muss mich von 10 Mann trennen.“
Wie geht so jemand vor?
Andrzejewski:
Ganz wichtig ist zunächst eine mentale Vorbereitung und die Dynamik solch eines Prozesses vorausschauend zu antizipieren, also salopp gesagt, was da abläuft.
Vorausschauend sich auch die Fragen zu beantworten, was tun wir, wenn was passiert und wie verhalten wir uns wenn…?
Diese Fragen zu reflektieren ist wichtig. Das kann man sehr zügig innerhalb eines Tages realisieren und dann einen Fahrplan aufzustellen, im Grunde einen Best Practise Plan aufzustellen. Es ist wirklich so handwerklich.
Sich überlegen, wer zum Beispiel muss überhaupt diese Gespräche führen? Wo führen wir die? Was muss vorbereitet sein? Und was gehört in diese Gespräche hinein? Also das eine ist diese Projektplanung, das andere ist die eigentliche Gesprächsvorbereitung.
Dann gibt es weitere Elemente. Zum Beispiel muss das Abfindungspaket oder das Trennungspaket sauber geschnürt werden und natürlich muss man sich auf den Umgang mit emotionalen Reaktionen vorbereiten. Und da sind wir wieder bei den Akteuren, die das überhaupt erstmal reflektieren müssen, was da geschieht, um dann auch sicher zu stehen und sicher agieren zu können.
Geropp:
Jetzt stelle ich mir vor, ich bin Geschäftsführer, habe mein eigenes Unternehmen mit 50 oder 60 Mitarbeitern und ich komme in eine Schieflage. Es bleibt nicht aus, ich muss mich von einigen trennen.
Wahrscheinlich werde ich mich erstmal mit meinem Rechtsanwalt beraten, damit ich weiß, was kann ich überhaupt rein rechtlich machen.
So und jetzt muss ich mich auch auf die emotionale Sache einstellen und zwar noch bevor ich eigentlich mit meinen nächsten Direct Reports kommunizieren. Wie kann ich mich auf sowas vorbereiten und auf worauf muss ich da achten?
Andrzejewski:
In erster Linie geht es darum sich selbst zu reflektieren in seiner eigenen, emotionalen Befindlichkeit. Wie stehe ich zu solch einer Veränderung, zu solch einer Maßnahme?
Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen ist es doch so. Ich kann hier einen Geschäftsführer zitieren, der sagt,
„Ich gehe jeden Tag über den Hof, ich kann mich nicht wegducken. Ich begegne den Leuten in der Halle, in der Kantine tagtäglich. Also bemühe ich mich, diese Veränderungen und Trennungen anständig durchzuführen.“
Da gilt es natürlich noch zu definieren, was heißt denn dann anständig?
Aber als erster Punkt zu Ihrer Frage: Es geht darum, sich sich selbst zu reflektieren. Ich muss wissen, ob mich eher die Tränen, wenn Tränen kommen, irritieren oder ob ich eher aus der Fassung komme, wenn jemand in Wut ausbricht und sagt,
„Das ist ja so eine Schweinerei, was du hier mit mir machst“
Da braucht ein Geschäftsführer oder auch die Personalbetreuung oder auch der betreuende Rechtsanwalt, in aller Regel jemand von außen, der unterstützt das zu reflektieren.
Geropp:
Also das kann ich mir gut vorstellen. Als ich Geschäftsführer war, hätte mich das wahrscheinlich mental sehr herausgefordert, wenn ich viele Mitarbeiter betriebsbedingt hätte kündigen müssen, um nicht zu sagen, überfordert, wenn ich da nicht jemanden bei sowas dabei gehabt hätte.
Andrzejewski:
Also in der Tat, das ist mir immer wieder begegnet, dass Führungskräfte geklagt haben, dass sie in dieses Verfahren oder in dieses Procedere hinein gejagt wurden. Man muss schon wirklich so sagen. Es wird immer weider beschreiben, dass psychosomatische Probleme auftreten, bei denen, die es umsetzen müssen.
Ich kenne auch Personalverantwortliche, Personalexperten, Damen und Herren, die über Schlafstörungen klagten, über allgemeine Lustlosigkeit bis hin zu Hautekzemen oder Magen-Darm-Problemen. Das ist belegt und dokumentiert.
Ich kann da immer nur wieder drauf hinweisen und empfehlen, sich gedanklich drauf vorzubereiten: Sei es die betriebsbedingte Entlassung, sei es in einem Einzelfall die Trennung von einem Mitarbeiter wegen Minder- oder Fehlleistung. Es ist entscheidend, dies gedanklich vorab zu durchleben, damit eben nicht folgendes passiert:
Hier auch noch mal ein Zitat im O-Ton, das ein Vorgesetzter in einem meiner Workshops sagte,
„Ich habe vor 13 Jahren so ein Gespräch geführt, das geht mir heute noch nach.“
Dem geht es heute noch nach, weil er denkt, er hat es nicht gut gemacht. Oder ein anderer, junger Vorgesetzter, der berichtete,
„Es hätte mein Vater sein können!“
da gab es also Tränen und der junge Chef sagte, er war nicht drauf vorbereitet: „Es hätte mein Vater sein können“ und war völlig von der Rolle und konnte das Gespräch nicht wirklich zu Ende führen.
Es klingt so soft. Also gerade Manager, Macher, die lösen gerne ihre Probleme, so, dass die ganz schnell vom Tisch sind. Aber wir müssen hier in dieser Thematik sehr wohl auf die Herzebene und auf die Bauchebene einsteigen und uns auch einlassen, also raus aus dem Kopf.
Wir sind immer ganz viel schnell in Zahlen und Kopf. Aber hier geht es um Menschen, die dann einem gegenüber sitzen. Auch Menschen, die das Trennungsgespräch umsetzen müssen.
Geropp:
Es ist ja recht einfach, wenn der Dax-Vorstand sagt, wir müssen uns von 3.000 Leuten trennen und er die Trennungsgespräche nicht selbst führen muss.
Andrzejewski:
Ja, und der sitzt irgendwo in London oder in Zürich oder im Headquarter. So wird dann auch zitiert, ja,
„Man hat entschieden, die Firma hat entschieden.“
Wer ist die Firma? Und ich „Arsch“, auch O-Ton, ich muss es umsetzen.“
Das sind Zitate von den Akteuren, die mir immer wieder begegnet sind. „Ich muss es umsetzen.“ Aber das genau führt ja eben dann auch dann dazu, dass der Mitarbeiter, der Betroffene auf der anderen Seite des Schreibtisches merkt,
„Moment mal, mein Chef, für den ich mir ja auch den Popo aufgerissen habe seit Jahren, mit dem ich durch Dick und Dünn gegangen bin, der steht gar nicht davor und dahinter.“
Und da fragt der Entlassene natürlich sofort seinen Chef,
„Sag mal, Jupp, warst du da eigentlich beteiligt an der Entscheidung? Warum hast du dich nicht für mich eingesetzt?“
Oder die zentrale Frage:
„Warum ich? Also die anderen sind genauso viel krank, wie ich. Die anderen leisten auch nicht mehr als ich, also warum?“
Das ist immer die Frage, vor allen Dingen, wenn es dann darum geht, zwei aus einer Abteilung von sieben oder sechs aus 39 oder so. Warum gerade ich?
Geropp:
Was wäre da die Antwort? Wie soll ich mich als Führungskraft darauf einstellen, ich stehe ja mittendrin.
Andrzejewski:
Als Führungskraft darauf einstellen. Da sind wir beim Thema Trennungsbegründung. Die Formulierung der Trennungsbegründung inhaltlich ist wichtig, also nicht nur die Formulierung, sondern inhaltlich.
Das hängt eben auch zusammen mit der Auswahl und der Entscheidung. In der Regel gibt es ein Gremium zu dieser Entscheidung. Sie haben sie eben schon zitiert, ein Geschäftsführer, vielleicht ein interner oder externer Rechtsanwalt, Jurist, noch jemand von der Personalseite und vielleicht die jeweilige Führungskraft entscheiden.
Und dann hat man überlegt, wen brauchen wir in der Zukunft? Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten, man sagt heute, welche Skills brauchen wir in Zukunft? Und wer kann uns das leisten? Wer kann uns das bringen? Wer aus dem Team bringt uns diese Fähigkeiten?
Es sind ja oft eben auch technologische Veränderungen. Heute wird nicht mehr der Schraubenzieher benötigt, auch wird nicht mehr gelötet, sondern alles elektronisch gemacht.
Und wenn dann jemand sagt,
„Mit dem Laptop arbeite ich aber nicht.“
auch O-Ton, habe ich auch so erlebt, oder
„Übernachtungstouren fahre ich nicht.“
dann ist natürlich die Geschäftsleitung unter dem wirtschaftlichen Druck schnell in der Notlage, so jemandem zu sagen,
„Ja du, dann hast du aber keine Zukunft mehr hier bei uns.“
So und jetzt muss ich die Argumentationsschleife letztendlich berücksichtigen, da dränge ich immer da drauf.
Sie nannten vorhin das Stichwort fair, ich sagte anständig. Fair, wertschätzend, respektvoll dem Menschen gegenüber. in unserem Beispiel verliert dieser Mensch seinen Arbeitsplatz. Dabei sollte der Arbeitnehmer aber als Mensch nicht in seinem Selbstwertgefühl verletzt werden.
Insofern kann man in der Argumentation der Trennungsbegründung zum Beispiel sagen,
„Wir brauchen zukünftig die und die und die und die Fähigkeiten und Fertigkeiten. Du hast gesagt, du willst das nicht und du kannst das nicht oder bist da überfordert.“
So und jetzt kommt etwas ganz Kniffeliges. Der Mitarbeiter fragt immer wieder, immer wieder, die auch eben schon gefragten Fragen nach.
„Ja, warum ich oder ich strenge mich an und in drei Wochen bin ich fit oder so.“
Und dann ist das wie bei der alten Schellack-Schallplatte. Die läuft immer in der gleichen Rille. Ich muss immer wieder sagen:
„Wir haben es uns gewissenhaft angeschaut, wir haben es im Gremium diskutiert. Die Gründe liegen in der neuen Aufgabenstellung und der neuen Organisationsstruktur. Die Entscheidung ist gefällt.“
Und dann wirklich zu schweigen und diese Botschaft wirken zu lassen. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Aspekt im Rahmen der Trennungsbotschaft und der Trennungsbegründung.
Geropp:
Wenn ich Sie richtig verstehe, darf ich mich nicht in eine Diskussion begeben, sondern ich begründe es. Es darf nicht unfair rüber kommen. Ich erläutere nachvollziehbar, wie die Entscheidung gefällt wurde, wie ich es wirklich ausgewählt habe und dann: Ja dann lasse ich nicht mehr mit mir darüber diskutieren, weil die Entscheidung ja schon getroffen ist.
Andrzejewski:
Jawohl. Ganz wichtig. Speziell bei der betriebsbedingten Trennung werden ja Sozialplan und Interessensausgleich berücksichtigt. Da werden also Kriterien festgelegt, nach denen Entschieden wird, wer entlassen wird. Meistens sind es junge Mitarbeiter, die noch nicht so lange dabei sind, die zu wenig Kinder haben, die nicht so schützenswert sind, wie die langgedienten und älteren Mitarbeiter.
Bei den Einzeltrennungen oder eben Leistungs-, minderleistungsbedingten Trennungen, da ist die Formulierung wichtig. Die Entscheidung muss eindeutig gefällt sein. Da darf es keine Diskussion mehr geben, keine Rückzieher.
Keine Diskussion und keine weitere Rechtfertigung der Begründung.
Gehen wir davon aus, dass wir als Chefs, Sie, Herr Geropp als Geschäftsführer, ich als leitender Vorgesetzter dieses Mitarbeiters, wir haben schon alles versucht. Wir haben Fortbildungen finanziert. Wir haben neue Turnschuhe, neuen Glasfiberstab, der hat Trainerstunden bekommen, Wadenmassage, schafft aber doch immer noch nicht die neuen Ziele. Wir sind also jetzt im Trennungsgespräch.
„Liebe Frau, lieber Mann, wir haben alles Mögliche versucht, wir haben dich unterstützt, aber du hast immer wieder die Ziele verfehlt, du hast leider gezeigt, dass du es nicht schaffst. Deswegen reden wir mit dir über Trennung, Veränderung. Wir möchten das anständig machen. Es gibt auch ein Abfindungspaket dazu.“
Und dieser Mensch leistet Widerstand. Vielleicht schaltet er sogar den Anwalt ein oder sagt,
“Könnt ihr knicken, ich bin zu lang dabei.“
Dann darf es keine Rückzieher geben. Ich kann ja diesem Menschen, auch dem übrigen Team nicht sagen
„Wir haben uns doch wieder lieb, wir sind doch wieder Freund, jetzt arbeite motiviert weiter.“
Das geht einfach nicht. Und aus dieser Erkenntnis muss ich noch mal drauf drängen, darauf zu achten, keinen praktisch Salto rückwärts zu machen. Entscheidungen müssen eineindeutig im Management gefällt werden.
Und jetzt kommt noch was. Da darf niemand aus der höheren Hierarchie umfallen oder dem direkten Chef, also mir, in den Rücken fallen. Es darf eben nicht passieren, dass der nächst höhere Chef einem in den Rücken fällt. Das habe ich alles in den vielen, vielen Jahren der Beratung immer wieder live erlebt oder es wurde mir berichtet.
Da heißt es dann:
„Naja, für diesen Mitarbeiter müssen sie sich noch ein bisschen was anderes überlegen.“
Das darf nicht passieren. Also keine Rückzieher. Nicht in den Rücken fallen. Und da soll sich der jeweilige Vorgesetzte vorher gut vorbereiten und das auch abklären
„Lieber Geschäftsführer, lieber Vorstand, lieber Chef: Halten wir das durch, auch wenn der Mitarbeiter mit Klage droht? Oder wenn die örtliche Presse vor der Tür steht und sagt, was macht ihr denn für Sauereien? Halten wir das durch, finanziell wie auch vom Image her?“
Das ist ganz, ganz wichtig.
Soweit der erste Teil meines Gesprächs mit Dr. Laurenz Andrzejewski. Mehr über ihn finden Sie auf der Webseite seines Beratungsunternehmens www.management1x1.de
Den zweiten Teil des Interviews finden Sie hier.
Das inspirierende Zitat
„Echte Kultur offenbart sich in der Wertschätzung der Persönlichkeit.“
Paul de Lagarde
Weiterführende Links
- D23 2. Teil des Interviews mit Dr. Laurenz Andrzejewksi
- Webseite von Laurenz Andrzejewksi
- Tipps für Kündigungsgespräche
- Das Buch: „Trennungskultur und Mitarbeiterbindung“ von
Laurenz Andrzejewski und Hermann Refisch
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