FPG050 – Zielvereinbarungsgespräch! Es ist eine Krux damit!
Podcast: Play in new window | Download
Subscribe: Apple Podcasts | RSS
In vielen Unternehmen gibt es sie: die jährlichen Mitarbeitergespräche, auch Zielvereinbarungsgespräch genannt.
Meist finden sie Anfang des Jahres statt. Ich finde diese Gespräche sind eigentlich eine tolle Sache. Eigentlich!
Ein Mitarbeitergespräch: das ist die Zeit, in der sich der Vorgesetzte und der jeweilige Mitarbeiter in Ruhe zusammen setzen und unterhalten sollten – und zwar abseits der operativen Hektik und des Tagesgeschäfts.
In einem solchen 1-2 stündigen Gespräch können Führungskraft und Mitarbeiter über ihre Zusammenarbeit sprechen, sie können sich gegenseitig Feedback geben. Sie können gemeinsam analysieren, was ist in der letzten Zeit gut gelaufen ist und wo es Verbesserungsbedarf gibt.
Wann, wenn nicht in einem solchen Mitarbeitergespräch ist genügend Zeit, über die Unternehmensvision, über Ziele und Strategien zu sprechen?
Wann, wenn nicht in einem solchen vier Augen Gespräch besteht die Möglichkeit, offen Ideen und Meinungen auszutauschen, Wünsche zu äußern und sich Ziele für das folgende Jahr zu setzen?
5 Tipps für die erfolgreiche Zielvereinbarung
Zielvereinbarungsgespräch: Worum sollte es gehen?
Man kann sich austauschen über Fragen wie:
- Wohin geht die Reise?
- Welche Möglichkeiten bieten sich demnächst im Markt?
- Was glauben wir, macht der Wettbewerb?
- Welche neuen Technologien gibt es?
- Was machen wir, wenn?
Wo können wir als Unternehmen wachsen? Wo können wir effizienter werden in unserer Abteilung? Wo gibt es Chancen und wo Risiken? Wo sollten und können wir uns als Personen weiterentwickeln – sei es als Führungskraft oder als Mitarbeiter? Welche Hilfe und Support brauchen wir dafür? Wie können wir uns gegenseitig helfen?
Denken in Optionen. Brainstorming über das Tagesgeschäft hinaus, über Strategie, über Zusammenarbeit, über Prozesse, über die eigene Weiterentwicklung zum Wohle und zur Weiterentwicklung des Unternehmens wie auch der beiden Gesprächsteilnehmer!
Eigentlich eine tolle Sache, so ein Mitarbeitergespräch! Tja! Eigentlich. – Schön wär’s!
Die Realität
Leider laufen diese jährlich stattfindenden Mitarbeitergespräche in vielen Unternehmen ganz anders ab.
In manchen Unternehmen sind diese Gespräche regelrecht verbürokratisiert. Es gibt starre und unflexible Vorgaben, wie das Gespräch abzulaufen hat.
Manchmal wird dann so getan, als ob es ein Informationsaustausch wäre. Aber häufig genug verkommt das Gespräch dazu, einfach nur Druck nach unten weiter zu geben und den jeweiligen Mitarbeiter zu kritisieren, damit er nicht glaubt, ein höheres Gehalt beanspruchen zu können.
Konstruktives Feedback für den Mitarbeiter? Fehlanzeige.
ZVP und MBO
Aber selbst, wenn es nicht so krass läuft: Die Gespräche sind häufig Teil des sogenannten Zielvereinbarungsprozesses (ZVP) – aber häufig genug wird da nix vereinbart. Stattdessen werden unrealistische Ziele vorgegeben. Take it or leave it.
Management by Objectives (MBO – noch so eine Abkürzung) nennt sich das Führungsinstrument: Führen mittels Zielvereinbarung. Bereits in den 50er Jahren hat der Management-Vordenker Peter F. Drucker davon gesprochen.
MBO bedeutet: Die Führungskraft und der Mitarbeiter vereinbaren im Gespräch Ziele für den Mitarbeiter, die dieser dann im Laufe des Jahre versucht zu erreichen. Als typisches Beispiel nehmen wir mal einen Vertriebsmitarbeiter: Er nimmt sich das Ziel vor im nächsten Jahr 20 Neukunden zu akquirieren.
Wohlgemerkt: die Ziele sollen hierbei vereinbart und nicht einfach von der Führungskraft vorgegeben werden. Es heißt Zielvereinbarung nicht Zielvorgabe!
Motivation?
Die Idee dahinter: Der Mitarbeiter fühlt sich dann stärker eingebunden, er hat sich ja schließlich auf das Ziel eingelassen. Deswegen arbeitet er motivierter und eigenverantwortlich.
Und damit der Mitarbeiter auch richtig motiviert ist, an diesen Zielen zu arbeiten, wird ein variables Gehalt vereinbart. Zuckerbrot und Peitsche. Erreicht er das gesteckte Ziel am Ende des Jahres, dann gibt es dafür einen ordentlichen Bonus. Erreicht er es nicht, gibt’s auch keinen Bonus.
Bei manchen Vertriebsmitarbeitern können diese variablen Gehaltsanteile schon mal die Hälfte der gesamten Vergütung ausmachen.
Das Problem dabei: Mein Kollege Stephan Heinrich hat es schön auf den Punkt gebracht:
Der Mitarbeiter wird so zum Gehaltsoptimierer!
Herausfordernde Ziele oder das Gehalt optimieren?
Warum sollte der Mitarbeiter sich denn bei Mitarbeitergesprächen auf herausfordernde Ziele einlassen? Warum überhaupt erst über Herausforderungen nachdenken? Er schneidet sich damit doch selbst ins Fleisch.
Da ist es doch viel günstiger für ihn, die Ziele so niedrig wie möglich zu stecken, – bloß kein Risiko – damit er sich auch sicher sein kann, seine Zielerreichung am Ende des Jahres zu erfüllen und so sein variables Gehalt zu bekommen.
In solchen Zielvereinbarungsgesprächen, bei denen das Ziel ans Gehalt gekoppelt ist, geht es zu wie auf dem Basar.
Aus Mitarbeitersicht absolut nachvollziehbar. Schließlich will der Mitarbeiter das höchstmögliche Gehalt für sich herausholen. Ihn interessieren nicht die Möglichkeiten und Chancen für das Unternehmen oder für seine Abteilung.
Denn Möglichkeiten und Chancen bergen schließlich immer ein Risiko. Warum sollte er Gehaltsanteile an diese Risiken koppeln?
„Herr Meier, Sie sind doch da draußen im Vertrieb. Wie sieht es denn in Ihrer Region aus? Was glauben Sie? Wo können wir neue Kunden akquirieren?“
„Oh, Chef! Ganz schwierig. In meiner Region geht da gar nichts! Ich kann ja froh sein, wenn ich meine bestehenden Kunden behalte.“
„Wie sähe es denn mit der Branche X aus. In der Branche gibt’s doch so viele Unternehmen gerade in Ihrer Region. Können wir da nicht was machen?“
„Nee, Chef. Ganz schlecht. Denen geht’s allen ganz schlecht. Da holen wir nix. Nee, nee, da geht nix“
Und so geht es weiter. Der Mitarbeiter mauert einfach, weil er sich verständlicherweise keine Ziele reinschreiben lassen will, von denen er nicht 100 % überzeugt ist, sie auch zu erreichen. Er wäre ja auch schön blöd.
Irgendwann platzt dem Chef der Kragen und er gibt einfach die Ziele vor. Ein tolles Gespräch! Sehr motivierend!
Ziele und Gehalt entkoppeln!
Wer die Erreichung von persönlichen Zielen an variable Gehaltsanteile koppelt, braucht sich nicht zu wundern, wenn Mitarbeitergespräche nur noch zu Gehaltsverhandlungen verkommen.
Da ist dann kein Platz mehr für wirklichen Austausch von Ideen, von Neuigkeiten. Da werden keine Optionen und Chancen ausgelotet. Schade eigentlich.
Management by Farce
Im Jahr 2011 veröffentlichte Spiegel Online einen Artikel mit der Überschrift: „Karriereplanung: Management by Farce“ von Helene Endres.
Im Artikel wird das Problem der Zielvereinbarungen besprochen. Bemerkenswert finde ich vor allem die Vielzahl der negativen Kommentare. Die Kommentatoren sprechen da über ihre Erfahrungen in verschiedenen Unternehmen mit Zielvereinbarungsgesprächen.
Hier nur ein Paar Ausschnitte aus den Kommentaren, die sich unter dem Artikel befinden.
„Die meisten Zielvereinbarungen sind planwirtschaftlicher Schwachsinn…“
„Das immer gleiche und Nerv tötende Ritual der Zielvereinbarung besitzt auch in meinem Beruf den Status einer Alibiveranstaltung…“
„Die Zielvereinbarungsgespräche in dem Unternehmen, für das ich arbeite, sind das Dümmste, was ich in meinem Leben je gemacht habe. Man denkt immer nur, wo ist die versteckte Kamera…“
Gespräche als Kontroll- und Machtinstrument
In vielen Unternehmen werden die Zielvereinbarungsgespräche primär als Machtausübung und Kontrollinstrument mit Soll-Ist-Analyse eingesetzt. Das Führen mit Zielen verkommt zu einem für meist beide Seiten frustrierenden Formalismus!
OK. Um die Praxis der Mitarbeitergespräche ist es in vielen Unternehmen also schlecht bestellt. Wie können Sie es besser machen?
Wie machen Sie es besser?
Als Erstes sollten wir uns überlegen, wozu dienen Mitarbeitergespräche überhaupt. Ich bin der Meinung zu aller Erst geht es mal darum, dass der Mitarbeiter und die Führungskraft ganz einfach ins Gespräch kommen und sich austauschen. Das ist die Basis. Ein Gespräch in Ruhe, ohne Störungen von außen und ohne, dass eine Diskussion über Strategie und mögliche Ziele automatisch in eine Gehaltsdiskussion mündet.
Das heißt, wenn irgendwie möglich, entkoppeln Sie die Gehälter Ihrer Mitarbeiter von der Erreichung persönlicher Ziele. Hören Sie dazu nochmal die Podcastfolge 6 über Entlohnung mit variablen Gehaltsanteilen und auch die Podcastfolge 21 mit dem Interview mit Stephan Heinrich über Bezahlung im Vertrieb.
Es gibt Führungskräfte, die mir sagen, das wär ja alles ganz nett, aber sie bräuchten ein solches Mitarbeitergespräch nicht zu führen, da sie ja sowie ständig mit ihren Mitarbeitern reden würden.
Es mag ja sein, dass Sie sich zwischen Tür und Angel häufiger mal mit Ihrem Mitarbeiter unterhalten. Aber dabei geht es doch meistens um Dinge, die dringend sind. Termindruck. Irgendwas brennt und es muss schnell entschieden werden, oder?
Auch wenn Sie sich, regelmäßig z.B.: in einem Jour Fix über anstehende Probleme und das Tagesgeschäft unterhalten, geht es meist um Aktuelles, um Kurzfristiges.
Aber das ist etwas anderes.
Kein Tagesgeschäft sondern Langfristiges
Im Mitarbeitergespräch geht es nicht um gerade anstehende Probleme im Tagesgeschäft. Es geht darum ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln für die Zusammenarbeit. Es geht um Orientierung, um mittel- und Langfristiges. Es geht um Wichtiges, meist nicht Dringendes.
Es geht um Feedback und Weiterentwicklung – Entwicklung des Unternehmens wie auch der Personen. Es geht um den Austausch von Erwartungshaltungen. Es geht darum gemeinsam mögliche Zukunftsszenarien auszuloten, Pläne, Ideen und Strategien zu besprechen und ja – dann geht es auch irgendwann darum Ziele zu vereinbaren.
Aber Ziele: das ist nur einer der vielen Punkte in einem Mitarbeitergespräch. Dieses „Ziele vereinbaren“ funktioniert nur dann gut, wenn Vertrauen da ist, wenn man sich vorher intensiv ausgetauscht, das Machbare ausgelotet und das Wünschenswerte ausgesprochen hat.
Einige Tipps für das Mitarbeitergespräch
Als Mitarbeiter wie auch als Führungskraft sollten Sie sich genügend Zeit nehmen für das Gespräch und sich darauf vorbereiten.
Überlegen Sie sich vorher, welche Themen besprochen werden sollen. Welche Informationen möchten Sie weitergeben und welches Feedback wollen Sie geben?
Es ist durchaus sinnvoll sich einen groben Ablauf des Gesprächs vorher zu überlegen. Dieser Ablauf sollte aber als roter Faden dienen und nicht etwa als detailliertes Vorgehen verstanden werden.
Jeder Mensch ist unterschiedlich und deswegen wird auch jedes Mitarbeitergespräch unterschiedlich verlaufen.
Bei dem einen Mitarbeiter liegt zum Beispiel der Fokus des Gesprächs mehr auf der Diskussion und dem Austausch über Strategie und neue Konzepte, beim anderen Mitarbeiter geht es mehr um dessen persönliche Weiterentwicklung und die dafür benötigte Unterstützung.
Mit manchen Mitarbeitern kann man ausführlich über Vision, Strategien oder neuen Entwicklungen diskutieren und noch im Gespräch kommt der Mitarbeiter selbst mit einem großen Ziel, das er sich für‘s Jahr vornimmt.
Mit einem anderen Mitarbeiter müssen Sie hingegen viel mehr ins Detail gehen. Ihm reicht ein klares Ziel nicht. Er braucht die Unterstützung beim Runterbrechen des Ziels. Ihm helfen Sie, wenn Sie mit ihm gemeinsam die nötigen Maßnahmen vereinbaren. Der andere Mitarbeiter wird das als Mikromanagement auffassen. Wie gesagt: die Menschen sind unterschiedlich.
Bitte berücksichtigen sie immer: ein Plan wie auch ein Ziel liegt in der Zukunft, basiert aber auf Annahmen in der Gegenwart. Das heißt: ein Ziel zu vereinbaren ist ok. Wenn sich aber die Randbedingungen ändern, sollte man auch den Plan ändern und das einmal vereinbarte Ziel zumindest überdenken.
Ziele geben eine Orientierung. Sie sollten aber nicht in Stein gemeißelt sein!
Das inspirierende Zitat
„Im Gespräch muss man die Gedanken des Partners unterstützen,
ihnen Raum und Luft schaffen.
Man sollte sie nicht ersticken, bevor man ihnen widerspricht.“
Friedrich Georg Jünger
Links und Weiterführende Artikel
- Blog-Parade: „Die 3 wichtigsten Führungsprinzipien“
- Die Zielvereinbarung
- Mitarbeitergespräche: Darauf kommt es an!
- Entlohnung mit variablen Gehältern
- Management by Farce (Spiegel Online)
Podcast abonnieren
Um meinen Podcast zu abonnieren und keine zukünftigen Folgen mehr zu verpassen, klicken Sie einfach auf einen der folgenden Links:
Hier klicken, um via iTunes zu abbonieren!
Hier klicken, um via RSS Feed zu abbonieren!
Ihr Feedback
Wie gefällt Ihnen diese Folge meines Podcasts?
Ich freue mich über Feedback und Anregungen.
Wenn Ihnen der Podcast gefällt, bewerten Sie ihn doch bitte auf iTunes!
Das hilft, den Podcast bekannter zu machen und auf iTunes sichtbarer zu werden.
Für die Bewertung einfach hier klicken!
Danke!