fpg221 – Zusammenarbeit mit China – Interview mit Sabrina Weithmann
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Heute geht es im Podcast um die Zusammenarbeit mit China, vor allem mit chinesischen Unternehmen.
China bereits die Nummer 2 in der Welt hinsichtlich Bruttosozialprodukt und Wirtschaftsmacht. China holt immer mehr auf zu den Vereinigten Staaten von Amerika, die nach wie vor noch an erster Stelle stehen.
Chinas Wirtschaft wächst immer noch signifikant – laut offiziellen chinesischen Angaben zu Folge in diesem Jahr – also 2018 – um mehr als 6 Prozent.
Zusammenarbeit mit China
Kein Wunder also, dass nicht nur große Konzerne in China sind sondern auch kleine und mittelständische Unternehmen sich überlegen, wie man dort Fuß fassen kann.
- Worauf sollte man achten, will man mit chinesischen Firmen Geschäfte machen?
- Was sind typische Fehler, die man beispielsweise auch in der Mitarbeiterführung unbedingt vermeiden sollte, wenn man mit chinesischen Partnern arbeitet?
- Was sind nach wie vor typische kulturelle Unterschiede, die man als Unternehmer in der Zusammenarbeit berücksichtigen sollte?
Darüber unterhalte ich mich heute mit Dr. Sabrina Weithmann.
Sabrina Weithmann
Sie ist Wirtschaftssinologin und hat Chinesisch und Wirtschaft in Peking, Qingdao und Taipeh studiert. Danach hat sie am Lehrstuhl ‚China Business und Economics‘ in Würzburg promoviert.
Sie hat in einem Beratungsunternehmen und verschiedenen internationalen Organisationen gearbeitet und war mehrere Jahre in China tätig und ist auch heute noch regelmäßig in China.
Heute ist Sabrina mit Ihrem eigenen Unternehmen als China-Beraterin unterwegs. Sie leitet Strategie-Workshops in Firmen, berät Unternehmer und begeistert als Vortragsrednerin rund um das Thema China und die chinesische Wirtschaft.
Ach ja – und natürlich ist sie auch Podcasterin. Wer sich für China interessiert sollte unbedingt reinhören in „Chinalogue – Der China Podcast.“
Weiterführende Links
- Webseite von Sabrina Weithmann
- Sabrina’s Podcast: „Chinalogue – Der China Podcast.“
- Die im Podcast erwähnte Rede von Tim Cook über China:
Das inspirierende Zitat
„Von Natur aus sind die Menschen fast gleich; erst die Gewohnheiten entfernen sie voneinander.“
Konfuzius
Das transkribierte Gespräch mit Sabrina Weithmann
Geropp:
Sabrina, was macht denn für dich eigentlich den Reiz Chinas aus?
Weithmann:
Für mich ist es eine Kombination aus vielen Dingen. Also was wahrscheinlich mit hereinspielt, ist, dass ich sehr früh Zugang zu China bekommen habe. Das war schon mit 15, da hatte ich Kontakt zu sehr vielen Chinesen und auch sehr enge Freundschaften geschlossen.
Und ich glaube, diese Faszination hat mich einfach nie mehr losgelassen. Und mittlerweile muss ich auch sagen, dass ich mich in China immer so ein bisschen Zuhause fühle, also es ist immer wieder schön da zu sein.
Geropp:
Ah, ja, okay. Also ich kenne China von vor zehn Jahren. Weil ich da, bei meinem Unternehmen, für das ich gearbeitet habe, war ich in Shanghai, in Bejing und so weiter. Aber wenn ich das richtig verstehe, hat sich da in den letzten zehn Jahren ja doch vieles verändert, das geht so schnell.
Vielleicht kannst du da ein bisschen einmal was zu sagen, was hat sich denn jetzt so in den letzten zehn Jahren in Chinas Wirtschaft verändert?
Weithmann:
Also ich glaube, so dieser zehn Jahreszeitraum ist ein sehr, sehr guter Zeitraum. Weil wir ja wissen, so 2007 kam, glaube ich, das erste iPhone heraus. Und seitdem hat sich natürlich in China schlagartig sehr viel verändert, weil man sehr viel auch über das Handy machen kann.
Auch so das Landesinnere Zugang zu vielen Dingen hat, was es halt vorher nicht gab. Und deswegen ist gerade so, was zum Beispiel den Zahlungsverkehr angeht, das ist massiv, hat das zugenommen. Also man kennt das ja vielleicht aus China, dass man eigentlich gar kein Bargeld mehr hat.
Also das sind so Dinge, das hat sich über die letzten zehn Jahre einfach entwickelt. Und dadurch eben auch das Thema E-Commerce, das rasant gestiegen ist. Also es sind, glaube ich, so die offensichtlichsten Dinge, die man so mitbekommt, wenn man einfach einmal rüber fährt. Aber auch was die Wirtschaft natürlich angeht, dass die massiv gewachsen. Und man ist eben sehr stark weg jetzt von diesem Punkt, dass man ja billig produziert in China. Sondern mittlerweile ist es tatsächlich auch ein Innovationsstandort.
Geropp:
Ja, ich habe da ein Video gesehen von Tim Cook, der CEO von Apple, der da sehr, ja, intensiv darauf eingegangen ist, und er hat gesagt:
„Wir sind nicht in China, weil man da preiswert produzieren könnte. Wir sind hier in China, weil super Qualität hinsichtlich der Iphones und so weiter hergestellt wird. Weil da ein Riesenpool an hochqualifizierten Leuten ist.“
Also das hat sich schon massiv verändert, ist mein Eindruck. Aus deiner Sicht, Sabrina, worauf sollten sich deutsche Unternehmen vorbereiten? Wenn sie also bisher wenig mit China zu tun hatten, aber jetzt, ja, entweder nach China wollen oder mit chinesischen Partnern zusammenarbeiten wollen. Wenn die also hier, zum Beispiel chinesische Firmen in Deutschland investieren, worauf sollte man da achten, von den kulturellen Unterschieden?
Weithmann:
Also ich glaube, du hast es gerade schon angesprochen. Die kulturellen Unterschiede, die werden sehr oft unterschätzt. Und man versucht dann an China heranzugehen, wie man das überall machen würde, ja?
Also ob man jetzt nach Frankreich oder Italien geht, man würde jetzt irgendwie genauso auch den chinesischen Standort erschließen. Was dann eben oft schiefgeht, weil die chinesische Kultur doch so ihre Tücken hat. Und wenn man die einfach nicht kennt, dann tritt man da schnell in Fettnäpfchen.
Und deswegen, also am Anfang ist es immer gut einfach ganz genau zuzuhören, was denn der andere auch genau sagt und in welche Richtung der möchte. Und wenn man sehr, sehr gut zuhört, dann kann man viele Dinge schon lösen. Aber sich einfach vorher mit der Kultur auch auseinanderzusetzen ist, meines Erachtens, einer der wichtigsten Punkte. Und zur Kultur gehört natürlich auch einfach der andere Markt. Also dass dort einfach Dinge etwas anders laufen als sie das bei uns machen. Und da sollte man sich vorher sehr, sehr gut informieren.
Geropp:
Kannst du da einmal so zwei, drei Beispiele geben, wo man da ins Fettnäpfchen treten könnte?
Weithmann:
Also das sind so Themen, wie beispielsweise wenn man mit chinesischen Geschäftspartnern zusammenarbeitet, dass man oft wie bei uns sehr direkt kommuniziert, das macht man in China eher weniger, beziehungsweise erst, wenn man eine gewisse oder sehr gute Beziehungen aufgebaut hat zu dem chinesischen Partner. Und deswegen kommt man einfach nicht so schnell an Resultate wie man sich das gerne wünscht.
Weil man eben diese Kultur erst einmal aufbauen muss. Oft wird dann einfach von Deutschen dann auch Druck auf den anderen Partner, also den chinesischen Partner, ausgeübt und der, ja, der zieht sich dann einfach zurück. Und man bekommt dann eben auch keine Resultate zum Teil und kann dann wieder von vorne anfangen. Also das ist zum Beispiel ein so ein Beispiel, ja.
Geropp:
Das heißt, wenn ich Geschäfte machen möchte in China, muss ich mich darauf einstellen, dass ich da doch vielleicht zwei-, drei-, viermal rüber fliegen muss. Mich mit den Leuten treffen, Essen gehen und so weiter, aber da geht es nur um den Beziehungsaufbau. Da kann ich noch keine wirklichen Geschäfte abschließen, verstehe ich dich richtig?
Weithmann:
Genau. Und vor allem ist es da auch wichtig dieses Gesichtskonzept, also man spricht da von „MIENZE“ im Chinesischen. Und das Thema Gesicht ist nach wie vor sehr relevant und das führt eben auch dazu, dass man jetzt als normaler Mitarbeiter vielleicht nicht hinreichend ist um dort aufzutreten. Sondern man muss dann einfach wirklich einmal beispielsweise den Geschäftsführer mitbringen, damit der eben auch dann bei Geschäftsessen teilnehmen kann oder sich auch den Firmenstandort anschaut.
Und hier einfach, ja, Interesse zeigt, dass er da auf jeden Fall dahintersteht. Weil das dann auch der chinesischen Seite einfach sehr, sehr wichtig ist. Weil die in der Regel, wenn man da auf Besuch kommt das erste Mal, dann auch meistens mit beispielsweise dem Geschäftsführer auffahren.
Geropp:
Das heißt, dieses Hierarchiedenken, das ist noch sehr stark in China?
Weithmann:
Genau, ja. Also die Hierarchien sind auch deutlich weiter untergliedert, als sie das bei uns sind. Also man zieht da wirklich verschiedene Ebenen noch ein, weil es einfach dieses Hierarchieprinzip gibt. Also so eine flache Hierarchie wie man das bei uns kennt, ist in China kaum möglich momentan.
Also auch da merkt man natürlich Veränderungen, weil viele, ja, so ein bisschen die westlichen Managementstyles auch annehmen. Aber ich würde sagen, gerade bei dem Hierarchiedenken ist das nach wie vor einfach sehr, sehr intus. Und deswegen kommt man da schwer davon weg, und muss sich dann halt, ja, entsprechend wenn man dort arbeitet darauf einstellen, dass man halt verschiedene Hierarchieebenen noch zusätzlich auch einzieht.
Geropp:
Ich kann mir vorstellen, dass es da sehr günstig ist auch mit jemandem zusammenzuarbeiten, der beide Kulturen versteht. Also das war schon, als ich vor mehr als zehn Jahren da zu tun hatte, mit den Leuten kam ich am besten zurecht, die selbst vielleicht in den USA oder in Deutschland studiert hatten.
Weil die das verstanden hatten wie wir ticken, und die eine Brücke bauen konnten. Ansonsten, das war für mich so etwas von fremd im Umgang miteinander, ich habe vieles nicht durchschauen können damals. Das ist heute anscheinend immer noch so, ja?
Weithmann:
Würde ich schon sagen. Also ich glaube, dass es immer gut ist, wenn sich beide Seiten mit der anderen Kultur beschäftigen, weil man dann so einen Mittelweg findet, mit dem eben beide ganz gut können. Deswegen ist es natürlich gut, wenn man auf der einen Seite einen Chinesen hat, der beispielsweise schon in Deutschland oder irgendwo in Europa unterwegs war, vielleicht auch in den USA und so ein Stück weit die Kultur einschätzen kann.
Auf der anderen Seite ist es aber auch wichtig, dass man auf der deutschen Seite jemanden hat, der einfach sehr, sehr offen ist sich auch auf das Chinesische einzulassen. Und wenn man hier quasi sehr offene Charaktere hat, die aufeinandertreffen, dann können die meistens auch ganz gut miteinander.
Geropp:
Wenn wir jetzt so einen typischen deutschen Mittelständler nehmen, der jetzt sagt,
„Mensch, jetzt wird es Zeit für uns, wir wollen jetzt auch in China Fuß fassen“.
Sei es mit einer Produktionsstätte oder vielleicht erst einmal mit einem Vertriebsbüro. Was würdest du dem raten, worauf soll der achten? Was sind so die ersten Schritte, wenn jemand in die Richtung denkt dort aktiv zu werden?
Weithmann:
Also ich würde immer empfehlen, dass man sich auf jeden Fall als ersten Schritt den Markt sehr, sehr genau anschaut. Weil in China jede Branche ein Stück weit anders tickt. Manche werden staatlich sehr stark unterstützt, andere weniger.
Dann gibt es verschiedene Restriktionen in manchen Bereichen, in anderen weniger. Und man muss sich da einfach sehr, sehr genau informieren, auch in welche Richtung der Trend geht. Also wenn ich da jetzt ein Büro langfristig zum Beispiel eröffnen möchte, dann will ich ja auch wissen, was passiert hier in fünf Jahren, was passiert in zehn Jahren womöglich? Ist es eine langfristige oder eine kurzfristige Investition.
Und so etwas kriegt man eigentlich nur heraus, wenn man sich wirklich sehr, sehr intensiv mit dem Markt vorher auseinandersetzt. Und das kann dann auch häufig eben in die Richtung deuten, will ich denn eigentlich ein Vertriebsbüro oder will ich vielleicht einen Produktionsstandort, gibt es so erste Anhaltspunkte einfach.
Und einfach einmal sich aus der deutschen Sicht quasi zu überlegen, na, ja, ich will jetzt in China produzieren, großer Markt und so. Das reicht halt oft nicht aus. Sondern man muss da wirklich vorher, ich würde einmal sagen, mindestens dreimal so viel Recherche betreiben, wie man das in anderen Ländern macht.
Geropp:
An wen sollte man sich denn deiner Meinung nach wenden, wenn man jetzt, sagen wir einmal, ich bin so ein Mittelständler, habe hier in der Nische in Deutschland mir etwas Schönes aufgebaut, habe meine hundert, zweihundert Mitarbeiter.
Und sage, so, und jetzt gehen wir in den chinesischen Markt. An wen wendet der sich am besten, um diese Informationen über den Markt und die Gepflogenheiten, ja, da nähere Informationen zu bekommen?
Weithmann:
Am besten natürlich immer an mich (lacht).
Geropp:
lacht) Klar.
Weithmann:
Klar. Es gibt aber natürlich auch noch andere Anlaufstellen. Also so die Außenhandelskammern sind manchmal ein hilfreicher erster Punkt, an den man sich wenden kann. Die können einem so die ersten Infos auf jeden Fall schon einmal liefern. Wichtig ist es dann immer anzufangen zu netzwerken, also sich einmal umzuschauen, okay, wer ist denn vielleicht von meinen anderen Partnern aus Deutschland vielleicht dort schon vor Ort, wer kann mir da so ein paar Tipps geben, wie man einfach vorgeht? Das ist oft ganz hilfreich.
Ansonsten natürlich, klar, Unterstützung von außen holen, damit man einfach den Start sicher hinbekommt. Und dann gibt es mittlerweile tatsächlich auch viele, die einen da vor Ort direkt unterstützen können. Also wie man das bei uns so mit Shared-Working-Spaces oder so kennt, gibt es in China auch. Das gibt es auch speziell für deutsche Unternehmen, die dort Fuß fassen wollen.
Wo man sich dann beispielsweise Büroräume teilt oder verschiedene Shared-Services, also dann zum Beispiel, ja, Büroassistenzen teilt oder den Druckerraum oder einfach so Basics, die man am Anfang auf jeden Fall braucht und vielleicht noch nicht direkt selber alles investieren will. Und oft schickt man ja dann erst einmal eine Person rüber, die, ja, so den Markt sondiert und vielleicht so ein Stück weit dann schon Vertrieb macht. Und wenn die eben Unterstützung durch andere Unternehmen kriegt, dann ist das oft ganz hilfreich.
Geropp:
Was sind aus deiner Sicht so die größten Unterschiede hinsichtlich Mitarbeiterführung in China und im Vergleich zu Deutschland?
Weithmann:
Also ein Punkt sind natürlich die Hierarchien, die ich vorher schon erwähnt hatte. Also hier muss man sich einfach bewusst machen, dass man meistens nur dem Vorgesetzten zuhört. Ja? Also so Kommunikation von unten oder auf gleicher Ebene ist oft schwierig. Sondern Anweisungen an einen Mitarbeiter müssen oft von oben kommen.
In meiner Rolle zum Beispiel ist es immer ein bisschen schwierig, weil ich dann Externer bin und oft nicht so richtig klar ist, welchen Einfluss oder welche Hierarchieebene dieser Externe jetzt einnimmt. Bei so etwas ist es dann immer wichtig, dass man halt mit dem Vorgesetzten tatsächlich spricht und der mit den Mitarbeitern wiederum spricht. Und denen eben sagt, an welcher Position ich bin und welche Befugnisse ich habe.
Also das ist einfach so ein Punkt, wo man darauf achten muss. Was anderes wäre jetzt auch noch, ja, das Thema enge Führung. Also was man bei uns vielleicht eher unter Micro-Management kennt, das ist in China schon fast der Standard. Also ich muss meine Mitarbeiter einfach viel, viel enger führen, als ich das in Deutschland machen würde.
Geropp:
Hast du das Gefühl, dass sich das ändert oder hat sich da in den letzten zehn Jahren nichts geändert? Weil so kenne ich es auch, so wie du das beschreibst, ja.
Weithmann:
Es hat sich schon etwas geändert. Also die jüngeren Generationen, die sind da auch deutlich anspruchsvoller oder wollen auch so ein bisschen ihre kreative Ruhe haben. Aber so im Wesentlichen, wenn es wirklich darum geht Projekte müssen umgesetzt werden, dann ist das meistens nach wie vor so.
Also es ist halt immer auch dieser kulturelle Aspekt mit drin, dass man einfach sagt, okay, ich will jetzt aus deutscher Sicht einen gewissen Plan haben, wo ich verschiedene Punkte abhaken kann und dann zum Ziel komme. Und da muss ich das einfach, wenn ich in China bin, tatsächlich kleinere Schritte machen, um dann zum Ziel zu kommen. Weil ich einfach zwischendurch nachfragen muss,
„Hey, wie steht es denn.“
Und so etwas zu sagen, wie,
„Ja, also in drei Monaten müssen wir fertig sein.“
das funktioniert dann halt nicht. Sondern man muss zwischendurch einfach Schritte einziehen, wo man immer wieder einmal nachfragt, wie denn der aktuelle Stand ist. Weil sonst halt nach drei Monaten eventuell das böse Erwachen kommt.
Geropp:
Das heißt, wenn ich jetzt, also als Mittelständler, zum Beispiel ein Vertriebsbüro dort aufgemacht habe und ich habe dort chinesische Mitarbeiter, es wäre wahrscheinlich in jedem Fall sinnvoll, überhaupt erst einmal dort auch jemanden aus dem eigenen Stab zu haben, der sich diese Art der Mitarbeiterführung überhaupt erst einmal aneignet und klar macht. Weil sonst aus der Ferne ein rein chinesisches Team zu führen, wenn ich dich richtig verstehe, wird wahrscheinlich schiefgehen.
Weithmann:
Ja, würde ich auf jeden Fall sagen. Das hat aber auch ein Stück weit mit Commitment zu tun. Also was ich oft erlebe ist, dass mittelständische Unternehmen dann halt rausfinden, ja, okay, der chinesische Markt, nach wie vor, der wächst sehr stark, und wir wollen halt da jetzt etwas aufbauen. Und dann fehlt aber eigentlich so das Commitment der eigenen Mitarbeiter, weil keiner so richtig überhaupt länger rüber gehen will.
Und das funktioniert dann meistens nicht. Also man braucht wirklich Leute, die auch bereit sind einfach einmal länger rüber zu gehen. Das hat auch wieder so ein Stück weit mit Gesicht zeigen zu tun. Also man muss ja so seine eigene Kultur auch übertragen auf das chinesische Unternehmen.
Und dazu muss dann einfach einer aus dem Mutterhaus auch vor Ort sein und auf jeden Fall die ersten Schritte einmal einleiten. Dann auch vielleicht tatsächlich ein Stück weit enger führen anfangs, bis die Mitarbeiter dann halt soweit darauf eingestellt sind, dass sie einfach die Prozesse kennen, wie die auch in Deutschland ablaufen. Und man denen dann so ein bisschen freiere Hand auch geben kann.
Geropp:
Was sind denn so typische Fehler, die so in der Kommunikation, gerade in diesen interkulturellen Teams, wenn man also, wenn wir deutsche und chinesische Mitarbeiter zusammen haben, was kann da passieren, was für typische Fehler? Und was sind so deine Tipps, wie man die vermeiden kann?
Weithmann:
Ja. Also ich glaube, so der größte Fehler, ist dass man sich, a) nicht richtig zuhört, und b) falsch interpretiert. Also wenn wir die unterschiedlichen Kommunikationsstile uns auch anschauen, dann ist China immer noch so, dass sehr viel zwischen den Zeilen gelesen wird.
Also vieles wird nicht direkt formuliert, während in Deutschland eben, ja, sehr viel auch ausgesprochen wird, was man sich denkt. Und dann einfach nach Gesprächen davon ausgegangen wird, dass der andere schon das Gleiche mit aus dem Gespräch rausnimmt.
Vielleicht dazu auch ein Beispiel: Mir ist es einmal in einem Meeting passiert zwischen einer Gruppe von Deutschen und einer Gruppe von Chinesen. Wo wir dann, ja, dieses Meeting einfach, ja, hat stattgefunden. Ich saß da drin, ich habe so ein bisschen natürlich mitbekommen, dass die Chinesen auch auf chinesisch gesprochen haben. Das, was sie dann auf englisch gesprochen haben, also das Meeting war wirklich auf Englisch, und hatte dann, dadurch, dass ich halt das Chinesische auch mitbekomme habe, also auch so ein Stück weit wusste, was die gerade eigentlich sagen wollen, weil man ja zwischen der Übersetzung auch immer ein Stück weit verliert.
Also man denkt auf Chinesisch, man spricht auf Englisch, der Deutsche nimmt das auf Englisch auf und übersetzt es dann oft in sein Deutsch. Ja? Und das sind einfach so verschiedene Schritte, wo viel verlorengeht. Und ich erinnere mich, wie dann nach dem Meeting, ich stand mit dieser Gruppe der Deutschen dann im Aufzug, und die haben so darüber sinniert, was jetzt die nächsten Schritte sind.
Und ich hatte dann wirklich das Gefühl, dass ich so in einem ganz anderen Meeting war. Weil da einfach, ja, die Schritte, die dabei herauskamen, das war einfach etwas ganz anderes, als das was ich verstanden hatte. Und ich war auch überzeugt, dass die Chinesen auch etwas ganz anderes verstanden hatten.
Geropp:
Und wie vermeide ich das?
Weithmann:
Am besten, in dem man die einzelnen Leute tatsächlich wiederholen lässt, was sie eigentlich aufgenommen haben. Also dass man am Schluss vom Meeting vielleicht noch einmal eine Runde macht, wo einfach die deutsche Seite noch einmal zusammenfasst, was sie aufgenommen haben und glauben, dass die nächsten Schritte sind. Und dass dann auch von den Chinesen noch einmal einfordert.
Da ist es natürlich, damit es nicht irgendwie seltsam wirkt, ist es ganz gut, dass man vielleicht ankündigt,
„Ja, okay, aus interkulturellen Hintergründen oder aus Grund der Erfahrungswerte möchten wir einfach noch einmal eine Runde drehen, wo jeder noch einmal kurz sagt, was er denn verstanden hat.“
Und das dann auch gerne aufschreiben. Damit es dann jeder noch einmal vor sich hat und man sich daran ein Stück weit zumindest darauf berufen kann.
Geropp:
Gibt es denn noch weitere typische Fehler, die man vermeiden sollte, wenn man, ja, als Teilnehmer in so einem Team zusammenarbeitet, zwischen deutschen und chinesischen Mitarbeitern oder Teilnehmern?
Weithmann:
Also was ich oft mitbekommen habe, ist tatsächlich diese Kombination aus Kommunikation und Hierarchie, weil da einfach das größte Potential ist, dass Dinge schieflaufen. Also es gibt so kleinere Dinge, ja, also wenn man zum Beispiel mit interkulturellen Teams dann auch zum Essen geht.
Da verhält sich einmal der eine ein bisschen komisch, weil er halt so die Kultur von dem anderen nicht kennt. Das sind aber oft Dinge, die man einfach dem anderen noch nachsieht. Aber sobald es dann mit Hierarchie und Kommunikation zu tun hat, oft dann auch so eine Feedbackkultur mit reinkommt, da kann sich das oft schnell zu einem Pulverfass entwickeln, wo man dann halt nicht mehr weiterkommt ohne, ja, das Ganze irgendwie aufzulösen, beziehungsweise vielleicht auch einen Dritten oder den Vorgesetzten dann noch zusätzlich mit dazu holt.
Geropp:
Ich habe einmal gehört von jemandem, das fand ich hoch spannend, der sehr viel mit interkulturellen Teams aus allen Ländern zu tun hatte. Und der wurde gefragt:
„Sie haben jetzt ein interkulturelles Team aus Chinesen, Japanern, Deutschen, Amerikanern, Engländern, Franzosen. Die größte Schwierigkeit ist sicherlich zwischen den Westlichen und den Östlichen?“
Da sagte er:
„Nein, nein. Nein, nein. Das größte Problem war da zwischen den Japanern und den Chinesen.“
Habe ich gesagt:
„Wie kommt das denn, die sind doch so ähnlich?“
Genau deswegen, weil dort vermutet wird, dass man gut miteinander auskommt, weil man aus einem gleichen oder aus einem ähnlichen Kulturkreis kommt, dass man dann ein höheres Verständnis hat. Und das war gar nicht der Fall.
Und das fand ich hoch spannend. Was würdest du denn sagen, wenn man ich solchen interkulturellen Teams arbeitet, oder wenn man jetzt auf den chinesischen Markt gehen möchte, mit welchen Methoden und Trainings kann man sich da als kleines deutsches Unternehmen am besten auf die Zusammenarbeit vorbereiten?
Weithmann:
Also ich würde auf jeden Fall immer mit einem interkulturellen Training starten. Das klingt immer so ein bisschen plump, weil viele auch interkulturelle Kompetenzen wirklich so als, ja, als Soft Skill, so als „nice to have“, würde ich einmal sagen, abtun.
Ich würde aber wirklich nicht sagen, dass das ein „nice-to-have“ ist, sondern das ist wirklich ein Muss. Also ohne interkulturelles Training und so ein bisschen eine Sensibilität für die chinesische Kultur aufzubauen, würde ich mich gar nicht rüber trauen, ja? Also da würde ich wirklich sagen, beschäftigt euch da vorher auf alle Fälle damit. Also wirklich einmal einen Trainingstag, vielleicht auch zwei, je
Geropp:
Sabrina, vielleicht kannst du einmal kurz sagen, was passiert in so einem interkulturellen Training? Was macht man da?
Weithmann:
Also ich kann vielleicht einmal aus meinem eigenen Training auch erzählen. Was ich immer mache ist, dass ich erst einmal mit einem/ also relativ simpel einsteige, ja? Also ich versuche erst einmal die Mitarbeiter oder die Leute abzuholen, „was wisst ihr denn schon über China?“.
Das sind dann gleich einmal so viele Stereotypen, die da kommen, wo wir dann so im Laufe des Trainings eben damit aufräumen, ob das denn wirklich noch stimmt. Ja? Also die essen alle Hunde zum Beispiel ist so ein typisches Ding. Und die spucken alle auf den Boden und rülpsen beim Essen. Und das sind alles so Dinge, die da ganz oft hochkommen, weil das die Leute einfach schon einmal gehört haben.
Und auch wirklich noch so den Eindruck haben, sie reisen da jetzt in ein Entwicklungsland mit minderen Standards. Also es ist manchmal ganz schräg, was man da noch alles hört heutzutage. Genau, und ich erkläre dann erst einmal, was ist denn eigentlich China, ja? Also wie schnell ist das Wachstum und was muss man daraus eben mitnehmen, auch für das eigene Leben, wenn man dann tatsächlich länger sich auch in China aufhält. Aber auch so ein paar geschichtliche Faktoren, weil alles was mit Geschichte zu tun hat, die chinesische Kultur auch immens geprägt hat, und das merkt man auch im täglichen Leben nach wie vor.
Also wenn ich jetzt eine Generation habe, die beispielsweise die Kulturrevolution noch erlebt hat, dann ist das oft ein ganz, ganz anderer Umgang, als wenn ich jetzt mit einem der Millennials beispielsweise zu tun habe. Und das ist einfach etwas, das muss man vorher wissen, damit man damit umgehen kann. Was dann natürlich noch so passiert, sind so, ja, was ist eigentlich interkulturelle Kommunikation, was ist Kommunikation insgesamt überhaupt, wie nehme ich Informationen auf, wie gebe ich die weiter. Ich habe dann selber auch immer noch einen Block mit drin, wo man dann einmal reflektiert, wie werde ich eigentlich wahrgenommen, schon in der deutschen Kultur, und wie werde ich womöglich wahrgenommen in der asiatischen beziehungsweise wirklich in der chinesischen Kultur.
Und da einfach auch ein Selbstverständnis zu entwickeln, also wie ist eigentlich meine Person, wenn die nach China geht, was wird von ihr erwartet, und wie gebe ich mich auch selber? Also da findet man dann ganz oft spannende Sachen heraus, weil es gibt Menschen zum Beispiel, die sind sehr chinakompatibel, ja? Also die sind sehr offen, die haben sich viel in anderen Kulturen schon aufgehalten, und die kann man dann meistens rüber schicken.
Und die ersten Probleme treten dann erst später auf, weil man dann halt merkt so, okay, interkulturell sind die zwar sehr geschult und offen, aber so das eine oder andere Problem gibt es eben doch noch. Und dann gibt es eben die, die waren wirklich noch nie irgendwo, und da trifft dann meistens auch erst einmal so der Kulturschock auf, wenn die dann rüber gehen. Aber auch da ist es einfach, wenn die vorher sich darauf vorbereiten können, was da womöglich alles kommt und so ein paar Tipps mitbekommen, dann ist es meistens schon recht sinnvoll, ja.
Geropp:
Ich kann mir auch gerade auch vorstellen, dass für den Unternehmer oder den Geschäftsführer, selbst wenn der nicht nach China jetzt für mehrere Monate rüber geht, aber allein damit der weiß, worauf muss ich denn achten bei Verhandlungen oder ähnlichem. Dass so ein kulturelles Training in jedem Fall hilfreich dann ist.
Weithmann:
Auf jeden Fall, ja. Also was ich zum Beispiel auch immer noch anbiete, ist so eine Art Sparring, wo man in verschiedenen Situationen auch bei mir noch anrufen kann, um dann verschiedene Dinge zu klären. Also es sind so, klar, interkulturelles Training, damit man eine Basis hat, ist das sehr gut. Aber wenn man sich dann in China aufhält oder eben viel mit chinesischen Partnern zu tun hat, dann fällt einem oft auf, okay, irgendwie ist da gerade so ein Punkt, ich komme da gerade einfach nicht weiter, und ich weiß nicht woran es liegt.
Und brauche da jetzt einfach mal jemanden, der mir da weiterhilft. Und das können recht simple Sachen auch sein. Also ich hatte vor Kurzem zum Beispiel einen Kunden, der hat mich angerufen und meinte einfach so,
„Ja, also ich habe da jetzt irgendwie eine Verhandlung mit einem chinesischen Partner und das geht einfach nicht voran.“
Und er weiß nicht warum, und er versteht es auch nicht. Weil der chinesische Partner immer nur sagt, so,
„Ja, ja, wir unterschreiben den Vertrag und alles sieht gut aus.“
Und dann kommt aber immer nichts. Und dann sind wir das einfach einmal durchgegangen, was denn so bisher passiert ist und auch in welchem Verhältnis die eigentlich zueinander stehen. Und das war in dem Fall dann, der chinesische Partner war der CEO von diesem Unternehmen, dieses Unternehmen hat aber wiederum zu einem chinesischem Staatskonzern gehört.
Und letztendlich kam dann heraus, dass er halt gar nicht die Entscheidungsgewalt hatte, wo der andere davon ausgegangen ist, dass er die hat. Also das ist an sich etwas relativ Simples, aber oft wenn man dann in der Situation steckt, dann kommt man da auch nicht so richtig darauf woran es liegt. Und hat halt vielleicht auch diese, ja, diese Machtverhältnisse nicht richtig auf dem Schirm und, genau, da kann dann auch so etwas weiterhelfen.
Geropp:
Das kann ich mir vorstellen, dass das häufig durchaus sehr schwierig ist. Das ist ja eigentlich auch schon, wenn ich mit einem großen Konzern als kleines mittelständisches Unternehmen hier in Deutschland zu tun habe, ist mir nicht unbedingt immer ganz klar, wie sind die internen Entscheidungsprozesse. Und das ist hier natürlich dann noch einmal potenziert. wenn ich mit einem chinesischen Konzern zu tun habe, weil ich da noch weniger weiß, als bei einem deutschen Konzern.
Weithmann:
Genau, ja. Und diese Strukturen muss man halt kennen und durchschauen und dann kommt man dann meistens zum Ziel, genau.
Geropp:
Sabrina, was wird denn sich aus deiner Sicht in den nächsten fünf bis zehn Jahren noch verändern, wenn wir auf China schauen? Wie entwickelt sich China zurzeit und wo geht es da hin? Und vor allem, worauf müssen wir uns hier im Westen einstellen darauf?
Weithmann:
Ich glaube, die wesentlichen Faktoren sind ja tatsächlich Innovation und Wettbewerb. Also China wird immer innovativer. Viele versuchen das zu leugnen und wegzureden. Es gab jetzt neulich auch wieder so einen neuen Innovationsindex, wo Deutschland auf Platz 1 stand und China auf einmal ganz weit abgeschlagen war. Es kommt natürlich immer so ein bisschen darauf an, welche Indikatoren man da dann auch anwendet, welche Parameter man da setzt.
Aber China ist durchaus immer innovativer, da passiert wahnsinnig viel. Und es wird natürlich auch massiv vom Staat unterstützt, also dass hier viel in Forschung auch investiert wird. Und das andere wäre einfach noch das Thema Wettbewerb. Also ich meine, klar, dadurch dass natürlich das Land innovativer wird, steigt auch der Wettbewerb aus dem Land China. Und damit haben viele Unternehmen heute schon zu tun. Aber ich glaube einfach, dass das in den nächsten Jahren noch massiv zunehmen wird.
Geropp:
Wird sich denn aus deiner Sicht China auch bis zu einem gewissen Grad dann anpassen? Also du sagst, die werden immer innovativer. Was ich erstaunlich aber dann finde ist, du hast vorhin ja gesagt, dass die Mitarbeiterführung alles immer noch extrem hierarchisch ist. Wie bringe ich das zusammen?
Weithmann:
Also es kommt immer so ein bisschen darauf an, welche Unternehmen man sich auch anschaut. Also es gibt jetzt eben die streng chinesischen Unternehmen, wo eben das, ja, mit Hierarchie noch ein großes Thema ist. Es gibt aber auch natürlich mittlerweile Unternehmen, die sehr international aufgestellt sind, da ist zum Beispiel Huawei, was halt einfach ein sehr internationaler Konzern mittlerweile ist. Und da sind die Spielregeln natürlich auch schon anders.
Also das ist ganz klar. Und wahrscheinlich wird sich da in der Hinsicht auch noch mehr entwickeln, je internationaler die chinesischen Unternehmen sind, desto mehr wird sich das wahrscheinlich auch verändern. So wirklich, dass das mit der Hierarchie beispielsweise flächendeckend wegfallen wird, da glaube ich nicht daran. Weil das einfach auch in den kulturellen Werten so mit Konfuzianismus und ähnlichem sehr, sehr verankert ist.
Geropp:
Ja, das kann ich mir vorstellen. Sabrina, ich möchte mich herzlich bei dir bedanken, für diesen interessanten Einblick in die chinesische Kultur und in die Zusammenarbeit zwischen uns und China. Vielen lieben Dank.
Weithmann:
Sehr, sehr gerne. Danke, dir auch.
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