FPG059 – Unternehmensnachfolge im Familienunternehmen regeln
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Stellen Sie sich vor: Jemand hat vor Jahrzehnten eine kleine Firma gegründet – sagen wir einen Elektrogroßhandel oder ein Beratungsunternehmen oder eine Firma, die Sondermaschinen herstellt.
Dieser Gründer baut das Geschäft nach und nach auf. Er stellt immer mehr Mitarbeiter ein. Das Unternehmen wächst. Es trotzt Krisen und Schwierigkeiten.
Der Gründer verbringt viel Zeit und Energie mit dem Aufbau und dem Wachstum. Er expandiert ins Ausland.
Waren es anfangs noch 5-6 Mitarbeiter, hat er bald schon 20, 40, 60 irgendwann 80 oder 100 Mitarbeiter in seinem Betrieb. Natürlich macht ihm das Arbeiten Spaß. Der Aufbau und die Leitung des Unternehmens sind schließlich sein Lebenswerk.
Unternehmensnachfolge im Familienunternehmen regeln?
Und dann – im Alter – soll er das alles, was er da jahrzehntelang mit Herzblut aufgebaut hat, aufgeben, abgeben, an seinen Sohn oder seine Tochter übergeben.
Wir sprechen da über eine verdammt schwierige Situation. Nicht nur für die Unternehmerfamilie sondern auch für die Mitarbeiter. Schließlich soll das Unternehmen ja erfolgreich weitergeführt werden.
Deswegen werden wir uns heute mal damit beschäftigen, worauf man bei einer Unternehmensnachfolge achten sollte.
Unternehmen ohne Nachfolgeregelung
70 % der 55-60 jährigen mittelständischen Unternehmenschefs haben ihre Nachfolge noch gar nicht geregelt – das ist eine erschreckende Zahl, die auf Ergebnissen einer IHK Umfrage basiert. 70 %.
Und noch eine weitere Zahl:
Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn müssen durchschnittlich 8 % der Familienunternehmen die Geschäftstätigkeit aufgeben, weil das Unternehmen nicht verkauft werden kann bzw. die Nachfolge nicht geregelt ist. Traurig, oder?
Besondere Probleme bei kleinen Unternehmen
Besonders kritisch wird die Unternehmensnachfolge für kleinere Unternehmen – sagen wir beieiner Mitarbeiterzahl zwischen 10 und 100 Mitarbeitern.
Warum? Nun, weil dort der Unternehmer häufig noch in seinem Unternehmen arbeitet anstatt an seinem Unternehmen.
Ich erlebe das immer wieder, dass der Unternehmer in Unternehmen dieser Größe noch viel zu stark im Tagesgeschäft involviert ist. Er hat zwar eine Abteilungsleiterebene aufgebaut, vielleicht sogar einen Geschäftsführer berufen und er glaubt auch die Verantwortlichkeiten abgegeben zu haben, aber – wenn man genauer hinschaut – funktioniert es nicht richtig.
Operativ im Tagesgeschäft involviert?
Er hat häufig noch nicht den wirklichen Schritt gemacht, sich weitgehend aus dem operativen Geschäft heraus zu ziehen und sich nur noch um die Unternehmeraufgaben zu kümmern. Da hat er dann doch noch die Rolle des Chefentwicklers inne oder führt den Vertrieb als Vertriebsleiter.
Selbst wenn er keine solche offizielle Rolle hat, lässt er sich dann doch wieder täglich die Zahlen vorlegen und die Mitarbeiter müssen sich viele Entscheidungen von ihm absegnen lassen.
Im oder am Unternehmen arbeiten?
In Podcastfolge 13 bin ich da ja schon mal drauf eingegangen: Wenn der Unternehmer mehr in anstatt an seinem Unternehmen arbeitet, dann wird das Unternehmen es schwierig haben zu wachsen. Seine Aufgabe als Unternehmer ist es schließlich sich um die wichtigen, die langfristigen Dinge zu kümmern und nicht um die dringenden Kurzfristigen.
Arbeitet der Unternehmer in seinem Unternehmen, dann ist er der Flaschenhals. Stefan Merath hat es schön formuliert:
„Wenn Ihr Unternehmen wächst, dann haben Sie als Unternehmer zwei Möglichkeiten. Entweder Sie wachsen mit und haben Erfolg. Oder Ihr Unternehmen wächst Ihnen über den Kopf und Sie gehen unter. Sie haben die Wahl!“
Nicht abgeben wollen oder können?
Bei der Unternehmensnachfolge wird es für solche Unternehmer, die noch stark im Unternehmen arbeiten, besonders kritisch. Schließlich haben Sie es in den Jahren zuvor nicht geschafft, ausreichend Verantwortung abzugeben und Aufgaben zu delegieren.
Das müssen Sie jetzt aber machen, wenn sie ihr Unternehmen – Ihr Baby – übergeben wollen. Das ist ein großes emotionales Problem!
Unternehmensverkaufspreis
Übrigens: Was die meisten dieser Unternehmer unterschätzen: Da das ganze Unternehmen noch so stark von der Unternehmerpersönlichkeit im operativen Tagesgeschäft abhängt, ist der Verkaufspreis des Unternehmens gering.
Denn wer will sich den Kauf einer solchen noch vom Unternehmer abhängigen Firma denn antun? Ein Unternehmensnachfolger- extern oder intern – sieht doch die Gefahr, dass das Unternehmen erst mal ordentlich ins Schlingern kommt, wenn der bisher stark operativ tätige Unternehmer plötzlich aussteigt.
Arbeiten Sie im oder am Unternehmen?
Ich mache normalerweise einen ganz einfachen Test, mit dem ich rausbekomme, ob ein Unternehmer hauptsächlich an oder ob er in seinem Unternehmen arbeitet.
Ich frage ihn einfach, ob er sich kurzfristig für 1-2 Monate ganz aus seinem Unternehmen rausziehen könnte, wenn er wollte. Z.B. ob er eine Weltumseglung machen kann, ohne täglich mit seinem Büro zu emailen oder zu telefonieren.
Wenn er da dann sagt:
„Nein, das geht nicht.“
Dann weiß ich dass er noch zu sehr in seinem Unternehmen arbeitet. Sagt er mir dann noch, dass er seit 4 Jahren nicht mehr in Urlaub war, dann weiß ich dass er ein richtiges Problem mit dem Delegieren und dem Abgeben hat.
Schwierige Unternehmensnachfolge
Aber selbst, wenn der Unternehmer hauptsächlich an seinem Unternehmen und nicht mehr in seinem Unternehmen arbeitet, gestaltet sich die Unternehmensnachfolge meist schwierig – egal ob extern oder familienintern.
Viele Unternehmer lassen sich deswegen bei der Unternehmensnachfolge beraten z.B. hinsichtlich Unternehmenswert, Businessplan, Kaufpreis und Erbschaftsteuer. Das ist alles gut und richtig und sinnvoll, aber das größte Konfliktpotential liegt in der Person und der Persönlichkeit des Unternehmers.
Wirtschaftliche und menschliche Aspekte
Er sollte sich für die Unternehmensnachfolge nicht nur bei den wirtschaftlichen Aspekten beraten lassen. Viel gravierender sind die menschlichen Aspekte, die Motive, Ängste, Emotionen und daraus resultierende Konflikte.
Gerade hierzu sollte er sich Rat holen und zwar von unabhängiger Seite. Er sollte sich intensiv mit jemandem besprechen oder coachen lassen, der unabhängig vom Unternehmen und der Familie ist und unvoreingenommen ist.
Bei familieninternen Nachfolgen kommt es häufig zu Konflikten zwischen dem Gründer und seinen Kindern. Familienkonflikte entstehen oft, weil der Vorgänger nicht loslassen kann oder der Nachfolger sich nicht entscheiden kann, die Verantwortung für das Familienunternehmen zu übernehmen.
7 Tipps, um die Unternehmensnachfolge erfolgreich zu gestalten
Es gibt kein allgemein anwendbares Patentrezept, um die Nachfolge konfliktfrei zu gestalten, aber ich möchte Ihnen 7 Tipps an die Hand geben, wie solche Nachfolgen zumindest mit größerer Erfolgschance angegangen werden können!
1. Beschäftigen Sie sich frühzeitig mit der Nachfolge!
Denken Sie frühzeitig über die Nachfolge nach, selbst wenn für Sie der Rückzug ins Privatleben noch weit in der Ferne zu liegen scheint.
Planen Sie den Zeitpunkt. Machen Sie sich frühzeitig Gedanken zu der Art des Generationenwechsels: Ist wirklich die familienintere Nachfolge die beste Lösung? Sind Ihre Kinder fähig, kompetent, qualifiziert genug und vor allem auch wirklich interessiert daran, die Führung des Familienunternehmens zu übernehmen?
Wenn Sie da Ja sagen, testen Sie es: Checken Sie es aus, ob Ihre Kinder als Nachfolger passen. Machen Sie es in kleinen Schritten und übertragen Sie ihnen immer mehr Verantwortung.
Vielleicht sind aber auch bestehende Mitarbeiter geeigneter das Unternehmen zu übernehmen oder fortzuführen? Vielleicht Ist der Verkauf des Unternehmens eine Option. Vielleicht lässt sich das Unternehmen auch in eine Stiftung umwandeln.
Egal welche Lösung sie letztendlich anstreben, gehen Sie davon aus, dass die Übergabe an die nächste Generation von der Planung bis zur Umsetzung etwa 5-10 Jahre dauern wird.
Nehmen Sie sich genügend Zeit, wichtige Fragen zu beantworten. Nur so bekommen Sie über sich und das weitere Vorgehen Klarheit. Hier beispielhaft nur mal einige wenige:
- In welchem zeitlichen Rahmen möchte ich gerne aussteigen, und wie soll das Übergabe-Ritual aussehen?
- Was erwarte ich von meinem Nachfolger?
- Wie tragen die Mitarbeiter den Wechsel mit?
- Wer bin ich, wenn ich meinem Unternehmen nicht mehr vorstehe?
Um solche Fragen detailliert zu beantworten oder überhaupt erst mal gestellt zu bekommen, ist es hilfreich, sich mit einer unabhängigen, vertrauensvollen Person auszutauschen.
2. Akzeptieren Sie Veränderungen
Akzeptieren Sie, dass der Nachfolger – egal ob extern oder familienintern – das Unternehmen – Ihr Unternehmen verändern wird.
Vielleicht nicht in den ersten Tagen, aber langfristig. Er wird das Unternehmen mit seiner Persönlichkeit führen wollen und die wird mit Sicherheit anders sein als Ihre.
3. Geben Sie die Verantwortung rechtzeitig ab!
Ab einem bestimmten Zeitpunkt – laut Ihrem Plan – sollten Sie sich vollständig aus dem Unternehmen zurück ziehen.
Dann gibt es keinen Rückzug auf Raten: beispielsweise indem Sie auch noch auf unbegrenzte Zeit durch einen Beratervertrag weiter im Unternehmen bleiben. Das schafft meist sonst nur Probleme mit den Nachfolgern. Vor allem dann, wenn der Unternehmer seine Firma bis dato eher autoritär bzw. patriarchisch geführt hat.
Es ist wahrscheinlich, dass es zu Konflikten kommt, wenn der Vorgänger seinen Nachfolger immer wieder wegen dessen Entscheidungen kritisiert – vor allem wenn er das in der Öffentlichkeit oder vor Mitarbeitern tut. Oder wenn er gar glaubt in die Unternehmensführung eingreifen zu müssen.
Achten Sie auch darauf, dass es nicht zum Prinz-Charles Syndrom kommt: also, wenn sich eine Übergabe über Jahre hinzieht und der Nachfolger in einer Dauer-Warteposition verharrt. So jemand wird nach einiger Zeit des Wartens weder von Mitarbeitern noch von Kunden mehr ernst genommen.
4. Vermeiden Sie überhöhte Erwartungen!
Laut einer IHK Untersuchung gehen 44 % der Unternehmensinhaber mit überhöhten Kaufpreisvorstellungen in die Verhandlungen zur Nachfolge.
Das ist verständlich, da das Herzblut des Gründers im Kaufpreis des Unternehmens steckt. Verständlich, aber nicht sinnvoll.
Der Inhaber muss sich emotional vom Unternehmen lösen, ansonsten ist der Übergabeprozess gefährdet und kann scheitern. Die Frage, die er sich stellen muss lautet: Welches Ertragspotenzial bietet das Unternehmen? Das ist entscheidend – nicht wie viel Arbeit und persönlicher Einsatz ins Unternehmen geflossen sind.
5. Bauen Sie Vertrauen auf durch Transparenz und gemeinsame Zeit!
Der Nachfolger und der Unternehmer – egal ob extern oder aus der Familie kommend- sollten möglichst viel Zeit miteinander verbringen – und zwar auch abseits des Tagesgeschäfts.
Beide müssen gegenseitig Vertrauen fassen und das geht nur, wenn sie sich offen austauschen können über ihre Werte, ihre Motivation, Überzeugungen und Befürchtungen. Dadurch wird die Chance größer, dass Nachfolger und Vorgänger an einem Strang ziehen.
Der Nachfolger sollte so viel wie möglich über das Unternehmen erfahren:
die Geschichten, die Werte, die Ängste, die überstandenen Krisen: all das, was das Unternehmen ausmacht und worauf der Unternehmer und seine Mitarbeiter stolz sind.
Es geht um Fragen wie:
- „Warum gibt es das Unternehmen?“ und
- „Wofür stehen wir?“
6. Finden Sie eine neue Lebensaufgabe!
Die Firma ist meist der Lebensinhalt des Unternehmers. Bei vielen fehlt die Balance zwischen Beruf und Familie. Es reicht deswegen nicht, zu glauben, Sie könnten sich als Unternehmer so einfach aufs Altenteil zurückzuziehen und sich dann endlich dem Vergnügen wie Reisen, Sport und Hobbies widmen. Das geht schief.
Nach einiger Zeit fallen Sie als früherer Unternehmer in ein emotionales Loch. Das Wort Unternehmer kommt schließlich von „etwas unternehmen“.
Um loslassen zu können, brauchen Sie einen weiteren Sinn im Leben. Nur die Kontinuität des Unternehmens zu sichern und abzutreten, das reicht nicht.
Was gibt dem Leben des Unternehmers Sinn, wenn sich doch bisher im Wesentlichen alles um das Unternehmen gedreht hat? Hierüber wird häufig nicht gesprochen. Als Unternehmer ist die eigene Firma ein großer Teil der Identität.
Viele Unternehmer fürchten sich davor Macht ein zu büßen und Ansehen sowie Einfluss zu verlieren. Es führt aber kein Weg daran vorbei: Der Prozess der Übergabe des Unternehmens ist mit einem Bedeutungsverlust verbunden.
Wenn Sie Ihr Unternehmen abgeben, müssen Sie neue Lebensgewohnheiten erlernen und einen neuen Lebensinhalt finden. Über diesen Lebensinhalt sollten Sie sich bereits vorher ausgiebig Gedanken machen. Auch hierbei kann ein Coach sehr hilfreich sein.
7. Informieren Sie frühzeitige und transparent!
Denken Sie auch daran, dass Sie Ihre Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden nicht im Regen stehen lassen.
Informieren Sie frühzeitig und transparent über Pläne und die Übergabe Ihres Unternehmens an Ihren Nachfolger, wenn die Unternehmensübergabe klar und eindeutig geregelt ist.
Das inspirierende Zitat
„Ein Familienunternehmen ist wie ein Kind, das man aufwachsen sieht und das man begleitet und unterstützt.“
Michael Otto
Links und weiterführende Artikel
- Nicht im sondern am Unternehmen arbeiten: Podcastfolge FPG13
- Auswertung der IHK-Umfrage zur Unternehmensnachfolge 2011
- Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen:
Umfangreiche Informationen von Dr. Herbert Wittig - Online-Leadership-Platform
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